Diskussion über Schulnoten-AbschaffungBildungsforscher erklärt, warum Schulnoten unfair sind

Philipp Brandstädter
Stehen in Sachsen auf dem Prüfstand: Ein Expertengremium schlug jüngst vor, Schulnoten teilweise abzuschaffen. (Symbolbild)
deutsche presse agentur
von Florent Gallet

Schule ohne Einsen, Zweien und Sechsen – ist das eine gute Idee?
Eine Reform des Notensystems ist sinnvoll, sagt Bildungsforscher Dirk Zorn: Unter anderem, weil das aktuelle System unfair ist.

Das Problem mit Schulnoten

Ein Expertengremium in Sachsen hat sich überlegt, wie die Schule besser werden kann – einer ihrer Vorschläge: Schulnoten abschaffen, zumindest bis zur achten Klasse. Doktor Dirk Zorn ist Direktor des Bereichs Bildung und Next Generation bei der Bertelsmann Stiftung. Er unterstützt die sächsischen Reform-Ideen: Mit Noten würde bisher nur das Ergebnis bewertet – nicht, wie der Schüler dort hingekommen ist. Das führe dazu, dass Schüler häufig erst knapp vor Prüfungen lernen: „Das klassische Bulimie-Lernen motiviert nicht wirklich dazu, sich zu verbessern,“ so Dirk Zorn im Gespräch mit RTL. Besser wäre es, den Lernprozess zu bewerten: Zum Beispiel, indem ein Schüler für einen Aufsatz erst eine Zwischennote bekommt und diesen dann überarbeitet, um eine bessere Note zu erhalten.

Ein weiteres Problem laut dem Bildungsforscher: Das Notensystem ist meistens nicht gerecht.

Warum Noten häufig unfair sind

„Es ist empirisch gut belegt, dass Noten unfair sind“, erklärt der Experte: Noten würden weniger zeigen, wie kompetent ein Schulkind ist – sondern eher, wie gut es im Vergleich zu seinen Schulkameraden ist. In einer Klasse mit vielen guten Schülern bekommt man für dieselbe Leistung eine schlechtere Note als in einer durchschnittlich schwachen Klasse – das beweisen Studien. Was ist also die Lösung?

Es komme darauf an, viel detaillierter zu prüfen, welche Kompetenzen Schulkinder haben, meint Dirk Zorn: „Zum Beispiel, indem man nicht eine einzelne Note für das Fach Mathematik erhält, sondern in den einzelnen Subdomänen wie Geometrie und Algebra geprüft wird, welche Kompetenzen die Schüler haben.“ Das würde den Schülern helfen, sich gezielt zu verbessern.

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Noten sind weiterhin beliebt

Kompetenz-Prüfungen sind fairer, weil sie sich nicht am Durchschnitt der Klassengruppe, sondern an zuvor festgelegten Standards orientieren. Durchschnittsnoten ließen sich weiter bilden – sie ermöglichen Schülern, Lehrern, Arbeitgebern und Universitäten, Leistungen zu vergleichen. Diese Vergleichbarkeit gibt es aktuell in Deutschland nicht, sagt Bildungsforscher Dirk Zorn: „Das heutige Notensystem erzeugt nur eine scheinbare Vergleichbarkeit.“

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