Kleider ab 2,50 Euro mit oft gefährlichen ChemikalienFast-Fashion aus China: So vermüllt Billig-Mode von Shein die Welt

A woman leaves a pop-up store of Chinese fast-fashion retailer Shein in Paris, France, May 5, 2023. REUTERS/Johanna Geron
Shein pop-up store in Paris
JOH, REUTERS, JOHANNA GERON

Billig bestellt, geliefert und weggeworfen
Ein stylisches Sommerkleid für 3,95 Euro. Die farblich passenden Flipflops gibt es für nur zwei Euro dazu. Das Ganze mit kostenlosen Ohrringen als Ultra-Sale-Angebot für alle, die in den nächsten vier Stunden auf „Bestellen“ klicken. So oder so ähnlich lockt der chinesische Online-Moderiese Shein seine Kunden. Aber die Fast-Fashion-Strategie hat ihren Preis: Mindere Qualität, eine katastrophale Recyclingquote, schlechte Arbeitsbedingungen und Chemikalien, die die zugelassenen Grenzwerte teilweise um das Hundertfache überschreiten.

Ultra-Billig-Mode von Shein: "Kunden gezielt unter Druck gesetzt"

In den extrem günstigen Preisen liegt wohl das größte Erfolgsgeheimnis des 2008 gegründeten Unternehmens Shein (gesprochen Sche-in). Fast 30 Millionen Euro Umsatz hat der Konzern allein im vergangenen Jahr gemacht. Gepaart mit der Tatsache, dass jeden Tag trendige Kleidung auf den Markt geworfen wird. Rund 3.000 Artikel sind es, die täglich neu im Online-Store landen. Oft werden sie von Influencern beworben, die in kurzen Videoclips euphorisch ihre frisch eingetroffene Bestellung auspacken und stolz präsentieren – und natürlich frisch gestylt ihren ganz persönlichen Rabattcode anpreisen.

Die Kunden merken dabei oft nicht, wie sie mit limitierten Sonderangeboten gezielt unter Druck gesetzt werden. Das haben Recherchen von ntv.de ergeben. "Man hat diesen psychologischen Effekt, dieses Defizit-Bedürfnis bei den Kunden auszulösen. Ich muss jetzt sofort bestellen, sonst ist das Teil weg", sagt Christiane Beyerhaus, Professorin für Marketing und Handel an der International School of Management in Berlin, im ntv-Podcast "Wieder was gelernt".

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Fast-Fashion-Gigant Shein: Verseuchte Mode, vor allem bei Kinderkleidung

Für Umwelt und Gesundheit hat das Konzept fatale Folgen, wie jüngst eine Untersuchung von Greenpeace enthüllte. Die Umweltorganisation hatte 47 Artikel von Shein gekauft. Sieben von ihnen enthielten gefährliche Chemikalien, die die Grenzwerte der europäischen Chemikalienverordnung REACH teilweise um das Hundertfache überschritten. In insgesamt 15 Produkten entdeckten Experten gefährliche Chemikalien in besorgniserregenden Mengen. Mindestens eine gefährliche Chemikalie war in 96 Prozent der getesteten Textilien. Darunter Formaldehyd, Schwermetalle und Weichmacher, die nicht nur den Kunden, sondern auch den Arbeitern schaden.

"Erschreckend ist, dass wir vor allem in Kinderkleidung sehr viel Umwelt und gesundheitsgefährdende Chemikalien gefunden haben“, sagte Viola Wohlgemuth von Greenpeace Deutschland zu RTL. Für den Test hatte Greenpeace 42 Testartikel gekauft, nach eigenen Angaben von Shein-Websites in Österreich, Deutschland, Italien, Spanien und der Schweiz sowie fünf Artikel in einem Pop-up-Store in München.

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Chinesischer Mode-Gigant Shein: Wachstum und Expansion um jeden Preis

Auf Anfrage von RTL teilte das Unternehmen mit, es nehme die Sicherheit seiner Produkte sehr ernst. Lieferanten müssten die Standards einhalten, darunter die europäische REACH-Verordnung. Shein arbeite eng mit internationalen Prüfstellen zusammen, um regelmäßige Tests auf Produktsicherheitsstandards durchzuführen.

Bislang produziert Shein seine Bekleidung in China und verkauft sie ausschließlich im Ausland, vor allem in den USA und Europa. Vereinzelt gibt es zudem Pop-up-Läden. Anfang März etwa für eine Woche in Berlin. Der Moderiese will weiter expandieren. Insidern zufolge ist eine Fabrik in Mexiko geplant, um näher an den Märkten produzieren zu können. Über den endgültigen Standort sei aber noch nicht entschieden, hieß es.

Das Unternehmen werde Mittel aus seiner jüngsten Kapitalerhöhung in Höhe von zwei Milliarden Dollar zur Finanzierung der Expansion verwenden, weil es einen Börsengang in den USA anstrebe. Zwar lehnte Shein ab, sich zu dem Plan zu äußern, erklärte jedoch, dass es bei der Expansion in neue Märkte auf Lokalisierung setze. Dadurch ließen sich die Versandzeiten verkürzen und die Vertriebskosten für Kunden in Lateinamerika senken. (sbl)

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