Er gilt als Paradebeispiel für Erdogans Willkür-Justiz
Osman Kavala zu lebenslanger Haft verurteilt

Er galt bereits vor dem Urteil als mahnendes Beispiel für Erdogans Willkürjustiz in der Türkei: Der international bekannte Kulturförderer Osman Kavala ist zu lebenslanger Haft verurteilt worden. In einem viel kritisierten Verfahren sprachen die Richter ihn am Montag wegen eines Umsturzversuchs schuldig. Kavala saß bereits über vier Jahre in Haft – ohne Verurteilung.
Kavala sitzt seit 2017 in Untersuchungshaft
Am Ende eines international kritisierten Prozesses hat ein türkisches Gericht den Kulturförderer Osman Kavala zu erschwerter lebenslanger Haft verurteilt. Das Gericht in Istanbul sprach Kavala am Montag des Umsturzversuches im Zusammenhang mit den Gezi-Protesten von 2013 schuldig. Er saß seit November 2017 in Untersuchungshaft. Im Gerichtssaal wurde umgehend mit Buhrufen und lautem Protest auf die Entscheidung reagiert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Botschafter forderten Freilassung Kavalas

Der Fall brachte der Türkei international scharfe Kritik ein. Dem Land droht deswegen etwa der Ausschluss aus dem Europarat. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte bereits 2019 die Freilassung des Menschenrechtsaktivisten angeordnet und die Haft als politisch motiviert eingestuft. Ende 2021 war ein diplomatischer Eklat entbrannt, nachdem zehn Botschafter in der Türkei - darunter auch der deutsche - in einem Schreiben die Freilassung Kavalas gefordert hatten. Präsident Recep Tayyip Erdogan wertete dies als unzulässige Einmischung und drohte den Diplomaten mit Ausweisung.
Anklage: "Umsturzversuch" im Zusammenhang mit Gezi-Protesten

Die Vorwürfe im Verfahren nun lauteten laut Anklageschrift Umsturzversuch im Zusammenhang mit den Gezi-Protesten von 2013, bei denen sich Menschen wochenlang jeden Abend versammelt hatten, um gemeinsam friedlich gegen die islamisch-konservative Bewegung von Präsident Erdogan zu protestieren. Der Protest wurde damals gewaltsam durch einen Polizeieinsatz beendet.
Ein weiterer Vorwurf gegen Kavala lautete „politische und militärische Spionage“ im Zusammenhang mit dem Putschversuch von 2016. Von dem Spionage-Vorwurf wurde Kavala freigesprochen. Er hatte alle Vorwürfe gegen sich stets bestritten, sie als „Verschwörungstheorien“ bezeichnet und sich als Opfer politischer Instrumentalisierung von Seiten der Regierung gesehen.
Erdogan hatte Kavala in der Vergangenheit öffentlich mehrmals als Hintermann der Gezi-Proteste und Finanzier von Terrorismus bezeichnet. Die Anwälte Kavalas hatten die unzulässige Einmischung in laufende Gerichtsverfahren kritisiert. Die Regierung verteidigt sich gegen derartige Vorwürfe ihrerseits mit dem Verweis auf die Unabhängigkeit der türkischen Justiz. (khe/eon/dpa)