Thomas Wicht (28) verhindert Todes-Drama in LübeckBus-Fahrgast wird zum Lebensretter: „Der Kopf arbeitet nicht mehr“

ARCHIV - 29.01.2024, Schleswig-Holstein, Lübeck: Blick auf das Holstentor. Das Holstentor ist das Wahrzeichen der Hansestadt Lübeck. Das Holstentor wurde zwischen 1464 und 1478 erbaut. (zu dpa: «Aktionskünstlerin will Schaumteppich um das Lübecker Holstentor legen») Foto: Marcus Brandt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Das Holstentor ist das Wahrzeichen der Hansestadt Lübeck. Thomas Wicht hat verhindert, dass es in der Nähe des Holstentores zu einer Katastrophe kommt.
Marcus Brandt, DPA BF/Privat
von Johanna Kroke und Daniel Kandora

„Man denkt nicht mehr nach“
Thomas Wicht sitzt als ganz normaler Fahrgast in einem Bus in Lübeck, als der Fahrer plötzlich ohnmächtig wird – während der Fahrt! Also versucht der Passagier alles, um eine Katastrophe zu verhindern.

Passagier handelt geistesgegenwärtig

Am Samstag (11. Mai) ist der 28-jährige Thomas Wicht aus Lübeck zusammen mit seiner besten Freundin eigentlich auf dem Weg in den Hansa-Park. Mit dem Bus wollen die beiden Richtung Hauptbahnhof, als seine Begleiterin ein ungewöhnliches Geräusch bemerkt. „Und dann habe ich auf einmal nach vorne geguckt, Richtung Busfahrer, und dann habe ich schon den Kopf vom Busfahrer gesehen, dass er nur noch an dieser Plastikscheibe hängt.“

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Der Bus fährt einfach weiter

Der 28-Jährige denkt nicht lange nach und rennt nach vorne. Er versucht, die Tür zur Fahrerkabine aufzubekommen – ohne Erfolg. Durch die Trennscheibe versucht er dann, das Bein des offenbar bewusstlosen Fahrers vom Gaspedal wegzubekommen, denn das tonnenschwere Gefährt fährt immer noch weiter! Parallel dazu muss Thomas Wicht immer wieder gegenlenken, um nicht in den Gegenverkehr oder auf den Bürgersteig zu geraten. „Die Leute hinten am Schreien, ich dann irgendwie nur noch am Machen“, schildert er weiter. „Dann habe ich Fußgänger gesehen, zwei, drei Meter vor dieser Riesen-Glasscheibe, plus einen Rollstuhlfahrer.“

Passagier verhindert Katastrophe

Wieder will Thomas Wicht das Bein des Busfahrers irgendwie vom Gaspedal bekommen und lenkt scharf links, „dass wir irgendwie die nicht anfahren.“ Es klappt – und endlich kommt auch der Bus zum Stehen. „Der Kopf arbeitet nicht mehr“, meint Wicht nach seiner lebensrettenden Aktion, „er handelt einfach nur noch. (...) Man denkt über nichts mehr nach, nur noch, ach du Scheiße, diese Menschen, diese Menschen.“

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Fahrgäste bleiben nahezu unverletzt

Wie die Polizei später mitteilt, bleiben die insgesamt 20 bis 25 Fahrgäste unverletzt, fünf von ihnen erleiden einen Schock. Thomas Wicht selbst renkt sich bei seiner Aktion einige Wirbel aus und erleidet Prellungen an Schulter und Ellenbogen. Die Schmerzen merkt er aber erst einen Tag später, als das Adrenalin langsam nachlässt.

„Eigentlich laufen da, weiß ich nicht, Schulklassen lang, Menschenmassen, alle in die Stadt Richtung Holstentor, um da ein Bild zu machen. Wir können glaube ich alle dankbar sein, dass so wenige einfach da waren, um noch ausweichen zu können!“