Nach japanischer Studie zur Sterberate

Sind Frauen für Frauen die besseren Ärzte? Was ein Mediziner dazu sagt

Ärztin versorgt alte Frau mit Kopfschmerzen
Eine Ärztin behandelt eine Patientin.
Juanmonino, iStockphoto

Sollten Frauen lieber Ärztinnen das Skalpell überlassen – anstatt Ärzten?
Fakt ist: Ältere Frauen, die im Krankenhaus von einer Ärztin behandelt werden, haben bei bestimmten Erkrankungen eine geringere Sterblichkeitsrate – das zeigt eine aktuelle Studie aus Japan. Wie das in Deutschland aussieht und wie das Ergebnis wahrscheinlich zustande kommt, schätzt der Allgemeinmediziner und Medizinjournalist Dr. Christoph Specht ein.

Spannende Erkenntnisse aus Japan! Studie mit Daten von über 700.000 Patienten

Zumindest ältere Frauen sterben laut einer neuen Studie seltener, wenn sie im Krankenhaus von einer Ärztin behandelt werden. Das gilt den aktuellen Daten zufolge für bestimmte Erkrankungen. Die Ergebnisse wurden im Fachblatt „Annals of Internal Medicine“ veröffentlicht. Die Studie nutzte Daten von über 700.000 Patientinnen und Patienten ab 65 Jahren, die zwischen 2016 und 2019 ins Krankenhaus kamen. Von diesen wurden 31,1 Prozent der Frauen und 30,6 Prozent der Männer von Ärztinnen behandelt.

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Laut der Forschungsgruppe der Universität Tokio waren die Sterblichkeitsraten innerhalb von 30 Tagen nach der Behandlung bei Frauen, die von Ärztinnen behandelt wurden, etwas niedriger - insbesondere bei Nervensystemerkrankungen wie Demenz. Zudem mussten Frauen bei Erkrankungen der Nieren und Harnwege seltener ein weiteres Mal in die Klinik, wenn sie von Ärztinnen behandelt worden waren.

Studie aus Japan zu Frauen-Sterblichkeit: Kleiner, aber statistisch signifikanter Unterschied

Insgesamt lag die Sterblichkeitsrate für Patientinnen bei 8,15 Prozent, wenn sie von einer Ärztin behandelt wurden, gegenüber 8,38 Prozent bei der Behandlung durch Männer - ein Unterschied, der klein, aber klinisch signifikant sei, so die Studienautoren.

Das Forschungsteam spekuliert, dass Ärzte den Schweregrad der Erkrankung bei Frauen möglicherweise unterschätzen, was zu Verzögerungen in der Behandlung führen könnte. Zudem würden vielleicht Ärztinnen effektiver kommunizieren und stärker auf ihre Patientinnen und Patienten fokussieren.

Und schließlich würden Frauen möglicherweise bei schambehafteten Themen offener mit Ärztinnen sprechen.

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Dr. Specht: „Könnte mir vorstellen, dass es (…) einen Unterschied gibt, auch in Deutschland“

Der Allgemeinmediziner Dr. Christoph Specht unterstreicht die Einschätzungen. Allerdings sei das Krankenhaussystem in Japan aus seiner Sicht mit dem in Deutschland nur bedingt zu vergleichen, weil es weniger Ärztewechsel in der klinischen Betreuung gibt.Trotzdem glaubt er, dass die Studie in gewisser Weise auch hierzulande übertragbar wäre.

„Ich könnte mir tatsächlich vorstellen, dass es insbesondere bei bestimmten Behandlungen einen Unterschied gibt – auch in Deutschland.“ Schließlich würden insbesondere schambehaftete Behandlungsthemen aus dem Gynäkologie-Bereich auch bei uns lieber und intensiver mit Ärztinnen besprochen.

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Dr. Christoph Specht schaut in die Kamera.
Dr. Christoph Specht gibt eine aktuelle Einschätzung ab.
Moritz Jansen, photoMo

„In Deutschland ist die Medizin ohnehin weiblicher geworden“

Und: „Sicher arbeiten viele Kolleginnen in der Medizin auch besonders gewissenhaft, was sich auf die Behandlung der Patienten positiv auswirkt. In Deutschland ist die Medizin ohnehin weiblicher geworden. Wir haben gerade in Krankenhäusern mittlerweile sogar überwiegend Ärztinnen. Nur in medizinischen Führungspositionen sind es zu 80 Prozent noch Männer, aber auch hier kommen immer mehr Frauen nach oben“, so Dr. Specht. In Japan hingegen würden zu 70 Prozent Männer im Arztberuf arbeiten und lediglich zu 30 Prozent Frauen.

„Gott sei Dank ist der Unterschied in der Studie aber auch nicht zu groß, sodass sich Frauen keine Sorgen machen müssen – egal wer sie behandelt.“