Von Uwe Seeler bis Thomas Müller
Vorbilder fürs Achtelfinal-Duell: Unsere Fußball-Helden gegen England

Dienstagabend, Wembleystadion, EM-Achtelfinale: Im Londoner Fußball-Tempel wird der Klassiker zwischen England und Deutschland fortgesetzt (ab 18 Uhr im RTL-Liveticker). Häufig ging die DFB-Auswahl in wichtigen Spielen gegen das Team von der Insel als Sieger vom Platz. Das lag auch an einzelnen "Helden". Wir erzählen ihre Geschichten.
Uwe Seeler, Fußball-WM 1970
High Noon in Leon, zwölf Uhr mittags, 50 Grad: Bei der Revanche für das Wembley-Tor im WM-Finale 1966 war Seeler besonders motiviert. Trotz seiner 33 Jahre trieb er seine Mitspieler in der mexikanischen Hitze und Höhenluft unermüdlich an. Auch ein 0:2-Rückstand im WM-Viertelfinale ließ ihn nicht verzweifeln. Mit dem berühmtesten Tor seiner Karriere sorgte Seeler für den Ausgleich. "Ich springe dem anfliegenden Ball entgegen. Er landet dort, wo ich relativ wenig Haare habe. Auf meinem Hinterkopf", schilderte Seeler die Szene: "Ich lasse mich leicht ins Kreuz fallen und schiebe den Kopf unter den Ball, schnelle hoch. Und das Wunderbare passiert: Der Ball landet dort, wo er hingehört. Im oberen linken Tor-Eck." In der Verlängerung schießt Gerd Müller das 3:2-Siegtor.
VIDEO: DFB-Elf heiß auf England
Günter Netzer, EM-Viertelfinale 1972
Der erste Sieg einer deutschen Elf in Wembley galt noch Jahrzehnte später als größtes Länderspiel einer DFB-Auswahl. Manifestiert wurde der Mythos von FAZ-Literaturchef Karl Heinz Bohrer mit dem Satz: "Der aus der Tiefe des Raumes plötzlich vorstoßende Netzer hatte 'thrill'". Dabei war Bohrer gar nicht bei diesem legendären EM-Viertelfinal-Hinspiel.

Er schrieb seinen Essay eineinhalb Jahre später - und eigentlich über ein anderes Thema. Netzer traf beim 3:1-Erfolg aber zum wichtigen 2:1.
Bodo Illgner, WM-Halbfinale 1990
Teamchef Franz Beckenbauer schenkte dem jungen Torhüter das Vertrauen - und der 23-jährige Illgner zahlte es zurück. Auf dem Weg zum WM-Triumph in Italien wurde der Kölner nicht oft geprüft, doch im entscheidenden Moment war er da. Im Halbfinale gegen England in Turin parierte Illgner den Schuss von Stuart Pearce, Chris Waddle drosch den Ball in die Wolken.
VIDEO: Unsere Orakel-Zwillinge sagen Sieg voraus
Andreas Möller, EM-Halbfinale 1996
Die Hände in die Hüften gestemmt, Brust raus, Kinn vor - Möllers Jubelpose vor den englischen Fans nach seinem entscheidenden Elfmeter im EM-Halbfinale von Wembley ist längst ikonisch. Wenn er die Bilder heute sehe, denke er manchmal: "Was hast du denn da gemacht?", sagte Möller später. Er habe damals vor allem eines gefühlt: Stolz.

"Ich habe das für uns alle gesehen, für das Team, für die Fans, für Deutschland. Da ging es nicht um mich." Der Klassiker sei "mein persönliches Endspiel" gewesen - im Finale fehlte Möller gelbgesperrt.
Dietmar Hamann, WM-Qualifikation 2000

Die DFB-Auswahl verdarb England den Abschied aus dem alten Wembley-Stadion und Premier-League-Legionär Didi Hamann schwang die Abrissbirne. Sein Freistoß aus über 30 Metern sorgte für den 1:0-Erfolg. "Hau ab, das ist nicht deine Entfernung", sagte Hamann vor seinem Hammer zu Mehmet Scholl, der sich den Ball zurechtgelegt hatte.
Fast wäre Hamanns Name sogar noch beim Neubau verewigt worden: 2005 lag der Deutsche bei einer Online-Abstimmung zur Namensfindung für eine Fußgängerbrücke nahe der Arena aussichtsreich im Rennen. Die zuständige Kommission erklärte ihn jedoch zum unzulässigen Kandidaten.
Thomas Müller, WM-Achtelfinale 2010

"Wembley heißt jetzt Bloemfontein", schrieb die Süddeutsche nach dem 4:1 im WM-Achtelfinale 2010 angesichts des nicht anerkannten Treffers von Frank Lampard, in dessen Trikot Bastian Schweinsteiger später im Englischen Garten in München kickte. Statt das 2:2 zu kassieren, spielte sich die junge DFB-Elf in einen Rausch, den der 20-jährige Thomas Müller auf dem Weg zur Torjägerkrone mit zwei Treffern veredelte. "Darf ich noch jemanden grüßen?", fragte er nassforsch danach im TV-Interview. Er durfte: "Ich grüße die beiden Omas und den Opa." (tno)