Das denkt er über Olaf Lies: Sebastian Lechner im Sommerinterview
Was Niedersachsens CDU-Chef Sebastian Lechner zu den Themen Migration, Heimat und Wirtschaft zu sagen hat, seht ihr bei uns im Interview.
Ärmel hochkrempeln, anpacken. Für die Zukunft hat sich Sebastian Lechner eine ganze Menge vorgenommen, positioniert sich für die nächste Landtagswahl klar gegen den amtierenden Ministerpräsidenten Olaf Lies. Doch wofür genau steht der 44-Jährige? Zum großen RTL Nord Sommerinterview treffen wir den CDU-Chef am Steinhuder Meer in der Region Hannover.
Frage: Herr Lechner, Sie kommen ja hier aus der Region und haben sich auch entschieden, das Interview quasi bei Ihnen hier vor der Haustür zu führen. Welche Bedeutung hat Heimat für Sie? Wie wichtig ist Ihnen Heimat?
Lechner: Heimat ist das, wo du herkommst, wo auch die Kultur, die Traditionen dem entsprechen, was du selbst mitbekommen hast, wo deine Familie lebt. Ich wohne hier mit meiner Frau und meinen drei Kindern. Niedersachsen ist meine Heimat, die Region Hannover ist meine Heimat, Neustadt ist meine Heimat. Das ist schon wichtig – auch als Rückzugsort.
Frage: Die CDU, allen voran Bundeskanzler Friedrich Merz, hat es sich ja auf die Fahne geschrieben, diese Heimat besser zu schützen. Durch Grenzkontrollen, Abschiebungen, Zurückweisungen. Wie viel Populismus ist da dabei?
Lechner: Heimat ist etwas, was es zu bewahren gilt. Aber es gibt immer auch Wandel – und der gehört dazu. Es ist im Übrigen auch ein Glück, wenn in die Heimat Neubürger hinzukommen. Aber das muss auch integriert werden. Wir haben das über Jahre gemacht, doch die kommunale Integrationsgrenze ist erreicht. Wir müssen runter von den Zuzugszahlen. Ich bin selbst Kommunalpolitiker in Neustadt am Rübenberge – in Schule, Wohnraum, Kindergärten knirscht es an allen Ecken. Es ist gut, dass die Zuzugszahlen zurückgehen. Aber wir haben nach wie vor Integrationsaufgaben.
Frage: Zehn Jahre ist es inzwischen her, dass Hunderttausende Flüchtlinge ins Land kamen – ein Kraftakt, der Kommunen bis heute fordert. Wird in Niedersachsen genug getan, um durch Sprache und Bildung zu integrieren?
Lechner: Meine Erfahrung ist: Wir tun vor der Schule zu wenig. Deswegen haben wir vorgeschlagen, verpflichtend Sprachtests zu erheben – im vorletzten Jahr vor der Schule. Damit klar ist: Wer kann Deutsch, wer nicht? Wer es nicht kann, muss verpflichtend gefördert werden – 240 Stunden. Im Kindergarten, wenn Kinder dort sind, ansonsten verpflichtend in der Grundschule.
Frage: Ein anderes wichtiges Thema ist die innere Sicherheit. Straftaten sind zwar zurückgegangen, aber die gefühlte Sicherheit ist eine andere – gerade in Großstädten wie Hannover. Was wollen Sie tun?
Lechner: Ich habe mich sehr über Aussagen der Landesregierung geärgert, das Sicherheitsgefühl sei in Ordnung. 53 Prozent der Menschen sagen nach einer Studie des Landeskriminalamts, dass das nicht so ist. Wir haben die Verantwortung, darauf zu reagieren. Drei Dinge: mehr Videoüberwachung, bessere Beleuchtung und offene Orte schaffen. Außerdem muss die Polizei von Bürokratie und vollzugsfremden Aufgaben entlastet werden, damit sie draußen präsent sein kann.
Frage: Auch die niedersächsische Wirtschaft kämpft mit Unsicherheiten. Bosch, Continental oder Volkswagen geraten in Schieflage, es gibt Stellenabbau. Was läuft da falsch – und wie kommen wir da raus?
Lechner: Die aktuelle Situation rührt aus einer Entscheidung des VW-Vorstands 2016 zusammen mit der damaligen rot-grünen Landesregierung. Sie haben auf einen sehr einseitigen Weg in die Elektromobilität gesetzt. Das war eine Fehlentscheidung. Dass wir heute Arbeitsplätze abbauen, ist die Folge. Olaf Lies saß damals im Aufsichtsrat. Einverstanden, das ist die Nachbetrachtung – aber wenn wir uns auf die Fehlentscheidung einigen können, muss man jetzt neue Töne anschlagen.
Frage: Neue Töne schlägt auch die Rüstungsindustrie an – etwa Rheinmetall in Unterlüß oder die mögliche Umwidmung des VW-Werks in Osnabrück. Ist das ein Weg für Niedersachsen?
Lechner: Die Rüstungsindustrie war schon immer ein Teil Niedersachsens und wird es bleiben. Deutschland und Europa müssen sich schützen – dazu gehört eine gestärkte Bundeswehr. Niedersachsen kann dabei eine große Rolle spielen. Wir haben eine traditionell starke, technologisch hochentwickelte Rüstungsindustrie. Diese Unternehmen suchen Standorte – und jede Landesregierung ist gut beraten, das zu ermöglichen.
Frage: Stillstand kommt für Sie nicht in Frage. Sie gelten als Herausforderer von Olaf Lies. Sie haben über ihn gesagt: „Nett ist nicht genug.“ Aber manchmal reicht genau das, um Wahlen zu gewinnen. Womit wollen Sie punkten?
Lechner: Ich bin ein Mann mitten im Leben: Familienvater von drei schulpflichtigen Kindern, ausgebildeter Ökonom, war auch mal Unternehmer. Ich weiß, was es bedeutet, selbstständig zu sein. Olaf Lies ist seit zwölf Jahren in der Landespolitik. Da geht es im Kern immer auf denselben Wegen weiter. Ich glaube, es braucht neue Ansätze, neue Sichtweisen, frische Ideen. Daran arbeiten wir im Niedersachsenplan – wir stellen Strukturen infrage und entwickeln neue Blicke. Damit treten wir 2027 an.
Frage: Ein großes Manko ist Ihre Bekanntheit. Olaf Lies hat als Ministerpräsident den Vorteil, beliebt und präsent zu sein. Wie wollen Sie das aufholen?
Lechner: Als Oppositionspolitiker ist man von Natur aus weniger bekannt. Aber wir sind viel unterwegs, nutzen jede Chance, machen gute Vorschläge. Am Ende zählt, ob die Menschen das Gefühl haben, dass neue Politik gemacht wird. Personenwechsel sind wichtig, aber die Menschen erwarten einen Politikwechsel. Rot-Grün ist völlig aus der Zeit gefallen. Niedersachsen braucht eine bürgerlich geführte Regierung der Mitte. Dafür treten wir an.
Frage: Gewählt wird im Herbst 2027. Für Sebastian Lechner noch ein weiter Weg.