Er gilt als Paradebeispiel für Erdogans Willkür-Justiz

Osman Kavala zu lebenslanger Haft verurteilt

ARCHIV - 11.12.2014, Belgien, Brüssel: Osman Kavala, damals Vorsitzender des Kulturinstituts Anadolu Kültür, spricht auf einer Pressekonferenz im EU-Parlament. Ein Istanbuler Gericht hat den international bekannten Kulturförderer Osman Kavala zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Richter sprachen ihn am Montag (25.04.2022) am Ende eines viel kritisierten Verfahrens des Umsturzversuches schuldig. Foto: Wiktor Dabkowski/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Kulturförderer Kavala zu lebenslanger Haft in Türkei verurteilt
wiktor dabkowski cul pil jai gfh, dpa, Wiktor Dabkowski

Er galt bereits vor dem Urteil als mahnendes Beispiel für Erdogans Willkürjustiz in der Türkei: Der international bekannte Kulturförderer Osman Kavala ist zu lebenslanger Haft verurteilt worden. In einem viel kritisierten Verfahren sprachen die Richter ihn am Montag wegen eines Umsturzversuchs schuldig. Kavala saß bereits über vier Jahre in Haft – ohne Verurteilung.

Kavala sitzt seit 2017 in Untersuchungshaft

Am Ende eines international kritisierten Prozesses hat ein türkisches Gericht den Kulturförderer Osman Kavala zu erschwerter lebenslanger Haft verurteilt. Das Gericht in Istanbul sprach Kavala am Montag des Umsturzversuches im Zusammenhang mit den Gezi-Protesten von 2013 schuldig. Er saß seit November 2017 in Untersuchungshaft. Im Gerichtssaal wurde umgehend mit Buhrufen und lautem Protest auf die Entscheidung reagiert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Botschafter forderten Freilassung Kavalas

News Bilder des Tages 200114 -- ANKARA, Jan. 14, 2020 Xinhua -- Turkish President Recep Tayyip Erdogan speaks to his party members at the parliament in Ankara, Turkey, on Jan. 14, 2020. Recep Tayyip Erdogan warned on Tuesday that Turkey would teach a lesson to Khalifa Haftar, commander of Libya s east-based army, if his forces resume fighting. Photo by Mustafa Kaya/Xinhua TURKEY-ANKARA-PRESIDENT-LIBYA PUBLICATIONxNOTxINxCHN
Der türkische Präsident Erdogan drohte Unterstützern Kavalas mit Ausweisung.
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Der Fall brachte der Türkei international scharfe Kritik ein. Dem Land droht deswegen etwa der Ausschluss aus dem Europarat. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte bereits 2019 die Freilassung des Menschenrechtsaktivisten angeordnet und die Haft als politisch motiviert eingestuft. Ende 2021 war ein diplomatischer Eklat entbrannt, nachdem zehn Botschafter in der Türkei - darunter auch der deutsche - in einem Schreiben die Freilassung Kavalas gefordert hatten. Präsident Recep Tayyip Erdogan wertete dies als unzulässige Einmischung und drohte den Diplomaten mit Ausweisung.

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Anklage: "Umsturzversuch" im Zusammenhang mit Gezi-Protesten

Protesters shout anti-government slogans during a demonstration at Taksim Square in central Istanbul June 4, 2013. Turkey's deputy prime minister sought to mollify tens of thousands of anti-government demonstrators on Tuesday by apologising for a police crackdown on a peaceful protest that triggered five days of rioting across the country. REUTERS/Osman Orsal (TURKEY - Tags: POLITICS CIVIL UNREST)
Protest im Juni 2013 gegen die türkische Regierung.

Die Vorwürfe im Verfahren nun lauteten laut Anklageschrift Umsturzversuch im Zusammenhang mit den Gezi-Protesten von 2013, bei denen sich Menschen wochenlang jeden Abend versammelt hatten, um gemeinsam friedlich gegen die islamisch-konservative Bewegung von Präsident Erdogan zu protestieren. Der Protest wurde damals gewaltsam durch einen Polizeieinsatz beendet.

Ein weiterer Vorwurf gegen Kavala lautete „politische und militärische Spionage“ im Zusammenhang mit dem Putschversuch von 2016. Von dem Spionage-Vorwurf wurde Kavala freigesprochen. Er hatte alle Vorwürfe gegen sich stets bestritten, sie als „Verschwörungstheorien“ bezeichnet und sich als Opfer politischer Instrumentalisierung von Seiten der Regierung gesehen.

Erdogan hatte Kavala in der Vergangenheit öffentlich mehrmals als Hintermann der Gezi-Proteste und Finanzier von Terrorismus bezeichnet. Die Anwälte Kavalas hatten die unzulässige Einmischung in laufende Gerichtsverfahren kritisiert. Die Regierung verteidigt sich gegen derartige Vorwürfe ihrerseits mit dem Verweis auf die Unabhängigkeit der türkischen Justiz. (khe/eon/dpa)