Dieser Rentner ist kein gewöhnlicher Taxifahrer

Engel auf vier Rädern: Jürgen und seine Fahrgäste verbindet ein gemeinsames Schicksal

von Rafael Hein und Sophia Haak

Er möchte zuhören und Mut spenden!
Jürgen Carstensen chauffiert mit Leidenschaft kranke Menschen zu ihren Arztterminen. Dabei ist er eigentlich in Rente, könnte die Füße hochlegen. Doch das kommt für ihn nicht infrage. Schließlich wurde auch sein Leben einmal von einer Krebs-Diagnose völlig auf den Kopf gestellt. Warum Jürgen für seine Fahrgäste mehr ist als nur ein Taxifahrer, seht ihr im Video.

Er möchte seinen Fahrgästen Zuversicht geben

Seit nicht mal einem Jahr ist Jürgen Carstensen aus Hattstedt bei Husum Taxifahrer. Davor hatte er mit der Branche überhaupt nichts zu tun. Doch es ist eben nicht einfach das Taxifahren, für das der 67-Jährige in der Rente plötzlich eine Leidenschaft entwickelt hat. Denn Carstensen fährt ausschließlich kranke Menschen zu ihren Klinikterminen, meistens nach Flensburg, Kiel, Lübeck oder Hamburg. „Dort erhalten sie ihre Bestrahlung oder ihre Chemotherapie“, manche auch ihre Dialyse, sagt Carstensen.

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Es ist der Kontakt zu den kranken Menschen und das Gespräch mit ihnen, was den Schleswig-Holsteiner begeistert. „Ich unterhalte mich gern mit den Patienten unterwegs und baue so Vertrauen zu den Menschen auf. Ich versuche ihnen ein bisschen Zuversicht zu geben.“ Kranke Menschen kämpften oft mit ihrer Motivation, daher probiere er die Stimmung ein wenig anzuheben. Der 67-Jährige weiß, wovon er spricht, denn auch ihn traf vor wenigen Jahren ein Schicksalsschlag.

Diagnose Prostatakrebs! Aber es kam ganz anders

Jürgen Carstensen möchte den Job so lange weitermachen, wie es ihm Spaß macht und er körperlich fit genug ist.
Jürgen Carstensen möchte den Job so lange weitermachen, wie es ihm Spaß macht und er körperlich fit genug ist.
RTL Nord

Anfang 2022 ist Jürgen Carstensen gerade in Rente gegangen, als er die Diagnose bekommt, die sein Leben völlig auf den Kopf stellt: Prostatakrebs - der bereits begonnen hatte zu streuen. Er ist vollkommen fertig, fällt in ein tiefes Loch. Zeitweise habe er richtig Angst gehabt, sagt der Taxifahrer. „Am Anfang dachte ich, überlebe ich überhaupt noch Weihnachten? Aber es kam ganz anders.“

Zur Bestrahlungstherapie muss auch er regelmäßig mit dem Krankentaxi nach Flensburg gefahren werden. Zu seinem Glück ist der Fahrer ein Bekannter von ihm, mit dem er sich auf den Fahrten ausgiebig unterhält. „Manchmal haben wir uns so sehr über Gott und die Welt unterhalten, dass wir gar nicht gemerkt haben, dass wir schon in Flensburg bei der Klinik angekommen sind. Und diese Gespräche haben mir wirklich sehr gutgetan“, sagt der 67-Jährige. So gut, dass er sie nach der Bestrahlungstherapie vermisst. Ihm habe wirklich etwas gefehlt, sagt er.

Aus Dankbarkeit wollte er etwas zurückgeben

„Wo kann ich mich denn jetzt austauschen?“, habe er sich gefragt. „Dann habe ich gemerkt, dass ich auch Freude daran haben könnte, so etwas zu tun, so etwas zu machen, einen solchen Job zu haben.“ Gesagt, getan: Als er den Krebs schließlich besiegt, macht Carstensen seinen Taxischein und fängt an, selbst Krankenfahrten zu machen. Denn er sei so dankbar geheilt zu sein, dass er etwas zurückgeben möchte.

Zuhören, sich einfühlen und aufbauende Worte spenden - das kann er dank seiner Vorgeschichte besonders gut: „Ich bin natürlich froh, wenn ich denen sagen kann, dass der Weg auch steil nach oben gehen kann“. Mittlerweile, sagt Carstensen, seien die Taxifahrten auch für ihn zum „Lebenselixier“ geworden. Es mache ihm „unheimlich Spaß“ und er möchte so lange damit weiter machen, wie er Freude daran habe und körperlich fit genug sei. (ija)

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