Das sagt der Rechtsextremismusforscher
Dummheit, Alkohol oder echte Nazi-Gesinnung? Wie das Sylt-Video einzuordnen ist
Rassismus-Skandal auf Sylt -(k)ein Einzelfall?
Rassistisches Gegröle in einer Luxus-Bar, offen gezeigter Hitlergruß – ein Video, aufgenommen in Sylt, sorgt für Entsetzen. Sind ausländerfeindliche Parolen etwa so salonfähig geworden? Wir haben mit dem Rechtsextremismus-Forscher Matthias Quent gesprochen. Das ganze Interview im Video.
„Dem liegt in aller Regel eine latente rassistische Orientierung zugrunde"
Ein Video in den sozialen Netzwerken zeigt, wie offensichtlich wohlhabende junge Gäste der Nobel-Bar Pony rechtsradikale Parolen grölen und dazu feiern. Zur Melodie des Liedes „L'amour Toujours“ vom italienischen DJ Gigi D'Agostino singt die Gruppe „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“. Ein weiterer Gast deutet einen Hitlergruß an. Kann man das noch als „Ausrutscher“ bezeichnen? Oder auf Alkohol-Aussetzer schieben?
„Das jetzt nur als Protest oder Alkohol abzutun, würde zu kurz greifen"
„Dem liegt in aller Regel eine latente rassistische Orientierung zugrunde. Und in diesem Zusammenhang muss man ja sagen, dass es sich um ein in der rechtsextremen Szene bekanntes Lied handelt, also ein popkulturelles Lied, zu dem ein rechtsextremes Coverlied besteht. Und dieses Coverlied kennt nun nicht jeder. Das heißt, diese Adaption, diese szenespezifische Adaption weist schon darauf hin, dass diejenigen, die das vorgetragen haben, durchaus auch Kontakt – und sei es über soziale Medien - zu rechtsextremen Kultur besitzen und haben“, sagt Rechtsextremismus-Forscher Matthias Quent im RTL-Interview.
„Das jetzt nur als Protest oder Alkohol abzutun, würde zu kurz greifen. Wir sehen etwas, was schon seit vielen Jahren in der Forschung beschrieben wird, nämlich eine Verrohung des Bürgertums, ein Ausbreiten von rechtsextremen Orientierungen, Einstellungen und auch Verhaltensweisen bis weit in die Mitte und vor allem auch die Oberschichten hinein. Und das bringt dieses Video zum Ausdruck.“ Wissenschaftlich sei das jetzt kein besonders neuer Befund, werde aber hier besonders bildhaft deutlich, so der Forscher.
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Wie verbreitet ist das in der Gesellschaft?
Finden sich ausländerfeindliche Haltungen besonders deutlich in bestimmten Gruppen, bestimmten Milieus? Nein, sagt Quent: „Rassistische Einstellungen finden sich in allen gesellschaftlichen Klassen, sie werden aber unterschiedlich aggressiv artikuliert.“
Es sei auffällig, dass junge Menschen, auch Ostdeutsche und auch etwas häufiger Männer statistisch häufiger zu solchen extremen Aussagen in Befragungen tendieren. Das sage aber nichts darüber aus, „ob andere nicht vielleicht auch ähnlich eingestellt sind, aber etwas angepasster sind, das heißt der sozialen Erwünschtheit folgend, sich nicht explizit rassistisch oder rechtsextrem äußern und das besser verstecken können. Aber generell ist es etwas, was sich leider durch die ganze Gesellschaft zieht.“ (eku)
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