Es wog keine 300 Gramm

„Rettung in letzter Sekunde" - Otterbaby Nemo wäre fast im Hochwasser ertrunken

von Thorsten Sleegers

Nemos Geschichte klingt wie ein Weihnachtswunder.
Als im Dezember 2023 Sturm und Hochwasser große Teile von Niedersachsen in Atem halten, wäre das Otterbaby um ein Haar in seiner Höhle ertrunken. Nur durch einen Zufall wurde es damals von Melina Hennig vom Wisentgehege Springe gefunden. Die Tochter des Tierpark-Chefs hat den Winzling von Hand aufgezogen. Heute folgt der kleine Otter der 26-jährigen auf Schritt und Tritt und geht auch beim RTL-Besuch auf Kuschelkurs.

In Otterhöhle zurückgelassen

Otterbaby ist Handaufzucht
Findelkind Nemo wird von Hand aufgezogen.
Melina Hennig, Wisentgehege Springe, RTL

Während ich mit Nemos menschlicher Ziehmutter Melina Hennig über seine unglaubliche Geschichte spreche, turnt Nemo zwischen uns herum, lässt sich am Bauch kraulen oder knabbert verspielt an unseren Fingern. Da ist allerdings Vorsicht geboten, denn die Zähnchen sind spitzer geworden, und inzwischen ist der Fischotter ein halbes Jahr alt. Wog er anfangs keine 300 Gramm, bringt er inzwischen fast sechs kg auf die Waage.

Nach den heftigen Überschwemmungen im Dezember 2023 war auch im Wisentgehege Springe Land unter, viele Tiere mussten vorübergehend evakuiert werden. Als am nächsten Morgen bei der Fütterung ein Otterweibchen fehlte, machten sich die Tierpfleger auf die Suche. In der Otterhöhle war zwar nicht das vermisste Weibchen, dafür aber der kleine Nemo. Das Hochwasser stand bereits bis kurz vor dem Höhleneingang. „Das war Rettung in letzter Sekunde“, erzählt mir Melina Hennig, die seit ihrem elften Lebensjahr Erfahrung mit der Handaufzucht von Wildtieren hat. Zum Glück war auch kurz darauf das vermisste Tier wieder aufgetaucht.

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Eine tierische Freundschaft fürs Leben

Otterbaby in letzter Sekunde gerettet
Nemo wog keine 300 Gramm, als er gefunden wurde.
Wisentgehege Springe, Melina Hennig, RTL

Alle zwei bis drei Stunden ein Fläschchen geben, und das über mehrere Wochen. Die Aufzucht des Mini-Otters hat Melina Hennig (26) Einiges abverlangt. „Er brauchte seine Bezugsperon, und ich musste rund um die Uhr für ihn da sein“, erzählt die tiermedizinische Assistentin. Als Tochter des Chefs im Wisentgehege Springe ist Melina ein alter Hase. Egal ob Waschbären oder Otter, bereits als Elfjährige hat sie verletzte oder verwaiste Wildtierbabys aufgezogen. Kein Wunder, dass die Beiden ein Herz und eine Seele sind!

Seit einiger Zeit hat Nemo allerdings das Haus der Familie Hennig verlassen und wohnt in einem eigenen Gehege. „Weil er aber am liebsten in unserem Ententeich schwimmt, spazieren wir da täglich hin“, berichtet sie. Auf dem zehnminütigen Fußmarsch staunen die Besucher des Parks nicht schlecht, wenn plötzlich ein Fischotter an ihnen vorbei flitzt.

Nemo musste erst Schwimmen lernen

Besuch bei Otter Nemo
RTL-Reporter Thorsten Sleegers mit Melina und Nemo
Florian Stege, RTL

Diese Fähigkeit ist Ottern nämlich nicht angeboren. In freier Wildbahn packt das Muttertier ihren Nachwuchs am Fellkragen und zieht ihn mit hoher Geschwindigkeit durchs Wasser. So kommen die Kleinen auf den Geschmack und fangen irgendwann an, selbst zu paddeln. Keine leichte Herausforderung für Melina, denn mitten im Winter mit dem kleinen Nemo in den Teich zu springen, wäre keine gute Option gewesen. Sie hat ihm das Schwimmen im Aqua-Trainer der örtlichen Tierarztpraxis beigebracht, bis Nemo schließlich in seinen geliebten, großen Ententeich durfte. Was es da alles zu erkunden gibt, seht ihr im Video.