Bewegender Abschied von Southport-Mordpfer

Alices (†9) beerdigt - kurz nach diesem Foto sticht der Täter zu

Dieses von der Familie am Sonntag (11. August 2024) zur Verfügung gestellte Foto zeigt Alice bei dem Tanzworkshop zum Thema Taylor Swift, bei dem sie und zwei andere Mädchen ermordet wurden
Dieses von der Familie am Sonntag (11. August 2024) zur Verfügung gestellte Foto zeigt Alice bei dem Tanzworkshop zum Thema Taylor Swift, bei dem sie und zwei andere Mädchen ermordet wurden
AP

Über Alices letztem Weg strahlt die Sonne, doch die Menschen tragen Trauer im Herzen.
Hunderte sind zur Beerdigung des kleinen Mädchens in Southport gekommen, das eines der drei Opfer eines brutalen Messermörders wurde. Ihr Onkel findet im Namen der Eltern rührende Worte.

„Du wurdest uns zu früh weggenommen und wir fragen uns oft: Warum?”

Die Neunjährige ist das älteste der drei ermordeten Kinder. Ein Foto, das die Familie nach dem Verbrechen veröffentlichte, zeigt sie lächelnd in Sportklamotten neben einem Pappaufsteller von Taylor Swift. Kurz nach der Aufnahme wird Alice aus dem Leben gerissen. Auf einem weiteren Bild strahlt sie fröhlich, sie trägt ein weißes Kleid. Weiß ist auch die beherrschende Farbe am Tag ihrer Beerdigung. Weiß, das Symbol der Unschuld gestorbener Kinder. Die ganze Trauergemeinde trägt Weiß. Viele haben pinke Blumen oder Ballon-Herzen mitgebracht, das Mädchen liebte die Farbe.

The horse-drawn carriage carrying the coffin of stabbing victim Alice da Silva Aguiar arrives for her funeral at St Patrick’s Church, Southport, England, Sunday Aug. 11, 2024. (Danny Lawson/PA via AP)
Hier wird Alices Sarg zur Kirche gebracht.
Danny Lawson/PA via AP

Alices Sarg kommt mit einer weißen Kutsche zur Kirche, gezogen von zwei Schimmeln. Mehrere hundert Menschen stehen an der Straße, als der Trauerzug eintrifft. Sie klatschen. Applaus für ein Mädchen, das ihn nicht mehr hören kann. Die Trauergemeinde trägt Weiß. Die Trauerrede im Namen ihrer Eltern Sergio und Alexandra hält Alices Onkel Richard.

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Dieses Foto ihrer Tochter stellten Alices Eltern nach dem Mord an ihrer Tochter zur Verfügung.
privat

Video: Drei Kinder bei Messerangriff in Southport ermordet

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„Mama hat Dinge gesehen, die kein Mensch sehen sollte”

Seine Stimme stockt mehrfach, mühsam und tapfer unterdrückt er ein Schluchzen. „Wir sprachen darüber, welche High School du besuchen könntest, darüber, wie du aufwachsen würdest, ein großes Haus mit Garten zu haben und Kinder zu bekommen“, erinnert er an ihr viel zu kurzes Leben. Er spricht über „Kinder, bei deren Erziehung wir dir nie helfen werden.“ Und gewährt einen Einblick in seine Gemütslage: „Das tut weh. Wir werden dich nie erwachsen werden sehen.”

Alices Onkel Richard bei seiner bewegenden Trauerrede
Alices Onkel Richard bei seiner bewegenden Trauerrede
Reuters

Sergio und Alexandra halten sich an den Händen. Einige Male können sie ihre Tränen nicht zurückhalten. In anderen Momenten lächeln sie dankbar über die einfühlsamen Worte, die Richard auch in ihrem Namen findet. Einmal sagt er: „Jetzt hat Papa Mitleid mit Mama. Sie hat Dinge gesehen, die kein Mensch sehen sollte.“

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„Hattest du Schmerzen? Wir hoffen nicht, mein Schatz”

Der Schmerz ist greifbar, als er die Fragen stellt, auf die es für Menschen, die um ein Kind trauern, keine Antwort geben kann: „Du wurdest uns zu früh weggenommen und wir fragen uns oft: Warum? Warum hier? Warum wir? Warum sie?“ Die Familie frage sich, ob Alice in ihren letzten Momenten an sie gedacht, nach ihr gerufen habe. Sie hätten sich gefragt, ob sie Schmerzen hatte, sagt er. Und schließt: „Wir hoffen nicht, mein Schatz.”

Alices Eltern Sergio und Alexandra
Alices Eltern Sergio und Alexandra
Reuters

Warmer Applaus der Anwesenden beschließt eine Rede, von der man kaum erahnen kann, wie schwer sie dem Mann gefallen sein muss. Nach Alices Onkel spricht Serena Kennedy, die Polizeichefin von Southport. Auch sie überbringt eine Botschaft der Eltern, sie ist an jene Menschen gerichtet, die den Tod der drei kleinen Mädchen für ihre empörenden Zwecke missbrauchen.

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Polizeichefin appelliert im Namen der Eltern an England

„Sie haben großen Mut bewiesen, indem Sie mich gebeten haben, heute hier zu sprechen, um eine Botschaft von Ihnen, der Familie von Alice, zu überbringen“, erklärt die Polizistin. Ihre Eltern wollen ausrichten lassen, „dass sie nicht wollen, dass es im Namen Ihrer Tochter noch mehr Gewalt auf den Straßen des Vereinigten Königreichs gibt“, so Kennedy.

A mourner carries a flower as she listens the funeral service of Southport stabbing victim Alice da Silva Aguiar outside St Patrick’s Church in Southport, England, Sunday, Aug. 11, 2024.(AP Photo/Scott Heppell)
Viele Menschen trugen zur Beerdigung Weiß und brachten pinke Blumen mit
AP Photo/Scott Heppell

Nach dem Mord an den Kindern hatten tagelang Krawalle England erschüttert, bei denen Sicherheitskräfte, Unterkünfte für Asylbewerber sowie Moscheen und Geschäfte angegriffen wurden. Grund dafür waren Falschmeldungen im Internet. Darin wurde behauptet, der Mörder sei ein illegaler Einwanderer mit muslimischem Namen. Beides stimmt nicht, der Täter wurde in Großbritannien als Sohn ruandischer Einwanderer geboren.

Auf den T-Shirts ein letzter Gruß: „Flieg hoch, kleine Prinzessin“

Die Polizeichefin wendet sich am Ende direkt an Alices Eltern. „Ich schäme mich und es tut mir so leid, dass Sie diese Erklärung und die Planung der Beerdigung Ihrer wunderschönen Tochter Alice überhaupt in Erwägung ziehen mussten.”

People carry the coffin of Alice Dasilva Aguiar, one of the three children who were victims of a knife attack during a dance event, at St Patrick’s Catholic Church, in Southport, Britain August 11, 2024. REUTERS/Yves Herman
Träger bringen Alices Sarg aus der Kriche
REUTERS/Yves Herman

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Während der Sarg aus der Kirche getragen wird, spielt der Priester Gitarre und singt. Die Trauergäste verlassen die Kirche. Einige von ihnen tragen T-Shirts mit dem Foto des strahlenden Kindes in seinem weißen Kleid. Darunter steht ein letzter Gruß: „Flieg hoch, kleine Prinzessin.“