Fünf Jahre nach dem Mord

Gedenken an Walter Lübcke: "Wir wissen, dass wir nicht genug getan haben, um die Gefahr abzuwenden"

Die Erinnerung an ihn lebt weiter.
Vor fünf Jahren erschießt ein Neonazi den CDU-Politiker Walter Lübcke. Bei der Gedenkfeier am Jahrestag seiner Ermordung ruft Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu Geschlossenheit gegen Rechtsextremismus auf. Gemeinsam mit der Familie lassen Politiker und Bürger bunte Ballons steigen als Zeichen für Demokratie und Vielfalt. Welche Werte an diesem Tag in den Vordergrund gerückt werden, seht ihr im Video!

Für seine Überzeugungen ermordet

Fünf Jahre nach den tödlichen Schüssen auf den CDU-Politiker Walter Lübcke sind Angehörige, Politiker, Vertreter von Kirchen und Verbänden sowie zahlreiche Bürgerinnen und Bürger zu einer Gedenkfeier in Kassel zusammengekommen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ehrte Lübcke bei seiner Gedenkansprache in der Martinskirche am Sonntag als „einen Helden des Tuns“.

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„Wir alle wünschten, Walter Lübcke könnte weiter das sein, was er bis zum 2. Juni 2019 war: Ein aufrechter Demokrat, der Verantwortung übernahm. Ein Politiker, der sich einsetzte, ein zugewandter, neugieriger Mitmensch.“ sagte Steinmeier. Lübcke habe seine aufrechte Haltung als Demokrat, sein Engagement für das Gemeinwesen mit seinem Leben bezahlt.

02.06.2024 xkhx Kassel, Kassel,Martinskirche Gedenken - 5. Jahrestag der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Dr. Walter Lübcke Bild zeigt: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier SPD bei seiner Rede *** 02 06 2024 xkhx Kassel, Kassel,Martinskirche Commemoration of the 5th anniversary of the assassination of the Kassel District President Dr. Walter Lübcke Picture shows Federal President Frank Walter Steinmeier SPD during his speech KH
Bundespräsident Steinmeier findet scharfe Worte bei der Rede über den Mord an Walter Lübcke.
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Ein Mord, der uns alle etwas angeht

Der damalige Kasseler Regierungspräsident war in der Nacht zum 2. Juni 2019 auf seiner Terrasse im nordhessischen Wolfhagen-Istha von dem Rechtsextremisten Stephan E. erschossen worden – weil dieser Lübckes liberale Haltung zur Flüchtlingspolitik ablehnte. Der Täter verbüßt eine lebenslange Freiheitsstrafe. Seine Tat gilt als der erste politisch motivierte Mord an einem bundesdeutschen Politiker durch einen Neonazi in der Bundesrepublik.

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Steinmeier bezeichnete die Tat als rechtsextremistischen Terrorakt, der auf Lübcke, aber auch auf die Gesellschaft abgezielt habe. Lübcke sei gehasst und getötet worden, von denen, die unsere liberale, demokratische Gesellschaft hassten. „Er musste sterben, weil er die Werte verteidigte, die unsere Gesellschaft ausmachen. Deshalb geht dieser Mord uns alle an und er darf uns niemals ruhen lassen.“

Bundespräsident sieht Versäumnisse beim Staat

Der Bundespräsident sprach auch Versäumnisse des Staates an. Es sei schwer und tue weh, sich den Tathergang in Erinnerung zu rufen. „Auch und besonders deshalb, weil es trotz vieler Versuche der juristischen und politischen Aufklärung immer noch offene Fragen gibt, die quälend sind.“ Fünf Jahre nach dem Mord, nach den gerichtlichen Verfahren und dem Untersuchungsausschuss müsse festgehalten werden: „Wir wissen nicht, ob der Mord an Walter Lübcke hätte verhindert werden können. Aber wir wissen, dass wir nicht genug getan haben, um die Gefahr abzuwenden.“

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Die Tat sei nicht aus dem Nichts geschehen, sie habe eine Vorgeschichte. Zu dieser Vorgeschichte gehöre das Versäumnis des Staates, die furchtbare Gefahr des Rechtsterrorismus in ihrer ganzen Dimension zu erkennen. „Viel zu lange haben wir in unserem Land an der Einschätzung festgehalten, man habe es mit Einzeltätern, allenfalls mit einer kleinen Bande zu tun. Die rechtsextreme Ideologie, die vorhandenen Strukturen und Netzwerke, die Gruppierungen und ihre Kontakte wurden unterschätzt, die von ihnen ausgehende Gefahr verkannt“, kritisierte der Bundespräsident. (dpa)