Hilfe bei depressiven Verstimmungen: Aktiv gegen das Stimmungstief

Eine traurige Frau.

Sie haben keine Lust, nach Arbeitsschluss sich noch mit Freunden zu treffen? Sie gucken stattdessen lieber Fernsehen? Und obwohl Sie früh schlafen gehen, kommen Sie morgens nicht aus dem Bett? Wer die Fragen drei Mal mit Ja beantwortet hat, kann an einem Stimmungstief leiden.

Jetzt aber erstmal keine Panik. Denn bei den meisten Menschen geht diese ruhige Phase ohne große Auswirkungen wieder vorüber. Bei einigen Wenigen handelt es sich aber um eine ausgemachte Winterdepression. Diese hat aber übrigens nichts mit einer normalen Depressionen zu tun. Es handelt sich vielmehr um eine saisonbedingte Schwermut.

Neben Antriebslosigkeit und Müdigkeit weisen die Betroffenen oft

Merkmale auf, die für eine depressive Erkrankung ungewöhnlich sind:

„Sie haben ein erhöhtes Schlafbedürfnis und ein erhöhtes Bedürfnis

nach Kohlenhydraten wie Schokolade“, sagt Dieter Kunz, Chronobiologe und Chefarzt der Abteilung für Schlafmedizin im St. Hedwig Krankenhaus in Berlin. Eine normale Depression zeichnet sich dagegen meist durch Schlaf- und Appetitlosigkeit aus.

Ein Viertel der Deutschen spüren es

Der Experte schätzt, 3 bis 5 Prozent der Bevölkerung leidet an einer Herbst- bzw. Winterdepression. Darüber hinaus verspürten etwa 25 Prozent der Menschen saisonal veränderte Befindlichkeiten. „Das sind die gleichen Mechanismen, die bei Tieren zum Winterschlaf auftreten.“ Allerdings haben sie beim Menschen keine Bedeutung mehr, da er rund um das Jahr mit Nahrung versorgt wird.

Eine richtige Herbst- oder auch Winterdepression liegt vor, wenn die Beschwerden in einer gewissen Regelmäßigkeit und nur im Herbst und Winter auftreten. Außerdem dauert die Krankheit mindestens zwei Wochen an, erklärt Prof. Ulrich Hegerl vom Kompetenznetz Depression in Leipzig.

Der Lichtmangel in der kalten Jahreszeit ist die Ursache für die gedrückte Stimmung. „Wissenschaftler gehen davon aus, dass über Licht das Melatonin-System gesteuert und das Serotonin-System beeinflusst wird“, sagt Prof. Ulrich Voderholzer, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) in Berlin. Der Botenstoff Melatonin steuert den Schlaf-Wach-Rhythmus und das Schlafbedürfnis. Serotonin hat dagegen eine direkte stimulierende Wirkung und hellt die Stimmung auf.

Schuld ist Lichtmangel

Unter grünem, roten und gelbem Laub genießt eine Frau am Freitag (28.09.2007) in Berlin den herbstlichen Tag. Am Samstag (29.09.) soll laut Meteorologen ein Tiefdruckgebiet mit Regen über das Land ziehen. Pünktlich zum bevorstehenden Marathon am kommenden Sonntag soll aber schon wieder zeitweise die Sonne bei Temperaturen zwischen 18 und 20 Grad scheinen. Foto: Rainer Jensen dpa/lbn +++(c) dpa - Bildfunk+++
dpa, A3464 Rainer Jensen

Typischerweise beginnen die Symptome der Winterdepression im November oder Dezember. Im Februar sollten sie bereits wieder abnehmen: „Die Beschwerden werden weniger, wenn die Tage wieder länger werden“, erklärt Voderholzer. Licht blockiert die

Melatonin-Freisetzung, darum sollten Betroffene möglichst viel Zeit draußen verbringen.

Auch Bewegung ist ein erprobtes Mittel gegen Depression. Ein regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus kann ebenfalls helfen, die gedrückte Stimmung zu bekämpfen. Daran sollten sich Betroffene selbst am Wochenende halten. Indem sie früh aufstehen, bekommen sie mehr Tageslicht ab - auch bei schlechtem Wetter: Selbst ein grau verhangener Himmel hat etwa 10.000 Lux. Spezielle Lichttherapie-Lampen haben oft eine niedrigere Lichtstärke. An einem sonnigen Tag kann die natürliche Lichtstärke sogar mehrere 100.000 Lux betragen.

Um die Sonne richtig aufzunehmen, gilt es Hans-Guck-In-Die-Luft zu spielen. Aber bitte nicht direkt in die Sonne schauen. Es reicht seinen Blick gen Himmel zu richten. Jede Minute im Freien ist ein dicker Bonus. Es macht sogar schon was aus, morgens einfach eine Haltestelle früher aus dem Bus auszusteigen und den Rest zu Fuß zu gehen.

Die natürliche Lichtstärke im Raum ist dagegen eher gering - selbst an sonnigen Tagen: „Durch die Fenster gelangt nur ein Bruchteil des Lichts“, erklärt der Fachmann. Wer zu wenig Zeit hat, regelmäßig an die frische Luft zu gehen, kann mit Lichttherapie-Lampen aber auch in der Wohnung etwas gegen die gedrückte Stimmung tun. Der Gang zur Sonnenbank ist dagegen kein angemessenes Mittel. Bei der Lichttherapie muss der Betroffene die Augen offen haben, während er vor der Lampe sitzt. Es enthält laut Voderholzer kein UV-Licht - im Gegensatz zur Sonnenbank. Dort müssen die Augen immer geschlossen bleiben, sonst werden sie geschädigt.

Je höher die Lux-Zahl der Lichttherapie-Lampe ist, desto kürzer muss der Betroffene davor sitzen. Bei Lampen mit 2.500 Lux beträgt die Vorgabe etwa zwei Stunden, und bei 10.000 Lux eine dreiviertel bis ganze Stunde. Aber auch ein kürzerer Lichtkonsum kann einen positiven Effekt haben: Stellen Sie die Lampe auf den Frühstückstisch und gucken sie ab und zu ins Licht. Dieses spezielle Licht hat eine aktivierende Wirkung, die man sofort bemerkt. Die Lampen kosten zwischen 150 und 300 Euro. Trotzdem noch eine enorme Ausgabe. Bevor Sie sich also eine solche Anschaffung zulegen, sprechen sie mit Ihrem Hausarzt darüber, ob auch er die Lichtlampe für sinnvoll hält. Wer die Sonnentherapie bereits drei, vier Tage ausprobiert hat, und sich dennoch nicht besser fühlt, sollte unbedingt einen Arzt aufsuchen. Dann leiden Sie höchstwahrscheinlich nicht unter einer Winterdepression, sondern unter etwas anderem.

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Schokolade gegen Frust

unbekannt

Wegen des Mangels an Licht produziert der Körper zu wenig Serotonin, ein Botenstoff des Körpers, der ihn in einen zufriedenen Zustand versetzt. Der menschliche Organismus stellt Serotonin aus Tryptophan her, eine essentielle Aminosäure. Diese muss dem Organismus über die Nahrung zugeführt werden, da er Tryptophan nicht selbst herstellen kann.

Die Aminosäure findet sich vor allem in Milch und Milchprodukten sowie in Geflügel, Rindfleisch, Eiern, Erbsen, Nüssen, Kartoffeln und Käse. Aber auch in Kakaobohnen ist Tryptophan enthalten. Für Stimmungstiefgeplagte empfiehlt es sich, diese Lebensmittel als letzte Mahlzeit am Tage zu sich zu nehmen oder vor dem zu Bett gehen Milch zu trinken oder Schokolade mit einem hohen Kakaoanteil zu essen. Dadurch lassen sich auch Schlafstörungen beseitigt und der Erholungswert des Schlafes vergrößert sich.

Buch in der Badewanne lesen

Auch die typische mediterrane Küche mit viel Gemüse, Obst, Nüssen, Vollkornprodukten und Fisch soll vor Depressionen schützen, wie spanische Forscher mit mehr als 10.000 Freiwilligen herausfanden. Wer sich eher an dieser südländischen Ernährungsweise orientiert, scheint die bedrückenden Stimmungsschwankungen den Ergebnissen ihrer Untersuchung zufolge seltener zu entwickeln, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt 'Archives of General Psychiatry'.

Die Forscher untersuchten für ihre Studie insgesamt 10.094 gesunde Spanier, die zu Beginn der Untersuchung einen Fragebogen rund um ihre Ernährungsgewohnheiten ausgefüllt hatten. Auf der Basis von neun Merkmalen - darunter wenig Alkohol sowie geringe Mengen an Fleisch und Milchprodukten auf dem Speisplan, dafür viel Hülsenfrüchte, Nüsse, Obst, Gemüse und Fisch - beurteilten Sánchez-Villegas und seine Kollegen, in welchem Ausmaß sich die Probanden an eine mediterrane Ernährungsweise hielten.

Im Durchschnitt 4,4 Jahre nach der Eingangsbefragung waren unter den Studienteilnehmern 480 neue Fälle von Depressionen aufgetreten. Dabei fiel auf: Wer sich am nächsten an der mediterranen Ernährungsweise orientierte, hatte ein um dreißig Prozent geringeres Risiko für Depressionen als diejenigen, die sich am wenigsten auf diese Art und Weise ernährten. Dieser Zusammenhang blieb auch dann bestehen, wenn die Forscher andere Aspekte einer gesunden Lebensweise für ihre Berechnungen berücksichtigten.

Ratsam ist es ferner, sich gerade in der Phase des saisonalen Stimmungstiefs mehr Zeit für sich selbst zu nehmen. Entspannen, ein gutes Buch lesen oder Yoga und autogenes Training können helfen. Gelassen und ausgeglichen lassen sich die Herbst- und Wintertage besser genießen. Und Unternehmungen am Abend wie ein Kinobesuch, Theater oder Treffen mit Freunden hellen ebenfalls die Stimmung auf. Manchmal kostet es sicher am Anfang etwas Überwindung sich aufzuraffen, aber im nachhinein fühlen Sie sich garantiert besser.