Erika S. will mit seiner Unterschrift Geld abheben
Paar fährt mit mutmaßlicher Betrügerin und totem „Onkel“ im Fahrstuhl: „Er blinzelte nicht“
Ehepaar wird Zeuge in wirklich kuriosem Kriminalfall.
Erika S. geht mit ihrem toten „Onkel“ im Rio de Janeiro erst auf Shoppingtour und will dann einen Kredit beantragen. Sie behauptet: Als sie ihn im Rollstuhl in die Bank schiebt, hat Paulo B. noch gelebt. Ob das stimmt, versuchen brasilianische Ermittler zu klären. Dabei könnten die Beobachtungen von Tânia und ihrem Mann Iran wichtig werden.
Tânia: „Er hatte seine Augen wirklich fixiert, er blinzelte nicht"

„Ich sah, dass sie Schwierigkeiten hatten, den Herrn aus dem Auto zu bekommen. Also sagte ich zu meinem Mann: ‘Schatz, schau, ob du helfen kannst.’ Er ging hin, aber sie [Érika] sagte zu ihm: ‘Du brauchst nicht helfen, nein, denn ich bin das schon gewohnt’“, erinnert sich Lehrerin Tânia Maria Setubal im Interview mit dem brasilianischen Nachrichtenportal G1.
Es ist der 15. April: Erika S. hat kurz zuvor ihren Onkel Paulo, wie er von allen genannt wird, aus einem Krankenhaus abgeholt. Dort war er seit dem 8. April wegen einer Lungenentzündung behandelt worden. Sie sei seine Betreuerin, gibt die Frau später im Polizeiverhör an. Am Abend fährt sie mit ihm in ein Shoppingcenter.
Auf Überwachungskameraaufnahmen ist zu sehen, wie sie mit dem Mann im Rollstuhl Fahrstuhl fährt und ihn über einen Gang schiebt. Anschließend geht das Duo in eine Bank und Erika S. drückt dem regungslosen 68-Jährigen einen Stift in die Hand. Sie spricht mit ihm, versucht, Paulo zu einer Unterschrift unter einem Kredit über 3.000 Euro zu bewegen. Die Bankmitarbeiter werden misstrauisch und alarmieren die Polizei. Erika S. kommt in Untersuchungshaft.
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Beim Versuch, einen Kredit zu bekommen, fliegen sie auf
Tânia und ihr Mann Iran befinden sich im selben Aufzug wie Erika S. und Onkel Paulo. Während der Fahrt seien ihnen aufgefallen, dass etwas nicht stimmt: „Er hatte seine Augen wirklich fixiert, er blinzelte nicht und sein Mund war ein wenig offen. Ich sagte sogar zu meinem Mann: ‘Ich glaube, er muss einen Schlaganfall gehabt haben’“, so Tânia.
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Anwalt behauptet: Onkel hat beim Betreten der Bank noch gelebt
Laut dem Portal G1 wehrt die vermeintliche Betrügerin Erika S. gegen die Haft. Sie habe eine 14-jährige Tochter, die auf besondere Betreuung angewiesen sei. „Die Angeklagte ist eine integre Person mit einem guten Vorstrafenregister, die nicht die Absicht hat, sich der Anwendung des Strafrechts zu entziehen oder die Ermittlungen zu behindern“, heißt es von ihrem Verteidiger.
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Die Polizei ermittelt wegen versuchten Diebstahls durch Betrug sowie Leichenschändung gegen Erika S. Die zentrale Frage: Wann und warum starb Paulo B.? Erste medizinische Gutachten zeigen: Der Mann muss schon zuvor und vor allem im Liegen verstorben sein. Auch das angebliche Verwandtschaftsverhältnis zwischen beiden wird überprüft. Ob die Frau aus der Haft entlassen wird, bis der Fall vor Gericht verhandelt wird, ist noch nicht entschieden. (dbl)