Sommermärchen 2.0 (viel zu früh) zu Ende
Herzschmerz nach EM-Aus! Haben wir alle Fußball-Liebeskummer?

Aus. Vorbei.
Die deutsche Mannschaft ist am Freitagabend aus der EM im eigenen Land geflogen. Und bei vielen sitzt der Schmerz noch immer tief. Während die einen es völlig unverdient finden und sauer sind, herrscht bei den anderen einfach nur Fassungslosigkeit. Ja, sogar Trauer schwingt mit. „Ich bin gebrochen”, schreiben einige User auf Social Media. Symptome, die an Herzschmerz erinnern. Haben wir etwa Fußball-Liebeskummer?
Vorbei, wenn es am schönsten ist - Deutschland trauert nach EM-Aus

Manche von uns haben das Wochenende genutzt, um die Niederlage der deutschen Fußballnationalmannschaft zu verdauen.
Manche von uns sind vielleicht noch lange nicht so weit. Spricht man mit Kollegen oder Freunden oder wirft vielleicht einen Blick in die Kommentarspalten der sozialen Netzwerke, fällt auf: Einige haben immer noch am herben Verlust zu knabbern.
Nachdem Toni Kroos, Jamal Musiala und Co. am Freitagabend gegen Spanien wirklich ALLES auf dem Platz gelassen haben, sind sie dennoch mit einem 2:1-Sieg der Spanier aus dem Turnier gekickt worden.
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Wie kann die deutsche Reise nach einem solch krassen Spiel schon vorbei sein? Wir sind doch gerade erst so richtig in Fahrt gekommen und haben uns endlich mal wieder von Schland verzaubern lassen! Und überhaupt: War das nicht sowieso Handspiel in der 106. Minute, hätten wir nicht einen Elfmeter bekommen müssen?
Wir fühlen uns betrogen, benachteiligt und alles ist irgendwie sinnlos. Zu wem man jetzt halten soll? Keine Ahnung. Falls man die weiteren Spiele überhaupt noch schaut. Manche von uns haben in all ihrer Trauer vielleicht schon gänzlich abgeschlossen mit der EM. Jetzt, wo feststeht, dass es doch kein Sommermärchen 2.0 mehr geben wird.
Deutschland trauert! Und es ist wirklich ein wenig wie Liebeskummer, wie uns die systemische Familienberaterin Ruth Marquardt im RTL-Interview erklärt: „So mancher Fußball-Fan identifiziert sich in diesen Tagen ganz besonders mit seiner Mannschaft, dem deutschen Team. Deutschland verbindet über den Fußball hinaus Menschen und produziert Emotionen - sowohl Jubel und Begeisterung als auch tiefste Trauer. Der Sport bewegt die Massen und die Herzen.”
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Liebeskummer wegen Deutschlands EM-Aus? Ja!
Wirft man einen Blick auf die Symptome, sei die Sache eindeutig, so die Expertin. Deutschland habe mitgefiebert, wir Fans haben spannende Momente erlebt und uns von Herzen über die Siege gefreut. „Wir fühlen uns lebendig, genießen die Verbundenheit. Aufregung und Erregung - beides findet im selben Hirnareal statt. Und wir sind ein wenig wie verliebt”, erklärt Marquardt.
Die EM und auch die damit verbundene Niederlage habe uns gezeigt: Gefühle - sowohl die positiven als auch die negativen - dürfen sein! Denn: „Sie sorgen dafür, dass unser Körper sich lebendig anfühlt. So wie er es nur selten im Alltag am Schreibtisch oder bei stressigen Aufgaben tut. Wir steigen mit dem Fußball aus dem Trott aus.”
Im Spiel baue sich Aufregung auf, wir fiebern mit, wenn der Schuss hinein oder aber vielleicht auch daneben geht. Spannung. Nervenkitzel. Die nächste Chance, dann ein gegnerisches Tor. Unser Blutdruck steigt, wir regen uns auf. Wir sind eins mit der Situation und tauchen ganz ein. Spannung baut sich auf und entlädt sich wieder. 90 Minuten - oder in dem Fall 120 Minuten - feuert unser Gehirn ein Feuerwerk ab und versetzt den Körper in eine Art Rauschzustand.
Und diese vielfältigen Emotionen, ein solches Auf und Ab, gehe nicht nur unter die Haut. Sie brauchen auch eine gewisse Zeit, um verarbeitet zu werden, so die Familienberaterin.
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Gefühle haben sich über Wochen aufgebaut
Das Spiel ist verloren. Wir sind raus. Die Gefühle stürzen ab, wir können es kaum glauben. War das wirklich fair?
Das Schöne ist: „Auch mit solchen Gedanken sind wir wieder ganz eins, Fußball-Deutschland ist sich einig. Und genau das lässt sich nicht auf Knopfdruck abschalten. Es wurde ja schließlich auch über Wochen aufgebaut.” Marquardt sagt: „Dieses Gefühls-Karussell über Wochen - Gespräche mit Freunden, Bekannten, Kollegen, Familienmitgliedern, aber auch Fremden. Wer schaut wo mit wem? Public Viewing, Grillabende, Fußball-Dates gehören wieder zum Alltag, mit deutschen Farben im Gesicht oder auf dem T-Shirt. Das ist eine ungeheure Energie, die sich im ganzen Land aufgebaut hat.”
Diese soll mit dem Ausscheiden der deutschen Nationalmannschaft direkt wieder abebben? Das geht natürlich nicht! „Was sich lange aufbaut, baut sich auch über einen längeren Zeitraum wieder ab. So darf und muss es auch sein. Genießen wir also auch die Trauer. Wir sind stolz, dankbar, ergriffen und traurig.”
Wer Aufmunterung braucht - nur noch 61 Tage bis zum nächsten Deutschland-Spiel

Ruth Marquardt sagt, dass wir über eine verflossene Liebe oft ein Jahr trauern. So lange wird das jetzt, mit dem EM-Aus, nicht dauern. „Aber wenn du jetzt ein paar Tage oder Wochen missmutig durch die Welt läufst, darf das sein. Auch Trauer darf gefühlt und genossen werden. Schließlich sind wir keine Maschinen, sondern Fans aus Fleisch und Blut. Und jedes Gefühl hat seine Berechtigung.” Ist es nicht auch irgendwie schön, dass wir alle so viel fühlen können?
Ansonsten gilt, liebe Fußall-Fans: „Genießt die aktuelle Energie. Auch wenn es schwer ist. Aber das macht unser Leben aus, diese pure Lebendigkeit.”
Am Ende haben wir, Liebeskummer sei dank, gelernt: The Only Way is Through! Die Zeit heilt alle Wunden. Nichts ist so heilsam wie das Durchleben aller Emotionen.
Und wer einen kleinen Lichtblick braucht: In 61 Tagen, am 7. September 2024, könnt ihr der deutschen Mannschaft erneut beim Kicken zusehen. Wenn auch nicht mehr bei der Europameisterschaft.
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