Streit ums Elterngeld bei Anne Will
"Wir kommen dahin zurück, wo eine Frau kein eigenes Geld mehr hat, wenn sie nicht gespart hat"

Bundesfamilienministerin Paus will das Elterngeld kappen. Prompt hagelt es Kritik, auch aus der FDP. In der ARD-Talkshow Anne Will haben sich am Sonntagabend die Gäste darüber unterhalten.
Familienministerin Paus: "Ich hatte einen Einsparbeitrag zu leisten"
Besserverdienende sollen kein Elterngeld mehr bekommen. Das will Bundesfamilienministerin Paus von den Grünen. In der vergangenen Woche ist darüber ein Streit in der Ampelkoalition ausgebrochen. Die FDP ist dagegen, die Unionsparteien unterstützen sie dabei.
Die Ministerin möchte das Geld in Zukunft nur noch an Familien mit einem Bruttoeinkommen von höchstens 15.000 Euro monatlich zahlen. "Ich hatte einen Einsparbeitrag zu leisten", begründet sie den Schritt bei Anne Will. Beim Elterngeld zu streichen sei besser als bei der Kindergrundsicherung oder anderen Leistungen für Familien mit niedrigen Einkommen. Das Elterngeld wird aus dem Bundeshaushalt gezahlt. Den will der Bundestag im Herbst beschließen. Bis dahin sei sie offen für Verbesserungsvorschläge, so Paus.
Lese-Tipp: Mehrheit für Elterngeld-Streichung bei hohem Einkommen
FAZ-Parlamentskorrespondentin Bubrowski kritisiert Elterngeld-Pläne
Wer reich ist, braucht das Elterngeld nicht wirklich. Das ist die Meinung aller Gäste. Doch der regierende Bürgermeister von Berlin ist trotzdem gegen dessen Kappung. Das Elterngeld sei keine Sozialleistung, erklärt Kai Wegner von der CDU. "Es soll jungen Akademikern die Möglichkeit geben, sich auch wirklich für Kinder zu entscheiden. Sie legen die Axt an diese Familienförderung an, wenn Sie so massiv kürzen. Das Elterngeld jetzt abzuschaffen halte ich für den falschen Schritt."
"Ich werde das Elterngeld natürlich nicht abschaffen", antwortet die Ministerin, "Wir legen nicht die Axt an." An den Leistungen selber ändere sich nichts.
Lese-Tipp: Elterngeld, Kindergeld, Kinderzuschlag: Welche Leistungen Familien zustehen!
Das dürfte auch FAZ-Parlamentskorrespondentin Helene Bubrowski klar sein. Dennoch sagt sie: "Ich finde, das ist kein guter Schritt." Deutschland habe in den letzten Jahrzehnten familienpolitisch nicht allzu viel hinbekommen und auch zu wenig für die Gleichstellung von Frauen getan. Dann lobt sie: "Das Elterngeld war ein großer familienpolitischer Schritt." Aber sie fürchtet:
"Wenn wir das Elterngeld für die reicheren Familien abschaffen, kommen wir wieder in eine Zeit zurück, wo man seinen Ehemann fragen muss, ob man mal 100 Euro für einen Friseurbesuch haben kann. Wir kommen dahin zurück, wo eine Frau kein eigenes Geld mehr hat, wenn sie nicht gespart hat. Und ich finde, wir sollten da nicht mehr stehen."
Filmemacherin Julia Friedrichs fordert bessere Infrastruktur statt finanzielle Unterstützung

Das sieht Filmemacherin Julia Friedrichs ganz anders. Sie hat mehrere Dokus über Kinder gemacht, die an der Armutsgrenze leben, und kann die Diskussion ums Elterngeld nicht verstehen. "Wir sprechen hier von den zwei Prozent Topverdienenden, die froh sein können, dass sie den Staat nicht brauchen." Dass das Elterngeld wie jetzt nach dem Gießkannenprinzip ausgeschüttet werde, habe dazu geführt, dass der Staat nicht denen helfe, denen er helfen müsse. "Das ist doch krass: Jemand, der 180.000 Euro brutto hat, bekommt Hilfe vom Staat, um das erste Jahr mit der Familie zu lösen. Der braucht doch eher gute Kitaplätze und eine funktionierende Infrastruktur, aber der braucht doch keine 1.800 Euro zusätzlich im Monat."
In den letzten Monaten waren die Entscheidungen der Ampelkoalition bei der Mehrheit der Deutschen eher unbeliebt. Doch zumindest die Elterngeld-Kappung kommt nach letzten Umfragen gut an.
Politik & Wirtschaftsnews, Service und Interviews finden Sie hier in der Videoplaylist
Spannende Dokus und mehr
Sie lieben spannende Dokumentationen und Hintergrund-Reportagen? Dann sind Sie auf RTL+ genau richtig: Sehen Sie die Geschichte von Alexej Nawalny vom Giftanschlag bis zur Verhaftung in „Nawalny“.
Oder: Die Umstände des mysteriösen Tods von Politiker Uwe Barschel werfen auch heute noch Fragen auf. Sehen Sie auf RTL+ die vierteilige Doku-Serie „Barschel – Der rätselhafte Tod eines Spitzenpolitikers“.
Wie läuft es hinter den Kulissen von BILD? Antworten dazu gibt es in der spannenden Doku „Die Bild-Geschichte: Die geheimen Archive von Ex-Chef Kai Diekmann.“ Er hat Politiker kennengelernt, Skandale veröffentlicht und Kampagnen organisiert. Die Doku wirft einen kritischen Blick auf seine BILD-Vergangenheit.