Eigentümer ist reichster Mann Deutschlands

Massenentlassungen, Druck und Angst! Angestellte packen über Kaufland aus

Was passiert hier hinter den Kulissen?
Kaufland macht aktuell einen Umsatz von rund 34 Milliarden Euro pro Jahr. Der Inhaber, Dieter Schwarz, gilt als reichster Mann Deutschlands. Doch wie viel müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dafür täglich aushalten? Team Wallraff hat mit einigen von ihnen gesprochen. Was sie von ihrem Arbeitsalltag erzählen, wirkt teilweise erschreckend.

„Regelmäßig draufhauen, damit ihr euch dreht“

Im Laufe der Recherchen hört Team Wallraff immer wieder eins: Bei Kaufland herrsche angeblich Druck und Angst. Das sagt auch Timo R.*, ehemaliger Filialleiter. Seiner Aussage nach hat das attraktive Gehalt einen hohen Preis: „Das Krasseste ist dann irgendwo nachher, dass es für inoffiziell normal empfunden worden ist, wenn du morgens um 2 oder 3 Uhr anfängst, Lkws entlädst und dann als Führungskraft durchaus mal bis 17, 18 Uhr noch im Haus bist”, so berichtet er.

Man bekomme täglich seine Kennzahlen vorgehalten, per Mail oder in Whatsapp-Gruppen werde Druck von den Vorgesetzten ausgeübt, so Timo R. Er zeigt Team Wallraff Ausschnitte von „Flop-Listen” – wie er sie nennt – in denen unter anderem die fünf Filialen gelistet sein sollen, die am wenigsten Umsatz hätten oder in denen am Vortag am meisten entsorgt worden sein soll. Für Timo R. fühlte sich das an, als würde man öffentlich an den Pranger gestellt, wie er sagt.

„Der ideale Hausleiter ist der, der erstens nix in Frage stellt. Der muss keinen Führungsstil an den Tag legen“, so der Eindruck des ehemaligen Mitarbeiters, „er muss die Zahlen im Griff haben. Eine Führungskraft hat mal gesagt: ‚Ihr seid alle wie meine Brummkreisel – ich muss regelmäßig draufhauen, damit ihr euch dreht.‘

Kaufland nimmt hierzu wie folgt Stellung:

„Wir begegnen unseren Mitarbeitern mit Wertschätzung und auf Augenhöhe. Ein positives Betriebsklima in all unseren Filialen ist uns wichtig. Um dies zu gewährleisten, investieren wir unter anderem kontinuierlich in die Schulung unserer Führungskräfte sowie in attraktive Arbeitsbedingungen.”

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Wird auf die Benotung von angehenden Kaufland-Führungskräften Einfluss genommen?

Ihre Führungskräfte bildet die Schwarz-Gruppe, zu denen Kaufland und Lidl gehören, unter anderem am Bildungscampus Heilbronn aus. Regine W.* ist Professorin an der dortigen Dualen Hochschule. Sie behauptet: „Viele Leute gehen einfach mit Angst zur Arbeit. Sie finden immer was, um Leute unter Druck zu setzen. Dann werden Dinge aufgebauscht, dann werden Drohkulissen aufgebaut (…). Da wird wirklich mit Angst geführt.”

Angeblich gebe es teilweise eine Beeinflussung bei der Bewertung der Studenten von Kaufland: „Ich kenne Kollegen, die massiven Ärger bekommen haben, weil sie Studenten haben durchfallen lassen oder nicht die Noten gegeben haben, die man sich da vorgestellt hat. Da wird man dann zum Kritikgespräch einbestellt und dann wird eben über bestimmte Dinge Druck ausgeübt. Das sind dann so die Spielchen, die gespielt werden“, beklagt Regine W. Die angebliche Devise laut der Professorin: „Macht bloß nichts, was die Schwarz-Gruppe irgendwie verärgern könnte. Das sitze ich dann halt ab und gebe jedem eine Eins und dann ist Ruhe.”

Team Wallraff hat die hier verantwortliche Dieter Schwarz Stiftung GmbH um Stellungnahme gebeten. Die Antwort

„Selbstverständlich gewährleistet die Dieter Schwarz Stiftung bei allen Förderprojekten im Hochschulbereich die Freiheit von Forschung und Lehre.“

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Massenentlassungen für weniger Verantwortung?

Es ist der 31. Januar 2025. Am Kaufland-Logistikstandort Donnersdorf wird demonstriert. Denn bis zu 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – rund zwei Drittel der hier Beschäftigten – sollen ihre Arbeit verlieren. Angeblich, weil sie ersetzt werden sollen: durch Personal von Subunternehmen, die mit Personal aus Osteuropa und sogenannten Werkverträgen arbeiten sollen.

Für dieses Personal wäre Kaufland dann nicht mehr verantwortlich und hätte keine gesetzliche Fürsorgepflicht, weder für Arbeitsunfälle noch für Verstöße gegen die Arbeitszeiterfassung. Unbequeme Mitarbeitende? Damit hätte Kaufland nichts mehr zu tun. „Wir kommen krank auf Arbeit, weil wir Angst haben, dass wir noch vorher entlassen werden. Also es sind katastrophale Zustände für alle“, erzählt eine Mitarbeiterin.

Selbst die Bundespolitik setzt sich für die Tarifbeschäftigten vor Ort ein, appelliert: Keine Werkverträge! Doch vergeblich. Kaufland bestätigt Team Wallraff, dass die Kündigungen beschlossene Sache sind:

„An unserem Logistikstandort in Donnersdorf richten wir unsere Strukturen neu aus, um die Wettbewerbsfähigkeit und Leistungsfähigkeit zu sichern und den Veränderungen in der Logistik rund um das Non-Food-Geschäft Rechnung zu tragen. Daher werden wir die davon betroffenen bis zu 350 Mitarbeiter nicht weiter am Standort beschäftigen können. (...) Wir gehen mit jedem betroffenen Mitarbeiter gemeinsam mit dem Betriebsrat in den Austausch, um eine sozialverträgliche Lösung zu finden.”

Video-Playlist zu „Team Wallraff”

„Team Wallraff – Reporter undercover“ auf RTL+

Ihr habt die neue Folge von „Team Wallraff – Reporter undercover” bei Kaufland verpasst? Die ganze „Team Wallraff”-Folge von Donnerstag könnt ihr jetzt einfach auf RTL+ streamen.

(rka)

*Namen von der Redaktion geändert