Neurologe warnt: „Dann braucht man einen Rollstuhl“Schwere Rückenmarksschäden durch Lachgas! Warum die Partydroge so gefährlich ist

ARCHIV - 05.08.2019, Niederlande, Amsterdam: Ein Straßenhändler verkauft mit Lachgas gefüllte Luftballons in einem Vergnügungsviertel von Amsterdam. (Zu dpa: ««Nicht cool» - Experte befürchtet wachsenden Lachgas-Konsum » ) Foto: Annette Birschel/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Lachgas ist die neue Partydroge. Experten sind besorgt.
sab cul sab jai fc ggr, dpa, Annette Birschel
von Andreas Sause, Anna Steininger und Ingo Jacobs

Immer mehr Jugendliche nutzen Lachgas als Kick für eine lange Partynacht. Ein Kick, der dramatische Folgen haben kann.
Weil es das Rauschmittel ganz legal zu kaufen gibt, fürchtet die EU eine neue Partydroge. Auch Ärzte warnen eindringlich. Doch warum ist Lachgas für Jugendliche so reizvoll? Neurologe Prof. Dr. Christoph Kleinschnitz gibt im Gespräch mit RTL Einblicke in diesen besorgniserregenden Trend. Außerdem erklärt er, welche drastischen Folgen der Lachgas-Konsum haben kann.

Rapper Haftbefehl: Extreme Folgen für den Körper

Lachgas ist eine gefährliche Droge, die sich unter vielen Jugendlichen großer Beliebtheit erfreut. Das Problem: Lachgas, also Distickstoffmonoxid, ist in Deutschland nicht verboten. Es fällt nicht unter die Betäubungsmittel, eine Altersbeschränkung gibt es nicht. Dabei warnte selbst der Offenbacher Rapper Haftbefehl schon vor dem Rauschmittel. Er selbst habe zeitweise „50 Flaschen“ am Tag konsumiert - mit extremen Folgen für seinen Körper.

Nur wenn Lachgas medizinisch eingesetzt wird, fällt es unter das Arzneimittelgesetz. Beworben wird es meist als Nachfüllpatrone für Sahnespender. Nicht nur online scheint der Verkauf zu boomen: Unzählige Anbieter vertreiben die Kartuschen, oft inklusive Luftballons. Auch Kioskbesitzer haben sich auf die Nachfrage eingestellt und bieten eine große Auswahl an Lachgasprodukten an.

Der Hype wird durch Social Media befeuert

Der Neurologe Prof. Dr. Christoph Kleinschnitz weiß, warum die Menschen das Gas inhalieren: „Es wird beschrieben, dass die Leute so ein Entrückungsphänomen und eine Neigung zum Lachen haben, daher der Name Lachgas. Manchmal entwickeln sich auch akustische oder visuelle Halluzinationen.“

25 Euro kostet eine große Patrone, der Inhalt reicht für etwa 80 Ballonfüllungen - ein billiger Rausch. Und der Hype wird durch die sozialen Medien befeuert: Unzählige Videos zeigen Menschen beim Konsum. Menschen, die lachen und ganz offensichtlich gut gelaunt sind. Doch der Schein trügt: Falsch dosiert droht Bewusstlosigkeit, im Extremfall sogar Erstickung. Und: Es drohen dramatische Nervenschäden.

Eure Meinung ist gefragt!

Die Ergebnisse der Umfrage sind nicht repräsentativ.

Neurologe: „Das Schlimmste, was passieren kann, ein Querschnittssyndrom“

AD:2016; ANa: Büscher; ANr:13182; Prof. Dr. Christoph Kleinschnitz ; Direktor der Klinik für Neurologie;
Univ.-Prof. Dr. med. Christoph Kleinschnitz erklärt die dramatischen Folgen von Lachgas-Konsum.
MARTIN KAISER, Martin Kaiser / Medienzentrum UK Essen, Medienzentrum UK Essen

„Neurologisch ist das Schlimmste, was passieren kann, ein Querschnittssyndrom. Man kann Arme und Beine nicht mehr bewegen. Die Koordination fällt aus, weil diese anatomisch wichtigen Nervenfasern im Rückenmark so stark geschädigt sind. Dann braucht man einen Rollstuhl“, erklärt Kleinschnitz.

Lese-Tipp: Gesetz in New York – Keine Sprühsahne mehr für Kinder und Teenager: „Lachgas-Schnüffeln“ entwickelt sich zum Hype

An der Uniklinik Essen, an der der Neurologe arbeitet, gab es schon extreme Fälle. MRT-Aufnahmen machen die Nervenschäden sichtbar. Eine Aufnahme zeigt, dass das Rückenmark geschwollen ist. „Und diese Schwellung und die helle Stelle zeigen uns, dass das Rückenmark an dieser Stelle schwer geschädigt ist.“

Die Rückkehr zur Normalität sei für die Patienten ein langwieriger Prozess. Prof. Kleinschnitz sorgt sich vor allem um Minderjährige. „Je jünger ein Nervensystem ist, desto empfindlicher sind seine Strukturen. Aus medizinischer Sicht sollte hier reguliert werden, dass auch solche Kartuschen in dieser Dosierung nicht mehr verkauft werden dürfen“, fordert er daher. Andere EU-Staaten haben bereits reagiert: In den Niederlanden beispielsweise ist der Besitz und Verkauf von Lachgas inzwischen verboten.