Eine Geschichte, die jeder hören sollte„Ich bin die letzte Stimme in Deutschland" – Alarmierende Worte eines Holocaust-Überlebenden (91)
Er sagt selbst, er habe nicht mehr viel Zeit.
Schon seit 30 Jahren geht der Holocaust-Überlebende Ivar Buterfas-Frankenthal in Schulen, um jungen Menschen aus seinem bewegten Leben zu erzählen. Und das aus einem ganz bestimmten Grund, aktueller denn je.
Gebannt hören die Schüler ihm zu

Wir treffen Ivar Buterfas-Frankenthal am Rande seines Vortrags an der Klaus-Groth-Schule in Tornesch (Landkreis Pinneberg). Dass er für den schon um fünf Uhr morgens aufstehen musste, kümmert den 91-Jährigen nicht. Was für ihn zählt, ist seine Botschaft. „Ich bin die letzte Stimme in Deutschland, die sich noch die Arbeit macht mit jungen Menschen zusammenzukommen, weil es so furchtbar wichtig ist“, sagt er im Gespräch mit RTL.
Das hier etwas Besonderes passiert, scheinen auch die rund 210 Schüler zu bemerken: Sie sind muchsmäuschenstill, als der Zeitzeuge erzählt. Davon, wie er von Nazis verfolgt wurde und den Holocaust überlebt hat. Ivar Buterfas-Frankenthal ist eine Stimme gegen Fremdenfeindlichkeit, die angesichts der Schlagzeilen um rassistische Parolen auf Sylt und anderswo, momentan wohl besonders laut gehört werden sollte.
Schon in der Schule von Judenhass verfolgt
Ivar Buterfas-Frankenthals Vater war Jude, seine Mutter Christin. In den Augen der Nazis sind er und seine sieben Geschwister damals also Halbjuden. Mit sechs Jahren wird der kleine Ivar 1938 in Hamburg-Horn eingeschult – und bekommt dort schnell den schwelenden Judenhass zu spüren: „Die meisten kannten nicht ja gar nicht, sie hörten nur, dass ich Jude bin und dass ich sofort den Schulhof zu verlassen habe und das hat dann einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Und dann haben sie auf mich eingetreten, geschrien und geschimpft.“ Als er wegläuft, laufen sie ihm nach, brennen ihm mit einer Zigarette ein Loch ins Bein, sagt er. Passanten retten dem heute 91-Jährigen damals sein Leben.
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Ivar Buterfas-Frankenthal überlebt den Hamburger Feuersturm
Sein Vater kommt ins Konzentrationslager. Mit seiner Mutter und seinen Geschwistern wandert er nach Polen aus. Aber dort bleiben sie nicht lange, zu groß ist die Gefahr. Also kommt die Familie zurück nach Hamburg, erzählt Buterfas-Frankenthal. „Und dann sind wir auf dem selben Weg wieder zurückgegangen. Und kamen dann tatsächlich im Juli 1943 in Hamburg wieder an und da war der große Angriff: Hamburg ging unter im Feuersturm der Alliierten.“ Gemeint ist die Operation Gomorrha, die alliierten Luftangriffe auf Hamburg vom 24. Juli bis 3. August 1943 mit dem Feuersturm, der sich in der Nacht vom 27. auf den 28. Juli in den bombardierten Gebieten ausbreitet. Zehntausende Menschen sterben. Der 91-Jährige und seine Familie überleben.
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Darum erzählt der Holocaust-Überlebende seine Geschichte
Zwei Jahre später ist der Krieg beendet. Ivar Buterfas-Frankenthal spricht von einer riesigen Freude, singenden und tanzenden Menschen. Der Holocaust-Überlebende gründet eine eigene Firma, bekommt Kinder. Seine Mission heute: Aufklären! Gemeinsam mit seiner Frau tut er das nicht nur an Schulen, sondern schreibt auch Bücher. Und das seit 30 Jahren. Der Grund: Damit rechte Parteien nicht wieder an die Macht kommen, so Buterfas-Frankenthal zu RTL. „Die AFD ist mordsgefährlich. Wer die unterschätzt, der muss verrückt sein.“
Der Vortrag in Schleswig-Holstein ist Nummer 1.621 für den Holocaust-Überlebenden Ivar Buterfas-Frankenthal – und solange er noch kann, sicher nicht sein letzter.