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Bierkonsum im Wandel
Bier wird immer weniger getrunken – Alkoholfrei ist im Trend
Hopfen und Malz, Gott erhalt’s. Das ist der Leitspruch wohl aller Bierbrauer im Land. Zum Erhalten der Bier-Kultur braucht’s aber noch jemanden. Sie, als Kunde. Und davon gibt es immer weniger. Zumindest wird immer weniger Bier getrunken. Auch bei uns, in der Hochburg von Alt, Kölsch und Pils.
Jugend hat weniger Interesse am Bier
Selbstbeherrschung und Kontrolle statt vom Bier vernebelte Sinne. Die junge Generation tickt anders und setzt immer mehr auf Sport statt Sprit. Auch der 19-jährige Moritz Cebulla aus Bottrop bewegt sich sehr viel und kann dem Bier nichts abgewinnen. „Ich versuche immer möglichst schnell meine Ziele zu erreichen und deshalb möchte ich sowas wie Bier einfach nicht trinken.“ Der Bottropper spielt am liebsten Badminton und ist mit Fitnessstudio und Basketball bis zu zehn Mal die Woche beim Sport. Alkohol und der mögliche Rausch inklusive Kater im Anschluss würden seinen Trainingsplan zerstören.
Moritz Cebulla ist kein Einzelfall, denn viele seiner jungen Kollegen haben eine ähnliche Einstellung. 2001 haben etwa vier von fünf Jugendlichen mindestens einmal im Jahr Alkohol getrunken. 2021 war es nicht mal jeder Zweite. Die Gründe dafür vermuten Jugendforscher vor allem im Netz, wo sich die Jugend gut präsentieren möchte und wo sie anderen nacheifert. „Man sieht Influencer auf Social Media und möchte genau so aussehen,“ sagt Moritz Cebulla und ergänzt „es ist sehr kompetitiv, aber man hat immer dieses Ziel, besser zu sein.“
Alkohol ist auch im Bier out
Bald ist jedes zehnte verkaufte Bier ein alkoholfreies. Das schätzt der Deutsche Brauer-Bund. Ein enormer Wirtschaftsfaktor für die deutschen Bierbrauer. Ganze Supermarktregale sind mittlerweile schon in fester alkoholfreier Hand. Darauf setzen viele Brauereien, denn die blumigen Bierzeiten sind vergangen. Seit 1993 ist der Bierabsatz in Deutschland um etwa ein Viertel zurückgegangen. Das macht sich auch im Bierland NRW bemerkbar, denn hier kommen vier der zehn bekanntesten deutschen Biermarken her. Krombacher, König Pilsener, Veltins und Warsteiner.
Jens Hoffmann ist technischer Geschäftsführer bei Warsteiner und ist ständig damit beschäftigt, das passende Bier für den Kunden zu kreieren. Aktuell verkauft das Unternehmen neben alkoholfreiem Bier auch Bier mit weniger Alkohol. „Da der Konsument sich verändert, müssen wir uns als Gruppe entsprechend auch verändern, um das optimale Produkt für die Leute herzustellen.“ Das klappe gut, auch wenn der Absatz von alkoholfreiem Bier derzeit etwas langsamer wachse.
Auch die kleinen Brauer setzen auf Alkoholfrei
Christoph Steinhauer produziert mit seiner Craftquelle in Bonn Craftbier. Das ist handwerklich gebrautes Bier, mit dem sich kreative Köpfe meistens austoben. Oft, aber nicht immer wird dabei nach Reinheitsgebot gebraut. Erlaubt ist aber eigentlich fast alles. Einen Grund für den nachlassenden Bierdurst der Deutschen sieht der Bonner auch in der fehlenden Kreativität seiner Branche. „Wir haben uns lange ausgeruht auf dem Bier so wie es ist und es nicht verändert. Das führt dazu, dass wenn man heute in den Supermarkt geht, die verschiedenen Sorten alle mehr oder weniger gleich schmecken.“ Das sei in Belgien anders, denn im Nachbarland könne man „ganz unterschiedliche Aromen im Bier schmecken“.
Gegen einen Irrtum wehrt sich Christoph-Steinhauer vehement. Denn Craftbier müsse nicht immer besonders stark sein. Auch in der kreativen Branche sei alkoholfrei ein großer Trend.
Erfrischungs- statt Alltagsgetränk
Bier ohne Alkohol ist immer gesünder, als die alkoholhaltige Alternative. Zucker und Kalorien sind aber auch im alkoholfreien Bier enthalten. Es ist zwar isotonisch, der Körper kann die Nährstoffe also besser aufnehmen, trotzdem sollte es in Maßen, statt in Massen genossen werden. Den Trend mit einer allgemeinen Abkehr vom Alkohol sieht der Sportwissenschaftler Ingo Froböse mit Skepsis, denn der Markt der Energydrinks und Limonaden hat enorm zugenommen. „Die Kompensation findet gerade über Zucker statt und das ist mindestens genauso gefährlich wie der Alkohol.“ Die junge Generation sei deswegen nicht immer gesünder unterwegs, findet der 67-Jährige.
Nicht nur die Fans hoffen auf ein gutes Abschneiden bei der EM
Bei der Fußball-Europameisterschaft strömen die Fans zum Public Viewing und in die Stadien. Gleichzeitig strömt aber auch das Bier aus den Fässern auf den Events. Der Deutsche Brauer-Bund hofft deswegen auf eine erfolgreiche deutsche Nationalmannschaft, weil dann auch mehr Bier getrunken wird. Fast noch wichtiger sei laut dem Geschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, Holger Eichele, aber das Wetter. Sonnenschein sei der „beste Außendienstmitarbeiter“. Schon bei der WM 2006 habe sich das gezeigt, als vor und während der WM fünf Prozent mehr Bier verkauft wurden. Auf ein ähnliches Sommermärchen hoffen also neben den Fans auch die etwa 1.500 Brauereien in Deutschland.