140 Euro für 2 Minuten Falschparken
Knöllchen-Abzocke: Darf ein Strafzettel so viel kosten?
Parkplatz in Marktheidenfeld sorgt für Ärger
Strafzettel-Ärger in Marktheidenfeld bei Würzburg: Mehr als 1.000 Autofahrer sollen hier saftige Knöllchen von 140 Euro für wenige Minuten Falschparken vor einer Postfiliale bekommen haben. Denn die meisten der Parkplätze, auf denen man früher kostenfrei stehen durfte, sind seit kurzer Zeit privat – und der neue Besitzer soll die Kennzeichen angeblich abfotografiert haben, um die Halter mithilfe einer Spezialfirma zur Kasse zu bitten.
Darf ein Knöllchen wirklich so viel kosten? RTL-Reporter André Goltzsche trifft Betroffene, schaltet einen Anwalt ein und konfrontiert den Eigentümer. Wie dieser reagiert und was der Rechtsexperte von den Forderungen hält, sehen Sie im Video.
Der Vorwurf: „Besitzstörung“
Wie viele andere Marktheidenfelder ist auch Marvin Herrmann in die Knöllchenfalle getappt und hat deshalb jetzt eine Initiative dagegen gegründet. „Ich habe wahrscheinlich anderthalb Minuten auf dem Parkplatz gestanden und ein Paket bei der Post abgegeben“, erklärt er unserem Reporter. Später flatterte dann ein Brief der Firma „Park and collect“ ins Haus: Knapp 140 Euro werden darin wegen „Besitzstörung“ von ihm verlangt, davon nur 35 Euro für das vermeintliche Falschparken. Der Rest seien Kosten für die Halterermittlung, sogenannte Einigungskosten und eine Pauschale.
Betroffene darf Beweisfoto nicht sehen
Auch Marlene Trapp bekam Post. Es gebe bisher keine Beweise dafür, dass sie überhaupt dort geparkt hat, erklärt sie: „Es wurde geschrieben, dass ein Beweisfoto existiert – sehen durfte ich es aber nicht. Es stand zwar drin: Sobald ich angeklagt werde oder die ganze Sache vor Gericht gehen würde, würde er es gegebenenfalls herausrücken und mir zeigen. Aber gesehen habe ich es nie.“ Die Auszubildende hat sogar gleich zwei Briefe gekriegt, da sie zweimal falsch geparkt haben soll. 280 Euro soll sie deshalb zahlen.
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Abschlepp-Geschäft auf Supermarkt-Parkplätzen
Machen immer mehr Unternehmen mit Falschparkern ein gutes Geschäft? Zahlen des Kraftfahrtbundesamts bestätigen, dass die Halterabfragen um ein Vielfaches gestiegen sind. Die Firma „Parkräume KG“ hat sich zum Beispiel darauf spezialisiert, Falschparker auf Supermarktparkplätzen abzuschleppen. RTL-Reporter Max Hermes bewarb sich dort vor einigen Monaten undercover, nachdem ein Informant behauptet hatte, es gäbe unseriöse Praktiken innerhalb des Unternehmens.
Im Vorstellungsgespräch wird ihm erklärt, dass er als eine Art Beobachter arbeiten und Fotos machen soll – denn laut einem Mitarbeiter dürften die Autos erst abgeschleppt werden, wenn sie länger als eine Stunde auf dem Parkplatz stehen. Man soll also darauf lauern, dass die Zeit überschritten wird und der firmeneigene Abschleppwagen dann in Aktion treten kann.
Das Statement von „Parkräume KG“ zu den Vorwürfen der RTL-Reporter lautete damals: „Täglich erreichen uns dutzende Anfragen von potenziellen neuen Auftraggebern (…) von der Platzierung eines Kontrolleurs sowie das etwaige Fotografieren von Fahrzeugen alle 15 Minuten ist uns jedenfalls nichts bekannt.“
Parkwächter: Bewusst unauffällig?
RTL-Reporter André Goltzsche traf außerdem einen Mitarbeiter der Firma „Park & Control“, der ihm von den angeblichen Arbeitsweisen in der Branche berichtete: „Wir sollen unauffällig sein, nicht präsent durch die Gegend laufen. Wir sollen bewusst zwischen den Autos laufen, damit wir nicht gesehen werden und die Leute nicht ihre Parkscheiben einlegen, wenn sie uns sehen.“
Das Unternehmen schrieb hierzu: „Park and Control weist seine Mitarbeiter selbstverständlich nicht an, Vertragsstrafen unauffällig auszustellen und distanziert sich von dieser Darstellung.“
Rechtsanwalt erklärt: Forderungen viel zu hoch
Zum Fall in Marktheidefeld erklärt Anwalt Holger Hillnhütter: „Grundsätzlich kann ich das natürlich schon, wenn es sich zum Beispiel um einen privaten Parkplatz handelt, als Privatunternehmer als Vertragsstrafe geltend machen. Das große ‘Aber’ ist eben, dass hier oftmals viel zu viel verlangt wird.“ Laut Rechtsprechung seien die Beträge jedoch gedeckelt mit denen, die man per Bußgeldbescheid vom Staat abverlangt bekäme – „das wären dann 30 bis 35 Euro, aber bestimmt nicht 140 Euro“, so der Experte. Er rät den Betroffenen, schriftlich zu widersprechen und maximal anbieten zu zahlen, was auch im öffentlichen Straßenverkehr fällig wäre.