Urteil im Brokstedt-Prozess

Nach tödlicher Messerattacke in Regionalzug - lebenslange Haft für Ibrahim A.

Ibrahim A. wird in den Gerichtssaal gebracht.
Ibrahim A. wird in den Gerichtssaal gebracht.
RTL
von Johanna Kroke und Dania Maria Hohn

Der Angeklagte soll aus Frust gehandelt haben!
Nach zehn Monaten findet der Mordprozess um die Messerattacke im Zug bei Brokstedt (Schleswig-Holstein) einen Abschluss. Das Landgericht Itzehoe hat den Angeklagten Ibrahim A. am Mittwoch (15. Mai) wegen Mordes und versuchten Mordes verurteilt.

Staatsanwaltschaft: Niedere Beweggründe und Heimtücke

Der 34-Jährige hat während der Urteilsverkündung seinen Kopf auf die Hände gestützt, schaut nach unten. Als über die Verletzungen seiner Opfer gesprochen wird, hält er sich die Hände vor die Augen.

Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass der 34-Jährige im Januar 2023 zwei Menschen erstochen und vier weitere schwer verletzt hat. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft handelt Ibrahim A. aus niederen Beweggründen und aus Heimtücke. Den Gedanken, wahllos Menschen umzubringen, habe A. schon länger mit sich getragen. Nach einem erfolglosen Termin bei der Ausländerbehörde ist der 34-Jährige frustriert. Wütend habe er den Entschluss gefasst: In Kiel klaut er ein Messer, kauft Betäubungsmittel und steigt ohne Fahrschein erst in einen ICE, dann in den Tatzug.

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Bereits in ihren Plädoyers fordert die Staatsanwaltschaft eine lebenslange Freiheitsstrafe für den Angeklagten, dazu solle die besondere Schwere der Schuld festgestellt werden.

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Ist Ibrahim A. überhaupt schuldfähig?

Zwar sehe der Gutachter psychotische Symptome, aber keine Psychose. Es liege eine schwere posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) vor. Ibrahim A. sei voll schuldfähig. Die Kammer geht demnach von einer PTBS des Angeklagten zur Tatzeit, nicht jedoch von einer Psychose aus, erklärt der Vorsitzende Richter Johann Lohmann bei einem früheren Prozesstag.

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A.s Anwalt sieht das anders: Aufgrund einer psychotischen Störung sei sein Mandant nicht schuldfähig und verlangt die Einweisung in eine forensische Psychiatrie. Für den Fall, dass das Gericht dem nicht folgt, plädiert er auf eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren wegen zweifachen Totschlags sowie vierfacher gefährlicher oder schwerer Körperverletzung.

Blutiger Messerangriff im Regionalzug

Rund 120 Menschen sind am 25. Januar 2023 an Bord des Regionalzugs als es zu dem Angriff kommt. Ibrahim A. zieht ein Küchenmesser, sticht damit auf Passagiere ein. „Der Mann kam mit dem Messer in den erhobenen Händen rein, war blutüberströmt“, berichtet ein Zeuge kurz nach der Tat. Er erlebt mit wie mutige Passagiere den Angreifer stoppen, indem sie ihm einen Koffer entgegenwerfen.

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Eine 17-Jährige und ihr zwei Jahre älterer Freund sterben, vier weitere Menschen werden schwer verletzt. Die Tat beschäftigt auch die Politik, weil es Versäumnisse beim Austausch von Informationen zwischen Behörden gegeben haben soll. Ibrahim A. sei im Gazastreifen aufgewachsen und den Erkenntnissen zufolge 2014 nach Deutschland gekommen. Er lebt zunächst in Nordrhein-Westfalen, zieht später nach Kiel. Bis wenige Tage vor der Tat sitzt Ibrahim A. noch wegen einer anderen Tat in Hamburg in Untersuchungshaft.