Öffentlich-rechtlicher Sender will von nichts gewusst haben

Geiselnehmer bekommt 2.000 Euro Gage für ARD-Doku

ARCHIV - 05.09.1972, Bayern, München: Ein vermummter arabischer Terrorist zeigt sich auf dem Balkon des israelischen Mannschaftsquartiers im Olympischen Dorf der Münchner Sommerspiele. (zu dpa: «Bericht: Olympia-Terrorist von 1972 lebte wohl unbehelligt in Berlin»). Foto: picture alliance / dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Ein vermummter arabischer Terrorist zeigt sich auf dem Balkon des israelischen Mannschaftsquartiers im Olympischen Dorf der Münchner Sommerspiele (Symbolfoto)
hrad olg vbm hpl fdt cor pil dm, dpa, dpa

Sie haben Geiseln genommen und gemordet. Palästinensische Terroristen überfallen 1972 die Olympischen Spiele in München. Die ARD hat darüber eine Doku gemacht. Jetzt kommt raus: Einer der Geiselnehmer hat 2.000 Euro im Rahmen der Doku bekommen. Die ARD-Sender RBB und der SWR haben die Dokumentation („Tod und Spiele - München '72“) produzieren lassen – und wollen von der Geldzahlung nichts gewusst haben.

ARD-Sender RBB und SWR hatten Gage für Verbrecher verboten - trotzdem wurde sie gezahlt

Auf dem Militärflughafen Fürstenfeldbruck steht am 06.09.1972 das Wrack eines Hubschraubers vom Bundesgrenzschutz. In ihm kommen in der Nacht zum 06.09.1972 neun Mitglieder der an den Olympischen Sommerspielen von München teilnehmenden israelischen Mannschaft ums Leben. Sie waren von arabischen Terroristen der Gruppe "Schwarzer September" am 05.09.1972 bei einem Überfall auf ihr Quartier im Olympischen Dorf als Geiseln genommen worden. Der tragisch endenden Befreiungsaktion auf dem Flugplatz von Fürstenfeldbruck ging die Ermordung zweier israelischer Sportler im Olympischen Dorf voraus. Bei der Befreiungsaktion kommen auch ein Münchner Polizist und fünf Terroristen ums Leben.
Olympia 1972: Ein zerstörter Hubschrauber auf dem Flughafen Fürstenfeldbruck. Hier endete die Geiselnahme blutig.
picture-alliance / dpa

Mohammed Safady ist einer der Verbrecher von 1972. Er rühmte sich in der Dokumentation für den Überfall auf die israelische Olympia-Mannschaft und die Tötung der elf Sportler sowie eines Polizisten. Für die Nutzungsrechte bekam er 2.000 US-Dollar (entspricht derzeit rund 2.000 Euro) von der Produktionsfirma Looksfilm. Sie hat die Doku im Auftrag von RBB und SWR produziert und dafür wiederum Geld bekommen.

Laut RBB, der mit dem SWR die gemeinsame Federführung an der Produktion übernahm, war Voraussetzung für die beteiligten ARD-Sender gewesen, dass keine Interviewhonorare an die zwei überlebenden Attentäter der Olympischen Spiele gezahlt werden. Dies habe der Produzent Gunnar Dedio von Looksfilm mehrfach - auch schriftlich - bestätigt. Ausschließlich branchenübliche Aufwände, insbesondere für Sicherheitsvorkehrungen im Rahmen des Interviews mit einem der Attentäter seien von Seiten der Produktion übernommen worden, erklärte der RBB.

RBB will von nichts gewusst haben - "sind nicht informiert worden"

Fotos der Opfer des Anschlags auf israelische Sportler bei den Olympischen Spielen 1972 in Muenchen sind waehrend der Gedenkveranstaltung am 05.09.2022 auf dem Fliegerhorst zum 50. Jahrestag des Anschlags zu sehen. (Siehe epd-Meldung vom 05.09.2022)
Fotos der Opfer des Anschlags auf israelische Sportler bei den Olympischen Spielen 1972
chs, epd, Sven Hoppe

Einige Monate nach den Dreharbeiten habe Produzent Dedio eine zeitlich begrenzte Exklusivität mit einem der Geiselnehmer vereinbart. Inhaltlich beträfen diese die Nutzungsrechte sowohl für das Interview als auch für zur Verfügung gestellte Dokumente und Fotos, so der Sender weiter. Diese seien mit 2.000 US-Dollar (rund 2.000 Euro) von Seiten der Produktionsfirma abgegolten worden. „Unsere Redaktionen sind darüber vom Produzenten - das bestätigte Looksfilm - nicht informiert worden“, hieß es vom RBB. Looksfilm wollte sich auf Nachfrage am Freitag nicht zu den Vorwürfen äußern.

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

„Tod und Spiele - München '72“ lief im September in der ARD

„Tod und Spiele - München '72“ ist eine vierteilige Dokumentation über das Olympia-Attentat vom 5. September 1972, die die ARD 50 Jahre nach dem Attentat im September ausstrahlte. Darin kommt auch der Olympia-Attentäter Mohammed Safady zu Wort. Looksfilm produzierte die Dokumentation in Koproduktion mit RBB, SWR und dem BR für die ARD in Zusammenarbeit mit France Télévisions und dem niederländischen öffentlich-rechtlichen Sender VPRO.

Bei dem Überfall auf die israelischen Sportler in ihren Unterkünften im olympischen Dorf töten die palästinensischen Attentäter zwei Sportler und nahmen neun Geiseln. Bei einem missglückten Befreiungsversuch auf dem Flugplatz Fürstenfeldbruck in der Nacht wurden alle israelischen Geiseln, ein Polizist und fünf der insgesamt acht Geiselnehmer getötet. (rsa/ epd)