Ein Kommentar zum Welt-Zöliakie-TagGlutenfrei ist für mich keine Modeerscheinung, sondern lebenswichtig!

Die Zöliakie ist seit Jahren mein täglicher Begleiter – und wird es für immer bleiben.
Dass Lebensmittelunverträglichkeiten heutzutage oft als „Modeerscheinung“ abgestempelt werden, macht es für mich nicht leichter. Ich lebe mit der Einschränkung, nie wieder auch nur einen Krümel Gluten zu mir nehmen zu dürfen – andernfalls hätte das ernsthafte gesundheitliche Folgen für mich. Anlässlich des Welt-Zöliakie-Tages am 16. Mai soll das hier ein Denkanstoß für all jene sein, die „glutenfrei“ bislang nicht ernst genommen, sondern vielmehr belächelt haben.
Unentdeckt kann sie ernste Folgen haben: Zöliakie ist keine Modekrankheit
Seit mittlerweile neun Jahren hat ein kleines Wort einen enormen Einfluss auf mein Leben: „glutenfrei“. Denn vor neun Jahren wurde bei mir Zöliakie diagnostiziert – eine chronische Immunerkrankung, die eine streng glutenfreie Ernährung verlangt. Der Grund: Ähnlich wie bei Bakterien versucht der Körper, Gluten zu bekämpfen, wenn es in den Darm gelangt. Die Folge: Die Dünndarmschleimhaut entzündet sich, Nährstoffe können nicht mehr richtig aufgenommen werden, es kommt zu Mangelerscheinungen. Schon die kleinsten Krümel oder gar Spuren können ernsthafte gesundheitliche Folgen haben.
Lese-Tipp: Zöliakie-Checkliste: Diese Symptome deuten auf eine Glutenunverträglichkeit hin
Das bedeutet für mich, dass ich bei jedem Einkauf die Zutatenlisten aller Produkte checken muss, die im Einkaufswagen landen sollen. Das ist nicht nur ein zeitlicher Aufwand, auch preislich schlagen speziell glutenfreie Produkte enorm zu Buche. Ein Beispiel: 500 Gramm normale Fussilli-Nudeln bekommt man für rund einen Euro. 500 Gramm der glutenfreien Variante kosten rund 1,70 Euro. Wie sich derartige Preisunterschiede auf einen kompletten Einkauf mit Mehl, Brot etc. auswirken, kann sich wohl jeder vorstellen.
Im Video: Zöliakie das passiert im Körper, wenn Betroffene Gluten essen
Glutenfrei ist nicht trendy
Doch als wären die zuvor genannten Punkte nicht schon genug Einschränkung, kommt hinzu, dass es gar nicht für alle Lebensmittel, die ich vor der Diagnose gerne gegessen habe, eine glutenfreie Alternative gibt und dass viele Cafés oder Restaurants keine glutenfreien Speisen anbieten.
Das Leben mit Zöliakie bedeutet also vor allem eines: ein Leben mit Verzicht. Allerdings ist man bereit, diese Einschränkungen zu akzeptieren. Für die eigene Gesundheit – denn die ist nun mal das höchste Gut.
Was ich – wie auch viele andere Betroffene – jedoch nicht bereit bin zu akzeptieren, sind gewisse Reaktionen anderer Menschen. Während das Wort glutenfrei bei den einen ernsthaftes Interesse weckt, wird man von anderen hingegen belächelt, sobald man erwähnt, dass man glutenfrei essen muss. Der ersten Gruppe antwortet man gerne auf Fragen; erklärt, welcher Grund dahinter steckt – gerne auch immer wieder aufs Neue. Denn Aufklärung ist bei diesem Thema enorm wichtig. Aus dem Grund, da es eben auch die zweite Gruppe von Menschen gibt: diejenigen nämlich, die dafür sorgen, dass man sich als Betroffener ganz genau überlegt, ob man offen mit seiner Erkrankung umgeht, oder ob man es nicht doch lieber versucht zu verbergen. Diejenigen, die „glutenfrei“ als Modeerscheinung und eine Glutenunverträglichkeit als Modeerkrankung abtun.
Doch Zöliakie ist nun einmal alles andere als das: Wenn man Zöliakie hat, ist es keine Entscheidung, glutenfrei zu essen, es ist eine Pflicht. Auch macht man das nicht, weil glutenfrei gerade in ist, sondern weil der Verzehr von Gluten Schmerzen und verheerende Langzeitfolgen bewirken würde. Eines kann ich ganz gewiss sagen: Wenn ich es nicht müsste, würde ich kein glutenfreies Leben führen, denn es ist alles andere als spaßig oder trendy – was würde ich nicht alles dafür geben, mir ein Schokobrötchen beim Bäcker nebenan holen zu können!
Doch das geht nicht, nicht mal nur einmal im Jahr – Cheat Days sind keine Option, nie!
Ein Appell an alle, die glutenfrei bisher eher belächelt haben
Daher hier ein Appell an alle, die glutenfrei bisher nicht ernst genommen, sondern es eher belächelt haben: Wie auch in allen anderen Bereichen sollte man die Lebensstile anderer Menschen nicht gleich in eine (Mode)Schublade stecken – schon gar nicht, wenn man die Hintergründe nicht kennt.
Und zu guter Letzt ein paar Klassiker, die Menschen mit Zöliakie immer wieder hören, aber einfach nicht mehr hören können:
„Glutenfrei leben, das könnte ich ja nicht!“ Danke für diesen wenig hilfreichen Beitrag, aber es ist nicht meine Wahl. Wie schon gesagt, es ist eine Pflicht.
„Das ist doch bestimmt Kopfsache!“ Schön wär’s, aber nein. Ein ziemlich unangenehmer medizinischer Eingriff hat eine Schädigung meines Darms bestätigt.
„Ich kenne jemanden, der das auch hatte. Der ist jetzt geheilt.“ Dann hatte diese Person vermutlich keine Zöliakie, denn die ist nicht heilbar. Und – anders als bei einer Laktoseintoleranz – gibt es auch keine Tabletten, die man einnehmen und dann doch glutenhaltig essen könnte.