Filmreif und eine echte Sensation!

Ohne diese Polizisten wäre der Säurefassmörder wohl nie gefasst worden

Polizistin Marianne Atzeroth-Freier blieb hartnäckig an dem Fall dran.
Polizistin Marianne Atzeroth-Freier blieb hartnäckig an dem Fall dran.
Rejell GmbH/Neue Bioskop Televison GmbH/Weltkino Flimverleih GmbH

von Suzan Üner und Sina Schlink

Es ist eines der grausamsten Verbrechen der deutschen Kriminalgeschichte – nur gelöst dank einer einzelnen Frau!

Mit ihrer Hartnäckigkeit überführt Marianne Atzeroth-Freier in den 90er Jahren Lutz Reinstrom, den Hamburger Säurefassmörder.

Der Fall bewegt ganz Deutschland

Mindestens zwei Frauen verschleppt der Kürschner aus Hamburg-Rahlstedt Ende der 80er Jahre in einen Bunker unter seinem Garten. Er foltert und tötet sie, vergräbt die Leichenteile in Säurefässern. Der Fall hält die Medien damals monatelang in Atem. Eine neue Dokumentation berichtet erneut über die grausamen Morde. Ein Teil davon ist auch die damalige RTL-Reporterin Nathalie Boegel.

Marianne Atzeroth-Freier ermittelt trotz des Widerstands ihrer männlichen Kollegen

Regisseur Matthias Freier widmet seiner Stiefmutter eine Dokumentation
Regisseur Matthias Freier widmet seiner Stiefmutter eine Dokumentation
RTL Nord

Der Regisseur der Doku ist Matthias Freier, der Stiefsohn der Frau, dank der Reinstrom damals gefasst wird: Marianne Atzeroth-Freier. Im Film, der beim diesjährigen Hamburger Filmfest uraufgeführt wird, geht es um die Geschichte der Polizistin. Sie beginnt damals gegen den Widerstand ihrer männlichen Kollegen zu ermitteln. Der Regisseur erzählt im Gespräch mit RTL: „Mir war wichtig, den Fall so zu erzählen, wie er in ihr Bewusstsein getreten ist. Sie war eine ganz stille und zurückhaltende Frau. Sie hat immer probiert, sich nicht in den Vordergrund zu stellen. Und sie hat eben diese weiblich konnotierten Sachen gehabt wie Zuhören, den Angehörigen zugehört – und so den Fall gelöst." Polizistin Atzeroth-Freier tut, was ihre männlichen Kollegen nicht tun – sie bleibt hartnäckig, recherchiert neben ihrer normalen Dienstzeit und so kommt sie Reinstrom auf die Spur.

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Lutz Reinstrom entführt eine dritte Frau

Aufmerksam wird sie auf den Säurefassmörder nach der Entführung einer dritten Frau, Christa S. Auch sie hatte er in seinem Bunker gefangen gehalten, dann jedoch überstürzt vor einem Polizei- Revier in Hamburg-Langenhorn freigelassen als seine Frau vorzeitig aus dem Urlaub zurückgekehrt ist und er drohte, aufzufliegen. Für die Entführung von Christa S. wird Reinstrom im Mai 1992 der Prozess gemacht. Wegen erpresserischen Menschenraubes kommt er drei Jahre lang ins Gefängnis. Christa S. erzählt Marianne Atzeroth-Freier damals, was der Mörder ihr angetan hat, als er sie im Bunker eingesperrt hatte. Berichtet von Folterfotos, die er ihr gezeigt habe. Im Gegensatz zu anderen glaubt die Beamtin Christa S., hört ihr und auch den Angehörigen der ersten beiden Opfer zu. Nur so können die Morde, die Reinstrom bereits 1986 und 1988 begangen hat, aufgeklärt werden.

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Im Video: Polizei kann diesen Cold Case endlich klären

Mord nach 31 Jahren aufgeklärt Cold Case
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Cold Case
Mord nach 31 Jahren aufgeklärt

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Die Stimme der Kipobeamtin führt durch die Doku

Die Dokumentation „Die Unsichtbaren“ setzt ein Zeichen für Emanzipation und dafür Menschen, die nicht so laut sind, zuzuhören. Regisseur Matthias Freier: „Also mir wurde klar, mit was für einem Rückgrat sie das eigentlich lösen konnte und auch, mit was für einem Rückgrat sie durch dieses System oder diesen Polizeiapparat gegangen ist und sich dann doch behauptet hat, aber auch einen hohen Preis bezahlt hat." Festgehalten hat Freier die Geschichte seiner Stiefmutter auf Kassetten. Sie selbst erzählt darauf ihre Geschichte – wie sie den Fall zur Aufklärung bringt und auch wie schwer es in den 90er Jahren ist, sich als weibliche Kripobeamtin vor den männlichen Kollegen zu behaupten. Diese Original-Erzählungen von Marianne Atzeroth-Freier führen durch den Film. Sie ist heute bereits tot, stirbt 2017 an Krebs.

Ihr Stiefsohn verschafft ihr durch seinen Film postum nun die längst überfällige Anerkennung.