Ralph Thiele über hybride Angriffe auf zivile EinrichtungenMilitärexperte warnt: Drohnen sind nur ein Teil des Problems

Die Gefahr kommt von oben, aber nicht nur!
Drohnen sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken, in vielen Bereichen sind sie nützliche und unentbehrliche Helfer. Zugleich sind sie todbringende Waffen und können von Verbrechern dazu verwendet werden, großen Schaden anzurichten. Beispielsweise, indem sie Flughäfen oder andere Einrichtungen blockieren, wie es derzeit in Dänemark alle paar Tage passiert. Was sie so gefährlich macht, was hinter den Drohnen-Attacken steckt, erklärt Militärexperte Ralph Thiele.

„Drahtzieher wollen unsere kritische Infrastruktur unbrauchbar machen”

Thiel geht davon aus, dass wir uns darauf einstellen müssen, dass Meldungen über Drohnensichtungen weiter zunehmen werden. Er weist einerseits auf die potentielle Gefahr hin, betont aber anderseits, dass die Drohen-Thematik nur ein Teilaspekt ist. „Tatsächlich ist das hybride Spektrum unendlich breit“, sagt der Fachmann im Gespräch mit RTL/ntv. Dazu zählten Anschläge, das Ausspähen von Zielen. Den Drahtziehern gehe es darum, „die kritische Infrastruktur unbrauchbar zu machen“ oder zu stören.

Die Sichtung mehrerer großer Drohnen hatte an den Flughäfen in Kopenhagen (Foto) und Oslo für eine stundenlange Sperrung des Luftverkehrs und auch Reisenden aus Deutschland Probleme bereitet.
Die Sichtung mehrerer großer Drohnen hatte an den Flughäfen in Kopenhagen (Foto) und Oslo für eine stundenlange Sperrung des Luftverkehrs und auch Reisenden aus Deutschland Probleme bereitet.
picture alliance/dpa | Steffen Trumpf

Wie zuletzt in Dänemark und Norwegen die Flughäfen. „Deswegen sind wir auch gut beraten, jetzt etwas zu unternehmen“, so Thiel. Die Hintermänner der Drohnenattacken wollen „Staat und Gesellschaft dysfunktional machen“, sagt er deutlich. Ebenso deutlich macht er, dass Russland seiner Ansicht nach hierbei seine Finger im Spiel hat. Bei den politischen und militärischen Maßnahmen gegen Putin und dessen Angriffskrieg gegen die Ukraine habe der Westen „bisschen aus den Augen verloren“, dass man damit rechnen müsse, dass Russland auf Druck mit Gegenmaßnahmen reagiere. „Dies geht sehr leicht mit Drohnen“, so Thiele.

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Seine Sorge: „Dass sie EU das jetzt so macht, wie immer: dass sie viel Geld irgendwo hinwirft, aber damit das Problem nicht löst.“ Das Problem sei das von ihm angesprochene „hybride Spektrum“, also alles, „was unterhalb der Schwelle eines Krieges“ gemacht werden kann. Dazu zählt er Cyberattacken, aber auch Sabotage, Desinformation oder Anschläge auf Menschen. „Also ein breites Portfolio in allen Dimensionen“, zeichnet er ein düsteres Bild.

„Sie können von überall her kommen“

Der Experte verweist neben Drohnen auf andere „autonome Vehikel“, die in der Luft, zu Boden, auf oder unter dem Wasser und sogar im Weltraum eingesetzt werden können. Daher sei es wichtig, sich nicht einseitig auf die Gefahren durch Drohnen zu konzentrieren, sondern auf alle Bereiche auszudehnen, wie auch drohende Cyber-Attacken. „Was nützt es, wenn wir uns gegen Drohnen besser schützen können, aber dann die nächsten Wirkmittel des hybriden Krieges auf uns einprasseln?“, fragt Thiele rhetorisch.

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Militärexperte Ralph Thiele

Die Zahl von Drohnen ist sprunghaft angestiegen, wie der Experte erläutert. Es verweist auf den Ukraine-Krieg, wo jeden Tag Menschen durch Drohnen sterben. Die Geräte machen Angst allein durch ihre Präsenz, sagt Thiele: „Allein durch ihre Geräusche, das erschreckt Menschen.“ Zudem können mit ihnen Bomben transportiert werden, sie können elektronische Systeme stören. Was sie weiter gefährlich macht: „Sie können von überall her kommen.“ Als Beispiel führt er an, dass Drohnen auch aus dem Weltraum Lasten bis zu einer Tonne anschleppen können. Zudem können sie dazu eingesetzt werden, Kommunikationskabel zu zerschneiden, was häufig genug passiere. „Da sind ja die Russen schon ständig dran“, verweist Thiele auf zerstörte Überseekabel im Ostseeraum. „Da ist ein großes Portfolio, sagt er.

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Derzeit seien wir schlecht auf Drohnenattacken vorbereitet, sagt Thiele. „Wir sind nicht in der Lage, sie zu erfassen. Wir sind nicht in der Lage, sie zu verfolgen. Wir sind nur punktuell in der Lage, sie zu bekämpfen“, fasst er zusammen. Fazit: „Da ist wirklich viel zu machen, und wenn man das jetzt angehen will, braucht man erstmal ein Konzept.“

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Dobrindt will mehr Befugnisse für Bundeswehr

Angesichts der Bedrohung durch illegale Drohnenüberflüge will Bundesinnenminister Alexander Dobrindt die Befugnisse der Bundeswehr ausweiten. „Ich will im Luftsicherheitsgesetz festschreiben, dass die Bundeswehr der Polizei im Inneren Amtshilfe leisten darf – gerade bei Drohnenabwehr-Einsätzen“, sagte der CSU-Politiker der „Rheinischen Post“.

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Einem Bericht der „Bild“ zufolge soll es künftig möglich sein, im Falle einer akuten Bedrohung durch eine Drohne mit Waffengewalt einzugreifen, wenn dies das einzige Mittel zur Abwehr eines schweren Unglücks ist. Eine entsprechende Änderung des Luftsicherheitsgesetzes hatte die Bundesregierung schon im Januar auf den Weg gebracht. Die Neuregelung sollte den Streitkräften die Anwendung von „Waffengewalt gegen unbemannte Luftfahrzeuge“ ermöglichen. Wegen der vorgezogenen Bundestagswahl wurde das aber nicht mehr umgesetzt.

Verwendete Quellen: RTL-eigene Recherche; dpa