Materialengpässe immer schlimmer

Drei von vier Handwerksbetriebe müssen Aufträge stornieren oder verschieben

Mitarbeiter der Werkstatt vom Theater Magdeburg arbeiten an der Showtreppe des Stücks "Hairspray". Das Musical soll am 18. Juni 2021 beim Domplatz Open-Air Premiere feiern. Derzeit ist das Theater Magdeburg wegen der Ausbreitung des Coronavirus geschlossen. In der Theaterwerkstatt wird an Kulissen und Bühnenbildern für Stücke im Jahr 2021 gearbeitet, obwohl noch unklar ist ob und wann das Theater wieder öffnen darf.
Das Handwerk leidet unter Materialmangel.
Klaus-Dietmar Gabbert, picture alliance

Handwerksbetriebe in Deutschland sind immer mehr von Störungen in Lieferketten betroffen. Laut einer aktuellen Umfrage des Zentralverbands des Deutschen Handwerks meldeten Ende August fast drei Viertel der Betriebe, dass Rohstoffe, Materialien oder Vorprodukte in den vergangenen vier Wochen nur eingeschränkt oder gar nicht verfügbar waren. Für die Kunden bedeutet das nicht nur längere Wartezeiten, sondern auch deutlich höhere Kosten.

Diese Materialien fehlen besonders

Bei einer Firmenbefragung im Mai waren es 61 Prozent. Am häufigsten fehlten derzeit:

  • Metalle

  • Kunststoffe

  • Elektronikkomponenten

Holz und Dämmstoffe dagegen waren wieder besser verfügbar.

„Die wirtschaftliche Erholung unserer Betriebe wird zunehmend durch wieder umfangreichere Störungen der Lieferketten und durch Materialengpässe belastet“, sagte ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer. Inzwischen müssen den Angaben nach schon drei von vier Betrieben Aufträge stornieren oder verschieben - oder sie machen wegen der Preisentwicklung Verlustgeschäfte.

„Besonders ärgerlich ist, dass die öffentliche Hand trotz aller Beteuerungen und Appelle bislang die Betriebe weitgehend im Regen stehen lässt. Knapp die Hälfte der Betriebe kann noch kein Entgegenkommen der öffentlichen Hand in der Vergabepraxis feststellen“, kritisierte Wollseifer. Bei öffentlichen Ausschreibungen müssten Preisgleitklauseln genutzt werden, die den Betrieben in einer Ausnahmesituation wie der aktuellen wirtschaftliche Planungssicherheit geben.

Unbekannter Impfstatus von Handwerkerinnen und Handwerker wird zum Problem

Mit Blick auf die Corona-Pandemie sprach der Verband von einer „Atempause“ in den Sommermonaten. Deutlich weniger Betriebe seien von Umsatzeinbußen betroffen. Laut Umfrage wachsen die Auftragsbestände.

„Diese zwischenzeitliche leichte Stabilisierung darf jetzt auf keinen Fall zunichte gemacht werden“, sagte Wollseifer. „Deshalb müssen wir mit allem Nachdruck beim Impfen weiter vorankommen, um die Arbeitsfähigkeit unserer Betriebe weiter aufrecht zu erhalten und den Forderungen unserer Kunden nachzukommen, die zunehmend nur vollständig geimpfte Handwerkerinnen und Handwerker in ihren Räumlichkeiten tätig werden lassen.“

ARCHIV - 17.12.2019, Berlin: Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), spricht bei einem Interviewtermin in seinem Büro mit der Deutschen Presse-Agentur. (Zu dpa «Kunden müssen noch länger auf Handwerker warten - Bauen wird teurer») Foto: Christoph Soeder/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer.
christoph soeder wst vco, dpa, Christoph Soeder

Weil der Corona-Impfstatus der Beschäftigten nicht bekannt sei und Kunden dadurch keine gesicherte Auskunft dazu gegeben werden könne, müsse bereits jetzt fast jeder zehnte derart betroffene Betrieb Aufträge stornieren oder verschieben, so der Handwerkspräsident. „Es kann nicht sein, dass die Unkenntnis über den Corona-Impfstatus zu einer spürbaren Gefährdung der Auftragslage unserer Betriebe führt.“

In der Bundesregierung ist es umstritten, ob die Arbeitgeber ein Auskunftsrecht zum Impfstatus ihrer Beschäftigten erhalten sollen. Wollseifer sagte, Impfen sei das derzeit einzige Instrument, um aus der Pandemie zu kommen.

Schwierig bleibt die Lage auf dem Ausbildungsmarkt. Die coronabedingte Verunsicherung scheine bei den Bewerbern stärker und länger anzuhalten als bei den Betrieben, so der Verband. Von den befragten Betrieben, die in diesem Jahr Ausbildungsplätze zu besetzen haben, konnten 44 Prozent bisher ihre angebotenen Lehrstellen noch nicht vollständig besetzen. An der Betriebsbefragung nahmen vom 25. bis zum 30. August mehr als 1600 Betriebe teil. (dpa/aze)