Friedhof wird zum Jagdrevier

Stadt Fulda gibt Inzucht-Rehe zum Abschuss frei

von Ines Schöcker

Bleiben am Ort des Gedenkens bald nur noch Erinnerungen an die Rehe?
Guter Geschmack und Leben auf dem Friedhof: Das gibt es auf dem Zentralfriedhof in Fulda mehr als sonst wo. Denn eine Herde Rehe hat den Ort des Gedenkens für sich entdeckt und treibt dort ihr Unwesen. Der Stadt sind die Tiere ein Dorn im Auge. Nun lässt sie die Rehe erschießen. Jetzt wird protestiert!

Die Jagd auf dem Friedhof ist eröffnet: Erste Rehböcke erlegt

Mit etwas Glück und dem richtigen Timing kann man auf dem Zentralfriedhof in Fulda das ein oder andere Reh betrachten. Doch ihre Population hat bereits abgenommen: Zwei der angeblich sieben Tiere sind bereits tot! Der Grund: Sie sollen Grabschmuck fressen und durch Inzucht geschwächt sein.

Lese-Tipp: Tierschützer entsetzt! Menschen schleudern für Klicks ihre Katzen durch die Luft

Als Tanja Rupp und ihre Kollegen von einem Fuldaer Tierschutzverein durch die Lokalpresse von diesem Problem und der drastischen Maßnahme erfahren, sind sie betroffen: „Es ist ein Unverständnis, was sich breit macht, aber auch traurig. Weil wir zerstören den Lebensraum der ganzen Tiere, insbesondere der Wildtiere. Der Mensch breitet sich immer mehr aus und wir geben ihnen einfach wenig Alternativen.“

Grabschmuck, der angefressen ist.
Der Grabschmuck auf dem Zentralfriedhof in Fulda leidet unter den Rehen.
JONAS WENZEL, YOWEGRAPHY

Alle anderen Lösungsversuche blieben wohl ohne Erfolg

Die Stadt Fulda steht auf Anfrage nicht für ein RTL-Interview zur Verfügung, weil man eine weitere mediale Berichterstattung für kontraproduktiv halte. In einer schriftlichen Antwort der Pressestelle heißt es: „Die Entnahme der Tiere ist – nachdem alle anderen Methoden nicht zum Ziel geführt haben – notwendig, weil die isolierte Population leider durch Inzucht geschwächt ist.“ In verschiedenen Medien wird berichtet, es habe etwa Versuche gegeben, die Rehe durch einen Tierarzt zu betäuben, um sie umzusiedeln. Diese seien erfolglos geblieben.

Lese-Tipp: Auf der Flucht: Reh schwimmt der Polizei davon

Die Tierschützerin Tanja Rupp sagt zu RTL: „Der Friedhof ist parkähnlich angelegt, ein sehr großes Areal. Die Tiere haben nicht nur diesen Grabschmuck zum Fressen, da stehen auch sehr viele Bäume und Büsche. Die meisten, die dort auch Angehörige liegen haben, haben uns bestätigt, dass die Tiere sehr friedlich und zahm sind, nicht ängstlich, nicht scheu, sodass sie nicht verstehen, warum eine Betäubung gescheitert ist.“

Ein Hochsitz vor vielen Gräbern auf einem Friedhof.
Auf dem Friedhof steht ein Hochsitz bereit.
JONAS WENZEL, YOWEGRAPHY
Menschen demonstrieren mit Plakaten in der Hand.
Laut einem Fuldaer Tierschutz-Verein haben mehr als 100 Teilnehmer gegen den Abschuss der Rehe demonstriert.
Tierschutz Fulda und Umgebung e.V.

Demo für friedliche Lösung der Reh-Thematik

Die Tierschützer möchten den Abschuss nicht akzeptieren und haben am Sonntag (5. Mai) eine Demonstration veranstaltet - mit mehr als hundert Teilnehmern, berichtet Tanja Rupp. Mittlerweile sei sogar die Bevölkerung aktiv geworden: Die Menschen hätten Briefe an die Stadt sowie lokale Presse gesendet und sogar Zettel an einem Hochsitz auf dem Friedhof angebracht – verbunden mit der Bitte, die Tiere nicht zu erschießen. Auch eine Online-Petition gegen die Tötung der Rehe auf dem Zentralfriedhof wurde ins Leben gerufen - mit bereits annähernd 1.400 Unterschriften (Stand 8. Mai).

Lese-Tipp: 24 Rehe qualvoll gestorben - wurde ihnen Kirschlorbeer zum Verhängnis?

Die Stadt habe bisher keine Gesprächsbereitschaft signalisiert, doch die Tierschützer geben nicht auf: „Wir wünschen uns, dass man über die ganze Thematik noch mal nachdenkt und hoffen, dass wir noch mal sprechen können mit der Stadt Fulda, um die ganze Thematik zu besprechen, dass der weitere Abschuss erst mal gestoppt wird. [...] Uns ist jedes Leben wichtig.“