Ist das ein Fehler?

Nichts am Hut mit TikTok? AfD fischt nach jungen Wählern - die anderen Parteien bleiben zurückhaltend

FILE PHOTO: EU flag and TikTok logo are seen in this illustration taken, June 2, 2023. REUTERS/Dado Ruvic/Illustration/File Photo
Haben die Parteien verpennt, bei TikTok präsent zu sein?
/FW1FP/Josie Kao, REUTERS, DADO RUVIC

Überlassen andere Parteien die jungen User von TikTok der AfD?
Es ist kein Geheimnis: Ein Großteil der Jugendlichen tummelt sich gern bei TikTok und schaut lustige Clips. Doch nicht nur das: Die AfD hat erkannt, dass sie dort ihre Botschaften und Inhalte hervorragend verbreiten kann – und der Rest der Parteien? Haben sie den Trend verpennt?
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„Sie picken sich exakt die Themen raus, die Meinungsmache fördern"

TikTok nur für die AfD? Das könnte man zumindest glauben, wenn man hört, wie kritisch sich prominente Politikerinnen wie zum Beispiel die FDP-Spitzenkandidatin für die Europawahl Marie-Agnes Strack Zimmermann äußern. „Ich lehne TikTok nicht ab. Ich finde es nur besorgniserregend, wie sehr dort Hass verbreitet wird und Inhalte verkürzt werden - das ist übrigens für jede Zielgruppe besorgniserregend. Politisch informiert wird man so nur schwer, weshalb bereits politisch interessierte junge Menschen auch andere Plattformen nutzen.“ Und anders als es in vorherigen Interviews anklang, wird sie nun doch auch in ihrem Wahlkampf TikTok einsetzen: „Wahr ist aber auch, dass die Demokraten sich Hass und Hetze nicht nur der AfD auf dieser Plattform stellen müssen. Deshalb wird TikTok auch in meinem Wahlkampf eine Rolle spielen,“ so Strack Zimmermann zu RTL.

Aber TikTok nimmt in ihrer Partei, der FDP, nicht die höchste Prio ein: „Um die Menschen auch tatsächlich erreichen zu können, müssen wir unsere Öffentlichkeitsarbeit an deren Mediennutzung ausrichten. Das gilt auch für weit verbreitete digitale Plattformen,“ heißt es auf RTL-Anfrage. Der Fokus der FDP dabei: Facebook, Instagram, X, Threads, LinkedIn und YouTube. „Die Entwicklungen und Rahmenbedingungen bei TikTok beobachten wir zudem fortlaufend,“ so die FDP.

Die AfD versucht, auf TikTok zu polarisieren, setzt auf aktuelle Diskussionsthemen, nutzt einfache Botschaften für eigentlich komplexe Themen, erklärt Social-Media-Experte Robert Klipp im RTL-Interview. Oft gehe es in den Postings um Flüchtlinge, um Geld, um Armut oder aber auch das Gendern. „Sie picken sich exakt die Themen raus, die Meinungsmache fördern. Und da sind sie einfach unglaublich gut drin. Und sie nehmen dann die Gegenposition zum Narrativ ein. Und das ist das, was gut funktioniert.“, so Klipp.

Lese-Tipp: So funktioniert die App TikTok

Experte: Muss es der Zielgruppe so leicht wie möglich machen, den Inhalt zu verstehen

„Die anderen Parteien sind ganz gut darin, Themen, die im Bundestag besprochen werden, in akademischer Art und Weise nach draußen zu geben“, so Klipp. „Wenn ich mir einen Post anschaue, egal von was, dann muss ich es der Zielgruppe so leicht wie möglich machen, diesen Content zu verstehen.“

Und da können sich die anderen Parteien nach Ansicht des Experten noch steigern. „Wenn ich eine politische Rede aus dem Bundestag nehme und die auf Social Media poste, dann ist das für die Zielgruppe im Bundestag, die das Verständnis davon hat, worüber wir da sprechen. Bei jemandem, der nicht Politikwissenschaften studiert hat, sondern eine einfache Sprache benötigt, für den ist das komplett am Ziel vorbei.“ Die AfD benutze sehr viele Memes, sehr viele Vergleiche, sehr viele Bilder und sehr viele Emotionen, beobachtet Klipp. „Die anderen Parteien setzen vermehrt auf konkretere Inhalte, sachlichere Themen, fachlich komplexere Themen.“

Die CDU hat seit Dezember einen TikTok-Account. Gezögert hat die Fraktionsspitze vor allem lange, weil TikTok nicht unumstritten ist, einem chinesischen Unternehmen gehört, Einflussnahme der chinesischen Regierung nicht ausgeschlossen werden kann. „Wir haben Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Auf Fraktionshandys darf TikTok nicht draufgeladen werden“, sagt Thorsten Frei dem RND. Aber auch: „Als Fraktion müssen wir dort präsent sein, sonst erreichen wir eine wichtige Wählergruppe nicht.“

Ähnlich ist die Haltung auch bei der SPD. So sagt Generalsekretär Kevin Kühnert in einem Interview mit dem MDR: „Aber TikTok ist Realität, für Millionen Menschen, nicht nur junge Menschen in Deutschland, und da findet politische Meinungsbildung und auch Propaganda statt. Insbesondere von rechts außen. Und sich jetzt TikTok zu verweigern, hieße auch, Menschen – vor allem junge Menschen, mit der Propaganda alleine zu lassen."

Die Grünen sind bisher noch nicht als Partei bei TikTok vertreten, planen aber sehr zeitnah einen Account, wie die Partei RTL exklusiv mitteilte. „Wir werden die Entwicklung mit Blick auf die AfD bei TikTok und auf anderen Social-Media-Kanälen beobachten und auch unsere inhaltliche Strategie entsprechend anpassen.“

Bei TikTok liegt die AfD weit vor den anderen Parteien

Und wie deutlich die AfD bei TikTok punkten kann, hat der Politikberater Johannes Hillje ausgewertet. So wurden TikTok-Videos der AfD-Bundestagsfraktion zwischen Januar und 2022 und Dezember 2023 im Schnitt 430.000 Impressions, also Klicks, pro Video, während die FDP auf rund 53.000 kam, die anderen Parteien lagen noch darunter, wie ZDF heute exklusiv berichtet. (eku)

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