350 Millionen Jahre alte InsektenSie fressen Tapete, Lampen und Dokumente! Diese Schädlinge werden vom Paketboten geliefert

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Laut Experten verbreiten sich Papierfischchen in Deutschlands Wohnungen aktuell stärker als alle anderen Schädlinge.
dpa

Sie sind winzig, flink und lieben die Dunkelheit!
Papierfischchen sind ein Star am Schädlingshimmel: Nebst Bettwanzen und der Lebensmittelmotte ist es dieses Insekt, das die Deutschen im Sommer in Atem hält. Kein Wunder, das Tierchen breitet sich in unseren Breitengraden auch immer weiter aus – und zwar durch den Versandhandel. Wie sich das Papierfischchen vom bei uns schon länger heimischen Silberfischchen unterscheidet und wie ihr es bekämpfen könnt.

Sie sind 350 Millionen Jahre alt – und quasi unkaputtbar

Das Papierfischchen ist erst seit wenigen Jahren bei uns heimisch – und dafür hat es einen langen Anlauf genommen: Denn die Tierchen existieren schon seit rund 350 Millionen Jahren. Laut Experten verbreiten sie sich in Deutschlands Wohnungen aktuell stärker als alle anderen Schädlinge. Ihre Nahrung: Papierstoffe wie Bücher, Kartons, Fotos – und die Tapete. Sie können Zellulosefasern mit einer körpereigenen Cellulase zu Zucker aufspalten und verdauen sie dadurch.

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Die Überlebenskünstler können sogar bis zu 300 Tage ohne Nahrung auskommen – das klingt nach unkaputtbar.

Papierfischchen lieben Fußbodenheizung

Laut Bärbel Holl, Vorsitzende des Vereins zur Förderung ökologischer Schädlingsbekämpfung, haben die Insekten aber nichts mit Dreck oder Unordnung zu tun.

„Sie fühlen sich eher besonders wohl in Neubauten, vor allem in Häusern, die mit Fußbodenheizung ausgestattet sind“, erklärt sie bei Stern TV. „Auch von der Temperatur her optimale Hohlräume sind sehr beliebt bei den Fischchen“. Die gute Nachricht: Gesundheitsschädlich für uns Menschen sind sie nicht. Trotzdem haben Betroffene eine deutlich geminderte Aufenthaltsqualität, scheuen sich Freunde oder Familie einzuladen, fühlen sich einfach unwohl in ihren eigenen vier Wänden.

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So unterscheiden sie sich von Silberfischchen

Laien können Papierfischchen von Silberfischchen kaum unterscheiden. Papierfischchen sind größer, werden – ohne Schwanz und Fühler – bis 15 Millimeter lang. Sie haben am Hinterleib drei deutlich längere fadenförmige Schwanzanhänge, die genau wie die Fühler länger sind als der Körper.

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Die Panzerschuppen von Papierfischchen sind einheitlich grau gefärbt. Außerdem sind Rumpf und Kopf behaart. Ein großer Unterschied auch: „Die laufen die Wände hoch“, sagt Holl dort. „Das macht das Silberfischchen nicht so ohne Weiteres.“ Zudem seien die Fühler und die Schwanzfädchen immer länger oder mindestens genauso lang wie der Körper.

Ist der Online-Handel an ihrer Ausbreitung schuld?

Laut dem Insektenforscher Dr. Reiner Pospischil verbreiten sich Papierfischchen rasant in Deutschland. Er sagt bei Stern TV: „Papierfischchen sind innerhalb der letzten sechs Jahre immer häufiger geworden und im Augenblick sind sie ein recht großes Problem und auf jeden Fall die häufigste Fischchenart, die wir hier in Mitteleuropa haben.“

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Seine These: In der Pandemie stieg der Onlinehandel explosionsartig an und mit den Waren kommen häufig auch Papierfischchen ins Haus. „Der Versandhandel hat durchaus an der Verschleppung und Ausbreitung der Papierfischchen seinen Anteil.“

Auch unsere Bauweise spielt eine Rolle

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Tipps aus dem Netz helfen oft nicht - dann muss ein Profi ran. Der Aufwand zur erfolgreichen Bekämpfung der Fischchen kann enorm sein.
Andrey Popov, iStockphoto, iStock

Schädlingsexpertin Holl beobachtet hingegen eine andere Ursache: „Es hat sehr viel mit der Bauweise zu tun, weil wir sehen, dass ganze Häuserkomplexe befallen werden“, erklärt sie bei Stern TV. „Die Baumaterialien sind umwickelt mit Wellpappe, so kommen sie mit rein.“

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Auch Gipskartonwände geben den Tieren Nahrung und die vielen Hohlräume, in denen sich die Insekten wohlfühlen. Der Grund für Ihre Annahme: Erst zuletzt gab es wieder einen Fall mit 94 Wohneinheiten eines Neubaus, bei dem alle Mieter einen Befall gemeldet hatten.

Aufwand zur erfolgreichen Bekämpfung enorm

Sind sie einmal drin und finden genug Nahrung, sind sie schlecht wieder loszuwerden – und viele Tipps, die sich im Internet finden, funktionieren nicht bei dieser Art. Auch Köderdosen und Insektensprays helfen meist nicht. Der Aufwand zur erfolgreichen Bekämpfung ist enorm: „Die betroffene Familie in der Wohnung muss mitarbeiten“, erklärt Holl.

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„Entweder müssen mit Diatomeenerde alle Ritzen ausgefüllt werden oder alles wird mit Acryl verschlossen.“ Dazu müssten die Betroffenen bereit sein, denn vorher müssen alle Fußleisten runtergenommen werden. „Es hat immer auch etwas mit einem Umbau der Wohnung zu tun“, sagt die Expertin, „und da zucken viele erst einmal zusammen.“

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In der Regel bezahlt der Vermieter die professionelle Bekämpfung

Vor allem kann das teuer werden! Wer zahlt dann für die Bekämpfung? „Also in 98 Prozent der Fälle bezahlt das der Vermieter“, weiß Holl aus Erfahrung. Auch Versicherungen oder Hausbriefe decken solche Fälle oft ab. „Viele vergessen, dass sie irgendwann mal eine Versicherung abgeschlossen haben und wissen gar nicht, dass die Bekämpfung eines Wespennests oder auch von diesen Fischchen oder vielleicht sogar auch von den Mäusen zumindest zu einem gewissen Kostenfaktor abgedeckt ist.“ (ija/mjä)