Ein passionierter Musiker über den Einfluss von James Last

James Last - Live Tour 2015 - Non Stop Music
Freiburg 08.04.2015

Bild: James Last mit Band
James Last und Band: Immer alles live
picture alliance / Eibner-Presse, Eibner-Pressefoto

Das erste, an was ich mich in Punkto James Last erinnern kann, ist eine Fernsehsendung so um 1980 herum, vermutlich 'Auf los geht´s los' oder 'Starparade'. Ich war allein zu Haus und nach etwa einem Jahr Trompetenunterricht hatte ich gerade meine erste eigene, versilberte Trompete bekommen. Als ich gerade vorm Fernseher dabei war, sie zum ersten Mal zu polieren, hörte ich James Last und seine vier Trompeter. Es verschlug mir die Sprache und ich lauschte ehrfürchtig diesem unglaublichen Big-Band Sound. Mir war sofort klar: Da will ich auch hin – solch tolle Tanzmusik in einer solchen Big-Band mit genau solch einem Klang ('Happy Sound') zu spielen.

Ich übte fleißig und hart, um schnell ein gutes Spielniveau zu erreichen. Schlagzeug war neben Trompete meine zweite Leidenschaft. Ich hatte einen Kassettenrecorder im Keller und spielte mit Kopfhörer stundenlang die Aufnahmen von Hansi Last nach. Es war mir wichtig, genauso einen Beat wie Terry Jenkins (Schlagzeuger bei James Last) bei 'Charmaine' und 'American Patrol' draufzukriegen. Auch versuchte ich, die Titel auf der Trompete mit zu spielen, aber ich war noch weit davon entfernt, ähnlich präzise oder hoch zu spielen wie Bob Lanese, Lennard Axelsson, Derek Watkins oder Rick Kiefer (damalige Stammbesetzung an den Trompeten).

Mitte der 80er trat ich dann mit 16 Jahren als jüngstes Mitglied der Big-Band Südlohn bei, arbeitete mich dort schnell von der vierten bis zur zweiten Trompete hoch und genoss es, die Soli zu spielen, an die sich meine viel älteren Kollegen nicht heran wagten. Hier ging mein Kindheitstraum ein Stück weit in Erfüllung: Die Musik von James Last war ein großer Bestandteil des Repertoires, und wir spielten damals an jedem Abend mindestens vier Medleys beliebter Last-Arrangements.

Die Zuhörer waren außer sich vor Freude, eine lokale Musikband zu hören, die die aktuellen Hits vom großen James Last zu spielen in der Lage war. Sie standen auf den Bänken und Tischen und hakten unter, und schunkelten und klatschten mit bei den 'Happy Polkas', den Seemannsliedern und Volkslieder-Medleys im Happy Sound. Andere Bands waren neidisch und steckten sich regelrecht am JL-Fieber an. Bald schon waren die 'Hapos' – wie die Mucker sie heute noch nennen – auf jeder Geburtstagsfeier, auf Hochzeiten und Schützenfesten zu hören. Als passabler, semi-professioneller Trompeter war ich schnell auch überregional gefragt, und so landete ich in der Bocholter Tanz- und Show-Band 'Die Kolibris'. Auch hier wurden ständig drei bis vier Trompeter, zwei Posaunen und zwei Saxophone beschäftigt, einzig, um die Hapos von JL stilecht interpretieren zu können.

Auch war es in meiner eigenen Tanzband 'Jokersound' oberste Priorität, immer alles live zu spielen. Jeder von uns beherrschte mindestens zwei Instrumente, davon ein Blasinstrument. Das habe ich mir bei James Last abgeguckt und ich bin stolz, dass wir das bis zum Band-Ende 2013 durchgehalten haben.

Das erste Konzert

James Last Konzert seiner Abschiedstournee 'Non Stop Music in Concert 2015' in der Swiss Life Hall. Hannover, 15.04.2015
Lockeres Händchen, Rhythmus im Blut: Ende einer 'Spielkultur'
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Anfang der 90er besuchte ich endlich ein Konzert des Meisters in Münster, und ich saß in der ersten Reihe, Parkett-Mitte, gleich neben dem Bürgermeister. Das Opening war damals 'Fanfare For The Common Man' von James Levine, bekannt geworden durch die Gruppe Emerson, Lake und Palmer. Schon hier gefror mir das Blut in den Adern, als die vier Trompeter (Bei James Last immer zwei links und zwei rechts stehend, vorne) mit Vollgas das Intro schmetterten, dann der groovende Slap-Bass vom legendären Benny Bendorff, das 'Fill In' von Drummer Terry Jenkins und die Halle bebte. Ich saugte ehrfürchtig jeden Ton und jeden Klang auf wie ein Schwamm - war ich doch diesem genialen Arrangeur, Instrumentierer, Komponisten und Orchesterleiter so nahe. Aber er wirkte eher wie ein alter Freund oder Bandkollege auf mich, nicht wie ein Weltstar (der er eigentlich schon lange war). Ein unvergessliches Erlebnis.

Damals war mir noch nicht klar, dass Last nichts dem Zufall überließ: Um den typischen Stereo Happy-Sound hinzukriegen platzierte er die Trompeten in jeweils erster und zweiter Stimme ganz links und ganz rechts. Die drei Posaunen (zwei Tenor- und eine Bassposaune) sitzen hinterm Schlagzeug in der zweiten, erhöhten Ebene, flankiert von ein bis zwei Saxofon-Spielern, die bei immer auch Flöte spielen konnten und mussten. Anders als in allen anderen Big-Bands und Tanzorchestern lässt Last die Haupt-Melodie überwiegend von den Trompeten spielen, während die übrigen Bläser und Streicher lediglich untermalen und akzentuieren. Das erfordert natürlich ein enormes Durchhaltevermögen von den Herren Trompetern, und so erklärt es sich auch, dass in all den Jahren James Last immer hervorragendste Spieler aus aller Welt engagiert hatte.

Doch auch die anderen Musiker haben alle ein abnormes Spielniveau. So wird selbst ein unscheinbares Altsaxofon z.B. von Andy Macintosh aus Schottland geblasen, der früher mit Maynard Ferguson die Welt bereiste, oder Herb Geller, der wohl zu den Besten Jazz-Saxofonisten weltweit gehört. Und auch eher exotische Instrumente wie die rumänische Panflöte ('Der Einsame Hirte') oder das argentinische Bandoneon ('Biscaya') kamen und kommen immer wieder vor. Auch darf ein ordentliches Gitarrensolo auf keinem Konzert fehlen. Selbst die Sänger und Sängerinnen sind handverlesene Solisten aus aller Welt, die zum Teil schon seit mehr als 30 Jahren mit 'auf Tour' gehen.

Sind abschließend noch die Streicher, Percussionisten und Pianisten zu erwähnen. Ohne sie wäre der typische Sound nicht möglich. Überhaupt darf nichts an Instrumenten entfernt werden – jede Stimme ist enorm wichtig. Einzig die Kontrabässe und Celli (bis auf eine einsame Dame) wurden ohnehin schon durch Synthesizer 'wegrationalisiert', aber nicht, weil James Last es wollte, sondern weil sich kein Konzertveranstalter mehr findet, der bereit wäre, eine solche Besetzung noch zu finanzieren.

Doch auch der Tonmeister Peter Klempt hat maßgeblichen Anteil an diesem einzigartigen Sound. Bis heute haben Tonmeister enorme Wichtigkeit, und dem Soundcheck wird immer viel Zeit gewidmet. In der aktuellen Tournee ist Lasts Sohn Ronald verantwortlicher Tonmeister.

Mein Fazit:

Etwas Vergleichbares wie die James Last Band gibt es nicht (mehr). Waren früher noch die großen Tanzkapellen wie Werner Müller, Horst Jankowski, Max Greger, Hugo Strasser oder der großartige Bert Kaempfert bis in die 80er Jahre am Markt präsent, so findet sich heute nichts mehr auf dem internationalen oder nationalen Musikmarkt, was es mit diesem großartigen Orchester aufnehmen könnte.

Unterhaltungsmusik für breites Publikum – live gespielt - in Form eines solchen Klangkörpers gibt es nur noch beim 'Hansi'. Und das nun seit 1969 – also 46 Jahre lang. Ein Weltrekord, der nicht mehr zu brechen ist. Wenn sich der letzte Vorhang am kommenden Samstag in Köln schließt, so endet damit nicht nur die Bühnenkarriere von James Last, nein – es endet eine ganze, einzigartige 'Spielkultur', wie nur er sie Jahrzehnte lang hochgehalten hat. Ab dann werden wir Zuhörer nur noch 'verarscht' – wie z.B. bei sämtlichen Musical-Produktionen der 'Deutschen Stage-Holding', wo einem suggeriert wird, das jeder Ton live sei, aber in Wahrheit nur noch ein 'Alibi-Orchester' im Graben sitzt und mit jeder Menge 'Midifiles'-gefütterten Synthesizern ein klägliches Play-Back Klangbild 'zusammenschustert'. Laut James Last ist das Play-Back Spielen aber "Betrug am Zuhörer" – Recht hat er.

Danke James Last! Dafür, dass Du mir so unendlich viel schöne Musik hinterlassen hast, mich der Klassischen Musik näher gebracht hast, mich der volkstümlichen Musik näher gebracht hast, mich der Rock– und Pop-Musik näher gebracht hast, mich der Swing-Musik von Glenn Miller, Benny Goodman, Duke Ellington, Count Basie näher gebracht hast, mir somit meinen persönlichen, musikalischen Horizont erweitert hast, mich so hart hast üben lassen, dass ich heute noch Spaß am Musizieren habe, dass Du den Eisernen Vorhang schon in den 70ern entscheidend lockern konntest und somit auch für den Weltfrieden gesorgt hast, dass Du Deiner Heimat auch heute noch verbunden bist, obwohl sie Dich nicht immer fair behandelt hat, dass Du mich und andere nie betrogen hast, obwohl Du so betrogen wurdest!

Danke Hansi, dass es Dich gibt. Wenn es Dich nicht gäbe… - Du müsstest unbedingt erfunden werden!