Was die Stadt dazu sagt

Riesen Wirbel um Stellenausschreibung - Rostock sucht Sachbearbeiter für Remigration!

ARCHIV - Eine syrische Familie sitzt vor einem Asylwohnheim der Zentralen Ausländerbehörde des Landes Brandenburg am 22.10.2012 in Eisenhüttenstadt (Brandenburg). (zu dpa "Union drängt SPD zu Einigung über Familiennachzug noch im Januar" vom 09.01.2018) Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Die Stadt Rostock sucht eine/n neuen Mitarbeiter für den Bereich Remigration. Das sorgt für großen Wirbel. (Foto: Symbolbild.)
ppl fux cul, dpa, Patrick Pleul
von Esther Kusch

Wie kann das sein?
Die Stadt Rostock sucht einen Sachbearbeiter im Amt. So weit, so normal. Doch diese Stelle sorgt für ordentlich Wirbel, denn gesucht wird ein/e „Sachbearbeiter*in II Remigration.“ Remigration – ein Begriff, der von Rechtsextremen als Kampfbegriff benutzt wird. Was hinter der Geschichte steckt…
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Remigration - Unwort des Jahres 2023

Das Wort Remigration wurde 2023 von Sprachexperten zum Unwort des Jahres gekürt. Die Begründung: Es ist ein beschönigender, verharmlosender Begriff, den Rechtsextreme benutzen, um Zwangsausweisungen und Massendeportationen von Ausländern zu fordern. Wie kommt nun dieses Wort in eine Stellenanzeige eines öffentlichen Amtes?

Vorweg: Die Oberbürgermeisterin Eva Maria Kröger (41/ Die Linke) distanziert sich ganz klar von der AfD, von Rechtsextremisten. „Logischerweise verurteilen wir diese Ideologie und diesen menschenunwürdigen Umgang und diese niederträchtigen Ziele, die sich hinter ihrer Benutzung des Wortes Remigration verstecken. Selbstverständlich verurteilen wir das, das ist überhaupt nicht unsere Politik und schon gar nicht die Arbeitsweise oder gar die Mentalität der Kolleginnen und Kollegen, die in diesem Bereich arbeiten,“ erklärt sie in einem Instagram-Video, nachdem diese Stellenanzeige für so großen Wirbel gesorgt hat.

Rechtsextreme haben den Begriff Remigration gekapert, verharmlosen damit ihre Pläne

Mit dieser Stellenanzeige sucht die Stadt Rostock eine/n neuen Mitarbeiter/in.
Mit dieser Stellenanzeige sucht die Stadt Rostock eine/n neuen Mitarbeiter/in.
Stadt Rostock, Stadt Rostock, Stadt Rostock

Der oder die Sachbearbeiter/ in entscheidet über Aufenthaltserlaubnisse von Ausländern, über Duldung oder aber auch über die Abschiebung. Es ist also eine ganz normale Stelle in einem Ausländeramt, wie es sie in nahezu allen Städten der Republik gibt.

Aufregung gibt es aber um die Bezeichnung. Dabei ist der Begriff Remigration an sich zunächst einmal neutral. Er wird in der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftsforschung oder der Migrationsforschung benutzt und bezeichnet den Teil eines Migrationsprozesses, bei dem Menschen nach einer gewissen Zeit in einem anderen Land oder einer anderen Region in ihr Herkunftsland oder ihre Herkunftsregion zurückkehren.

Die neuen Rechten und schließlich auch die AfD haben diesen Begriff dann für sich gekapert und verharmlosen damit inzwischen ihre Pläne zu massenhaften Deportationen, die zuletzt durch die Recherchen von Correctiv ans Licht gekommen sind und gegen die seitdem Hunderttausende auf der Straße demonstrieren.

In Zeiten wie diesen ist es zumindest diskussionswürdig, ob ein Amt einen inzwischen derart anders gebrandeten Begriff noch nutzen sollte. Der Rostocker Migrantenrat fordert deshalb: Die Umbenennung dieser Abteilung ist überfällig, die Bezeichnung Remigration nicht mehr zeitgemäß, so Seyhmus Atay-Lichtermann auf RTL-Anfrage.

„Wie passt das zusammen, dass die Rechten den Begriff total feiern und es gleichzeitig ein offizieller Amtsbegriff ist?“ Inzwischen sei der Begriff Remigration für viele Migranten zum „Angstbegriff“ geworden. Er findet die Verwendung dieses Wortes durch die Rostocker Behörde „ungeschickt“ und sagt: „Sprache ändert sich.“ Er hofft, dass jetzt das Thema in den Fokus rückt, darüber diskutiert wird. Grundsätzlich sei die Zusammenarbeit zwischen Stadt und Migrantenrat gut.

Rostocker Bürgermeisterin: Rechte meinen was ganz anderes als wir

Dazu die Rostocker Bürgermeisterin: „Remigration an sich ist jetzt also noch gar nicht das Problem, sondern was man hinter dieser Begrifflichkeit dann eigentlich versteckt bzw. was man damit macht“, sagt sie in ihrem Video. „Und ich glaube, da sind wir uns alle einig. Das haben ja auch Zigtausende, Hunderttausende in Deutschland inzwischen bewiesen, die auf die Straße gegangen sind, dass wir das durchschaut haben, dass wir gemeinsam durchschaut haben, was für eine Umdeutung und Vereinnahmung hier stattgefunden hat, dass hinter dem Schafspelz oder unter dem Schafspelz Remigration dort in Potsdam auf dem Treffen eigentlich die Vertreibung hunderttausende Menschen versteckt wurde, dass über Deportation gesprochen wurde, das haben wir durchschaut, erkannt und dagegen gehen wir selbstverständlich auf die Straße.“, so Eva Maria Kröger. Sie sagt weiter: „Und nun kann man also trefflich darüber streiten, wie das mit sprachlichen Bezeichnungen ist, wenn sie dann politisch vereinnahmt wurden, in dem Fall durch die Rechtsextremisten, weil die natürlich mit Remigration was ganz anderes meinen als wir.“

Stellenanzeige weiter online

Trotz großer Diskussion: Die Stellenanzeige ist jedenfalls nach wie vor so online. Aber, so ein Sprecher der Stadt auf RTL-Anfrage: „Die Frage der Bezeichnung des Sachgebiets und der zugeordneten Stellen wird derzeit diskutiert. Entsprechend würden sich dann auch mögliche Ausschreibungstexte ändern.“

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