Sie wollten über Rechtsextremismus aufklären
"#'pisst Euch nach Berl*in": Lehrer verlassen nach rechten Anfeindungen ihre Schule

Rechtsextremismus, Sexismus und Homophobie! Zwei Lehrer aus dem Spreewald schreiben einen Brandbrief und berichten von solchen täglichen Vorfällen an ihrer Schule. Doch die Lage bessert sich nicht – die Lehrer werden sogar öffentlich bedroht! Jetzt verlassen sie die Schule. Eine Entscheidung, die aufhorchen lässt und für Bestürzung sorgt. Sogar der Bundespräsident kommentiert den Fall.
Hetze im Netz gegen die Lehrer: „#'pisst Euch nach Berl*in“

Die beiden Lehrer Max Teske und Laura Nickel prangern im April in einem öffentlichen Brandbrief an, täglich an ihrer Schule in Burg im Spreewald mit Rechtsextremismus, Sexismus und Homophobie konfrontiert zu sein. Ein Fall, der bundesweit für Aufsehen sorgte. Die Lehrerin und der Lehrer waren danach zunehmend Anfeindungen ausgesetzt. In dem Ort waren in den vergangenen Tagen unter anderem Aufkleber zu sehen, auf denen ein Foto der beiden zu sehen war, darunter stand: „#'pisst Euch nach Berl*in“. Beide wurden zudem in einem sozialen Netzwerk bedroht. Am Mittwoch wurde bekannt, dass nun beide die Schule verlassen.
Woidke: „Allen, die sich dem Rechtsextremismus entgegenstellen, gilt unsere Unterstützung“
Diese Entscheidung löst Bestürzung aus: Neben strafrechtlichen Ermittlungen soll der Kampf gegen Rechtsextremismus verstärkt werden. „Ob auf der Straße, in Vereinen, Schulen oder Betrieben: In Brandenburg darf es keinen Ort geben, in denen Rechte Ängste schüren und Andersdenkende vertreiben wollen“, sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Donnerstag. Und er betonte: „Allen, die sich mit Engagement und mutig dem Rechtsextremismus entgegenstellen, gilt unsere Unterstützung.“
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sieht einen indirekten Zusammenhang zwischen den rechtsextremen Vorfällen in Burg und den jüngsten AfD-Wahlerfolgen. Es gebe einen Zusammenhang insofern, als dass die Vorteile einer Demokratie nicht überall wertgeschätzt würden, sagte er. Man müsse wieder mehr Menschen davon überzeugen, dass die Demokratie nicht vom Himmel gefallen sei.
Vorfälle sind kein Einzelfall
Die Vorfälle sind in Brandenburg kein Einzelfall. Die Schulämter meldeten seit Bekanntwerden der rechtsextremen Taten in Burg mehr solcher Fälle. Und die Zahl politisch motivierter rechter Straftaten in Brandenburg insgesamt stieg im ersten Halbjahr dieses Jahres nach vorläufigen Zahlen des Innenministeriums um ein Drittel auf 1049.
Wegen der Bedrohungen aus der rechten Szene gegen die beiden Lehrer prüft das Staatliche Schulamt Cottbus Strafanzeigen gegen unbekannt. „Dass Beamte oder Angestellte des Landes bedroht werden, ist inakzeptabel“, sagte Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) der Deutschen Presse-Agentur. Das Schulamt sei in der Schule nach dem Brandbrief sofort tätig geworden. Es habe Gespräche mit Betroffenen, Eltern, Lehrern und Schülern gegeben. Die beiden hätten sich vor ihrer Entscheidung, die Schule zu verlassen, in der Sache aber weder an ihn noch an das Schulamt gewandt.
Teske und Nickel gründeten im Frühjahr mit einem Pfarrer das Bündnis „Schule für mehr Demokratie“. Am Donnerstag kritisierte das Bündnis, die beiden seien von der Landespolitik und der Schule nicht ausreichend unterstützt worden. Auch die Lehrergewerkschaft GEW hält eine weitere Aufarbeitung für nötig. Solche rechtsextremen Vorfälle seien aber kein Problem der Schule allein. Vielmehr seien die rechten Tendenzen eine Folge der gesellschaftlichen Entwicklung.
Der Verein Opferperspektive warnte: „Das Problem, das Burg mit der extremen Rechten hat, verschwindet nicht, wenn niemand mehr da ist, um es zu thematisieren.“ (dpa/eku)
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