Ein Verfassungsrechtler erklärt, welche Folgen das haben könnte

Schule, Presse, Polizei: Welche Macht hätte die AfD eigentlich, wenn sie Wahlen gewinnen würde?

von Esther Kusch

Was wäre, wenn...?
2024 wird in drei Bundesländern gewählt: Die derzeitigen Umfragen lassen befürchten, dass die AfD dort gut abschneiden wird. Aber was passiert eigentlich, wenn sie womöglich sogar einen Ministerpräsidenten/eine Ministerpräsidentin stellen würden? Wie würde sich das Leben der Sachsen, Brandenburger oder Thüringer verändern? Und: Wie viel Macht hätte die AfD dadurch auch bundesweit?
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„Innerhalb des Landes kann man hier massiv und radikal durch Parteipolitik verändern“

Deutschland ist ein föderalistischer Staat, das heißt: Manche Entscheidungen werden nicht bundespolitisch entschieden, sondern eben auf Länderebene. „Bei der Justiz, an den Schulen, an den Universitäten und auch bei der Polizei kann der jeweilige Ministerpräsident deutlichen Einfluss nehmen“, erklärt Verfassungsrechtler Professor Ulrich Battis (79) im RTL-Gespräch. „Innerhalb des Landes kann man hier massiv und radikal durch Parteipolitik verändern“, warnt er. Man könne zwar gegen vieles klagen, „aber das braucht Zeit!“

Konkret: Die AfD könnte also Einfluss nehmen auf die Dinge, die die Kinder in der Schule lernen. Das AfD-Familienbild von Vater-Mutter-Kind wäre zum Beispiel das einzig Wahre, eine offene, bunte Gesellschaft, in der jeder jeden oder jede lieben darf, würde eben nicht mehr vermittelt. An den Unis wäre das ähnlich: „Queer-Studien könnte man einstellen, dafür würden vielleicht eher Sport und Wehrkraft-Studien gefördert“, erklärt Battis.

Auch auf die Polizei kann eine AfD-geführte Landesregierung Einfluss nehmen. Sie könnte härter durchgreifen, auch gegenüber Unschuldigen, erklärt Battis.

Und auch die freie, unabhängige Presselandschaft könnte sich verändern: „Das Land könnte den Staatsvertrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk kündigen und einen eigenen Propaganda-Sender eröffnen.“

Lese-Tipp: Kommentar zu AfD-Plänen: Wilder Mix aus Widersprüchen und Freibier für alle – die AfD verkauft die Leute für dumm!

Würde sich auch der Rest der Republik verändern?

Ein Ministerpräsident, eine Ministerpräsidentin hat Rede-Recht im Bundestag – „das hat schon eine ganz andere Außenwirkung, als wenn ein einfacher Abgeordneter dort spricht“, ordnet der Jurist ein.

Und im Bundesrat, der vor allem bei der Gesetzgebung mitwirkt? Hier würde ein AfD-Ministerpräsident vor allem die Atmosphäre und das Arbeitsklima verändern, glaubt Battis. „Ein Einzelner könnte nicht viel blockieren, aber aus einer vertrauten, sehr sachlich gepflegten Atmosphäre, würde eine feindliche werden und das ist nicht zu unterschätzen.“

Die Politik ist gefragt, aber auch wir selbst

Aber was kann die Politik, was kann jeder Einzelne von uns tun, um genau diesen Wahlsieg, diese Veränderung unseres Landes zu verhindern?

Für alle, die in diesem Jahr wählen dürfen, ist es denkbar einfach: Zur Wahl gehen und eine der demokratischen Parteien wählen, das Kreuz nicht bei der AfD machen. Denn interessanterweise glauben die meisten der Wahlberechtigten in Sachsen, Thüringen und Brandenburg nämlich gar nicht, dass jemand anderes als der amtierende Ministerpräsident es besser machen würde: Laut RTL/ntv-Trendbarometer glauben in Thüringen nur 6 Prozent aller Wahlberechtigten (28 Prozent der AfD-Stammwähler), dass Björn Höcke (51) ein besserer Ministerpräsident wäre als Bodo Ramelow (67). In Sachsen glauben nur 3 Prozent aller Wahlberechtigten (16 Prozent der AfD-Stammwähler), dass der AfD-Vorsitzende Jörg Urban (59) das Land besser regieren könne als Michael Kretschmer (48). In Brandenburg meint niemand von allen Wahlberechtigten (12 Prozent der AfD-Stammwähler), dass die AfD-Vorsitzende Birgit Bessin (46) besser regieren würde als Dietmar Woidke (62).

Aber die AfD-Wähler, insbesondere die AfD-Neuwähler eint, dass sie mit der Politik der Bundesregierung unzufrieden sind, so das Ergebnis des RTL/ntv-Trendbarometers.

Und für den Verfassungsrechtler Battis heißt das: „Man muss die politische Auseinandersetzung suchen, mehr zuhören, mehr auf die Menschen eingehen, präsenter auf den Marktplätzen sein.“ Ein Verbotsverfahren für die AfD, wie es derzeit gefordert wird, hält er für nicht erfolgversprechend. Die Forderung aber, Björn Höcke (51) wegen seiner politischen Gesinnung, seinen rechtsextremen Äußerungen, die Grundrechte in Teilen zu entziehen, wie es auch gerade eine Petition fordert, hingegen schon: „Höcke ist eine Figur mit Symbolcharakter, wenn ich Politiker wäre, würde ich vermutlich diesen Weg gehen.“

Wie denkt ihr darüber - stimmt hier ab!

Hinweis: Das Ergebnis der Umfrage ist nicht repräsentativ.

Und was können wir selbst machen?

Wir alle haben die Möglichkeit, das Meinungsbild im Land zu verändern. Uns öffentlich gegen Ausländerfeindlichkeit, gegen Hass, gegen Antisemitismus zu stellen. „Klar Flagge zeigen, sich zu äußern, auf Demos gehen, den Mund aufmachen, nicht klein beigeben!“

Und das tun inzwischen immer mehr Menschen. So sind in den vergangenen Tagen zehntausende Menschen in Ost und West auf die Straße gegangen, um gegen Rechts zu demonstrieren. Und auch in den nächsten Tagen finden weitere Demos in unterschiedlichen Städten statt.

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