Was hinter der neuartigen Behandlung stecktArzt behandelt hochaggressiven Hirntumor selbst - jetzt ist er krebsfrei!

Sich selbst das Leben retten – klingt unmöglich, ist diesem Mann aber offenbar gelungen!
Vor einem Jahr bekommt der Australier Richard Scolyer die Diagnose Krebs. Ein hochaggressiver Tumor sitzt in seinem Kopf. Scolyer, der selbst Krebsforscher ist und gerade an einer neuen Therapie zur Behandlung gegen Gehirntumore arbeitet, testet seine neue Methode kurzerhand an sich selbst. Und siehe da – der Krebs verschwindet tatsächlich!
Scolyer hat noch sechs Monate zu leben - und fasst einen Entschluss
Ein tödlicher Tumor, maximal sechs Monate Lebenszeit übrig – mit dieser Diagnose muss sich Richard Scolyer Anfang 2023 abfinden. Der 56-jährige Australier ist mit seiner Frau im Urlaub, als er im Hotelzimmer zusammenbricht und in die Notaufnahme muss. Die Ärzte finden ein Glioblastom, einen äußerst aggressiven Gehirntumor, der bis heute nur schwer heilbar ist, wie es bei der Organisation Brain Tumour Research aus Großbritannien heißt.
Die Art Tumor besitzt nämlich kleine Tentakeln, die sich tief ins Gehirn graben. So kann der Tumor nicht vollständig herausoperiert und muss vor allem mit Bestrahlung und Chemo therapiert werden. Wenn er Glück hat, lebt Scolyer dann noch 18 Monate, realistischer ist jedoch ein halbes Jahr.
Doch damit will sich er nicht zufriedengeben und beschließt kurzerhand, selbst seinen Tumor zu behandeln.
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Scolyer behandelt sich mit seiner eigenen, ungetesteten Therapie
Denn Scolyer ist Arzt und in der Krebsforschung tätig. Seit Jahren arbeiten er und seine Kollegin Georgina Long daran, eine Immuntherapie für Gehirntumore zu entwickeln. Normalerweise ist das Immunsystem Krebszellen gegenüber „blind“, wie Brain Tumour Research schreibt und kann sie deshalb nicht bekämpfen. Bei einer Immuntherapie wird das Immunsystem des Patienten so stimuliert, dass es Krebszellen erkennen und bekämpfen kann.
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Bei Leukämie-Patienten wird das Verfahren sehr häufig angewendet. Aufgrund der Beschaffenheit von Gehirntumoren kann die Therapie dort aber nicht greifen. Scolyer und Long setzen genau hier an und verabreichen den Patienten bereits vor der OP die Therapie aus einer Kombi verschiedener Krebsmedikamente.
Bisher sei die Therapie vor allem an Hautkrebspatienten getestet worden, schreibt ABC, bei denen der Krebs bereits gestreut hatte. Die Überlebensrate von fünf Prozent sei anschließend auf 55 Prozent gestiegen.
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Scolyers Hoffnung: dass die Therapie auch seinen Gehirntumor vernichtet. Die Risiken seien hoch, rr könne noch früher sterben. „Oder aber ich lebe etwas länger. Und es gibt eine sehr geringe Chance, dass ich sogar geheilt werden könnte“, so der Forscher zu ABC. Und so unterzieht er sich seiner eigenen, an Gehirntumor-Patienten ungetestete Immuntherapie. Und tatsächlich: Die Therapie schlägt an.
Die Therapie schlägt an, aber...
„Ich bin begeistert und erfreut. Ich könnte nicht glücklicher sein“, sagt Scolyer im Gespräch mit BBC. Jetzt, ein Jahr später, ist der Krebs nicht nur wesentlich kleiner, er ist komplett weg. Auf dem letzten MRT habe man keine Tumorrückstände mehr gefunden, so Scolyer. Der Weg dahin sei jedoch nicht leicht gewesen. Er berichtet von krassen Nebenwirkungen der Therapie, darunter epileptische Anfälle, Lungenentzündungen und Leberprobleme. Und erst wenn er fünf Jahre krebsfrei ist, gilt er als geheilt. Wie gut die Therapie langfristig anschlägt, ist also noch ungewiss.
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Trotzdem fühle er sich mittlerweile „viel gesünder“, sagt Scolyer. „Ich bin so stolz, dass wir alle bereit waren, dieses Risiko einzugehen.“ Er wisse, dass der Krebs noch nicht geheilt sei. „Aber es fühlt sich gut an, dass er bis jetzt nicht wieder zurückgekehrt ist. Jetzt habe ich noch etwas mehr Zeit mit meiner Frau und meinen drei wunderbaren Kindern.“ (jbü)


