Migrationsexperte: "In Deutschland haben nur 18 Prozent der Ukrainer einen Job"Warum arbeiten Ukrainer in Deutschland seltener als anderswo?

Geflüchtete aus der Ukraine dürfen längst in Deutschland arbeiten - sie tun es aber deutlich seltener als etwa in Polen, den Niederlanden oder Dänemark.
Woran liegt das? Hubertus Vollmer von ntv.de hat darüber mit Migrationsexperte Dietrich Thränhardt gesrpochen.
In den Niederlanden "liegt die Beschäftigungsquote bei mehr als 50 Prozent. In Deutschland haben nur 18 Prozent der Ukrainer einen Job."
Herr Thränhardt, Sie haben in der FAZ darauf hingewiesen, dass ukrainische Kriegsflüchtlinge in anderen Ländern sehr viel häufiger Arbeit gefunden haben als in Deutschland. Woran liegt das in erster Linie?
Dietrich Thränhardt: Die Gründe dafür sind komplex, aber in erster Linie liegt es an den komplizierten Regelungen in Deutschland. Ein zweiter Grund ist die mangelhafte Digitalisierung, ein dritter die Anlehnung an das Asylverfahren.
Für die Ukrainer wurde eine Ausnahme gemacht, sie müssen kein Asylverfahren durchlaufen, sondern bekommen beispielsweise direkt Bürgergeld.
Dietrich Thränhardt: Dennoch wurden für den bürokratischen Prozess viele Elemente des Asylverfahrens faktisch übernommen. Zudem hat das deutsche Gesetz die Ukrainer ursprünglich in das Asylbewerberleistungsgesetz einbezogen. Das ist am 1. Juni 2022 geändert worden, was zur Folge hatte, dass alle bis dahin eingeleiteten Verfahren umgestellt werden mussten. Für die Verfahren und die Leistungsbezieher war nun eine neue Behörde zuständig, die Bundesagentur für Arbeit. Das ist ein entscheidender Grund für die Verzögerung.
Auch ohne solche Umstellungen ist die deutsche Bürokratie nicht gerade für ihre Schnelligkeit bekannt.
Dietrich Thränhardt: In den Niederlanden mussten sich die Ukrainer nur bei der Gemeinde anmelden. Dort erhielten sie schnell einen Hinweis auf die Zeitarbeitsfirmen, die ja ohnehin eine niederländische Spezialität sind. Deshalb wurde dort zügig damit angefangen, die Ukrainer in Beschäftigung zu bringen. Heute liegt die Beschäftigungsquote bei mehr als 50 Prozent. In Deutschland haben nur 18 Prozent der Ukrainer einen Job.
Die höchste Beschäftigungsquote gibt es in Dänemark. An sprachlichen Hürden kann es also nicht liegen. Was machen die Dänen besser?
Dietrich Thränhardt: Die Beschäftigungsquote liegt in Dänemark aktuell bei 77 Prozent. Die Dänen hatten schon immer ein sehr leistungsfähiges System von einer Kombination von großzügigen Sozialleistungen und einem vergleichsweise weitgehenden Verzicht auf Kündigungsschutz. Man kann also relativ schnell seinen Job verlieren, aber wer arbeitslos wird, bekommt auch sehr großzügige Leistungen und schnell eine neue Beschäftigung. Diese Flexibilität hat sich offensichtlich auch bei den Ukrainern bewährt.
Arbeit für Flüchtlinge aus der Ukraine: Was läuft in Dänemark und Polen anders?
Sie haben Anfang des Jahres eine Studie für die Friedrich-Ebert-Stiftung erstellt, damals lag die Beschäftigungsquote in Dänemark noch bei 53 Prozent. Wissen Sie, was in der Zwischenzeit passiert ist?
Dietrich Thränhardt: Die Beschäftigungsquote hat sich einfach stetig erhöht. Die Überraschung ist weniger, dass sie sich von 53 auf 77 Prozent erhöht hat, sondern dass sie schon Ende 2022 so hoch war.
In Polen wird damit gerechnet, dass die ukrainischen Flüchtlinge dem Staat in diesem Jahr mehr Steuern einbringen als Kosten verursachen. Wie kann das sein?
Dietrich Thränhardt: Hier muss man bedenken, dass der polnische Staat sehr wenig Leistungen ausgibt. Die ukrainischen Flüchtlinge bekommen zwar das volle Kindergeld, wie alle Einwohner Polens. Andere Sozialleistungen sind allerdings auf Menschen mit Behinderung oder Krankheiten sowie auf Familien mit mehr als vier Kindern beschränkt. Alle anderen sind auf Arbeit angewiesen. Deswegen würde ich eher westeuropäische Länder wie Dänemark und die Niederlande zum Vergleich heranziehen. Gleichwohl ist die starke Arbeitsaufnahme und vor allem auch der Zug in die Selbstständigkeit in Polen faszinierend.
In Deutschland muss man in der Regel einen Meisterbrief vorweisen, um einen Friseurladen zu betreiben. Die Handwerkskammern würden vermutlich sagen: Das muss auch so bleiben.
Dietrich Thränhardt: In Detail kann ich zu den rechtlichen Unterschieden mit Blick auf die Selbstständigkeit in Polen und Deutschland nicht viel sagen, aber offensichtlich funktioniert das in Polen deutlich besser. Der "Tagesspiegel" hat mal über den Fall einer ukrainischen Konditorin berichtet, die sich nicht selbstständig machen durfte, weil sie kein Deutsch sprach. Ganz generell erleben viele Ukrainer Deutschland als extrem bürokratisch.
"Ich gehe allerdings schon davon aus, dass es eine Gewöhnung an den Sozialhilfebezug gibt."
Auch ukrainische Krankenschwestern dürfen nur in deutschen Krankenhäusern arbeiten, wenn sie Zeugnisse vorweisen können und Sprachkenntnisse erworben haben. Ist das nicht sinnvoll?
Dietrich Thränhardt: Natürlich sind Sprachkenntnisse wichtig. Aber wir haben eine ganze Reihe von russischsprachigen Patienten in Deutschland. Von daher wäre es sinnvoll gewesen, von Anfang an eine gewisse Beschäftigung von ukrainischen Ärztinnen und Krankenschwestern zuzulassen und sie schrittweise Deutsch lernen zu lassen. Das hat man versäumt. In der Slowakei ist das geschehen, in Italien wurde es gesetzlich in die Wege geleitet, mit einem gewissen Erfolg. In Deutschland hat sich die Konferenz der Gesundheitsminister über Monate, inzwischen kann man sagen: über Jahre damit beschäftigt. Bislang ohne Ergebnis. Es gibt nur eine sehr geringe Zahl von ukrainischen Ärztinnen und Ärzten, die in Deutschland praktizieren, und die konnten vermutlich schon vorher Deutsch.
Sie schlagen auch vor, dass die Bundesländer verstärkt ukrainische Lehrkräfte einstellen.
Dietrich Thränhardt: Sachsen hat sehr früh angefangen, ukrainische Lehrerinnen einzustellen, zunächst mal für ukrainische Kinder. Aber Sachsen ist einen zweiten Schritt gegangen. Nachdem man dort die Erfahrung gemacht hat, dass diese Lehrerinnen nach und nach Deutsch lernen, ist Sachsen nun dabei, sie ins System zu integrieren. Angesichts der Tatsache, dass mittlerweile in allen Bundesländern Menschen ohne Lehrerausbildung an den Schulen eingesetzt werden, ist das sicherlich keine schlechte Idee.
In der politischen Debatte wird mitunter suggeriert, dass zumindest ein Teil der ukrainischen Flüchtlinge sich auf dem Bürgergeld ausruht. Ist das Bürgergeld ein Pull-Faktor?
Dietrich Thränhardt: Die Länder mit der höchsten Dichte an Ukrainern sind die Tschechische Republik, dann Polen, die baltischen Staaten und Bulgarien. In der Tschechischen Republik ist jetzt jeder 30. Einwohner ein Ukrainer oder eine Ukrainerin - 3,3 Prozent der Bevölkerung. In Deutschland sind es 1,3 Prozent der Bevölkerung. Das spricht dagegen, dass die Entscheidung, in ein Land zu gehen, in erster Linie von der Sozialhilfe abhängt. Sonst müssten die Ukrainer alle in Luxemburg, Deutschland und Dänemark sein, denn die Ukrainer sind ja frei, wo sie hingehen wollen. Ich gehe allerdings schon davon aus, dass es eine Gewöhnung an den Sozialhilfebezug gibt. Für viele geflüchtete Ukrainerinnen dürfte rein finanziell betrachtet gelten, dass sie damit besser leben können als in der Ukraine.
Was müsste Deutschland ändern, um die Beschäftigungsquote von Ukrainerinnen und Ukrainern zu erhöhen?
Dietrich Thränhardt: Ganz generell müssten die Genehmigungsverfahren vereinfacht und beschleunigt werden. Vor allem in Bereichen wie Medizin und Schule müsste der Staat aktiv werden, um Beschäftigung voranzutreiben. Dort müssten Zugangsbeschränkungen abgebaut werden, wie das in Italien für den Gesundheitsbereich geschehen ist. Insgesamt müsste sehr viel mehr Aktivität entfaltet werden. Ich habe den Eindruck, dass der deutsche Staat abwartend auf die ukrainische Zuwanderung und die ukrainische Flucht reagiert und sich vor allem auf die Sozialsysteme verlässt. Das ist aber eine Haltung, die nicht weiterführt, wenn es nicht um ein paar Wochen oder Monate geht, sondern um Jahre. Denn es liegt ja auf der Hand, dass dieser Krieg noch mehrere Jahre dauern kann und es dann zum Teil auch zu einer endgültigen Einwanderung kommen wird.
War es aus Ihrer Sicht trotzdem eine richtige Entscheidung, die ukrainischen Flüchtlinge nicht so einzustufen wie andere Kriegsflüchtlinge, sondern sie gewissermaßen pauschal anzuerkennen?
Dietrich Thränhardt: Ja, auf jeden Fall. Sonst hätten wir einen Zusammenbruch des gesamten Asylwesens erlebt. Und Europa kooperiert bei den Ukrainern ohne Spannungen.
Mit Dietrich Thränhardt sprach Hubertus Volmer von ntv.de. Dort erschien das Interview zuerst.
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