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Solvium-Vorstand André Wreth im Interview: „Corona und die Folgen sind riesige logistische Herausforderung“

Über Lieferkettenprobleme, steigende Frachtraten sowie Container & Co. als Investments

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Corona und die Folgen beeinträchtigen weiterhin die globalen Liefer- und Logistikketten. Im Vergleich dazu hat der Ukraine-Krieg bislang so gut wie keine spürbar negativen Auswirkungen auf den Welthandel. Der Anteil der Ukraine und Russland am Welthandel lag auch vor dem Krieg nur bei rund sechs Prozent. „Der offene Handel und die Dynamik der Globalisierung stellen seit Jahren die logistischen Fähigkeiten – also auch ohne Corona und ohne Ukraine-Krieg – vor immer wieder neue Herausforderungen. Daran wird sich künftig nichts ändern“, sagt André Wreth im Interview. Er ist Vorstand der Solvium Holding AG. Das Hamburger Unternehmen bietet Transportinvestments beispielsweise in Containern, Eisenbahnwaggons und sogenannten Wechselkoffern für Privatanleger und institutionelle Investoren wie Pensionskassen und Family Offices.


Herr Wreth, seit mehr als zwei Jahren beeinträchtigt die Pandemie den Welthandel erheblich. Wir in Deutschland spüren dies vielerorts. Unternehmen warten auf Produkte oder Materialien ihrer Zulieferer, Verbraucher auf neue Technik, die nicht verfügbar ist. Grund sind fast immer Lieferkettenprobleme. Aber was genau ist das?

André Wreth
André Wreth, Vorstand Solvium AG

André Wreth: Vor Corona waren die Transportketten auf der Welt sehr effektiv. Vereinfacht gesagt: Für jeden Container, der ein Schiff verließ, wurde ein neuer – ob nun leer oder voll – wieder auf das Schiff gebracht. Corona-Lockdowns und die Sperrung ganzer Häfen führten dazu, dass sich in vielen Seehäfen oder in deren Hinterland tausende Container stapeln.

Die Folgen sind explodierende Preise bei den Kauf-, Miet- und Frachtraten, Schiffsstaus sowie verlängerte Lieferzeiten bei Zwischenprodukten und fertigen Erzeugnissen. Mancherorts ist dies nur die Spitze des Eisbergs. Die Lage in den größten Seehäfen ist seit längerem sehr angespannt, teils sogar katastrophal und dann wieder zu ruhig. Jede Autofahrerin und jeder Autofahrer kennen eine ähnliche Situation, sobald sich ein Stau auf der Autobahn auflöst.

Krieg in der Ukraine kaum Auswirkungen auf Lieferketten

Der Überfall Putins auf die Ukraine dürfte nicht gerade zur Entspannung beigetragen haben…

André Wreth: Momentan spielt der Ukraine-Krieg für unser Geschäft und nach unseren Beobachtungen eine kaum merkbare Rolle für die Warenströme rund um den Globus. Die unmittelbar Beteiligten, also die Ukraine selbst, Weißrussland und Russland, repräsentieren weniger als 2,5 Prozent des Welthandelsvolumens. Inwieweit der Ukraine-Krieg die weltweiten Lieferkettenprobleme künftig verschärfen wird, ist momentan nicht absehbar.

Lässt sich derzeit seriös einschätzen, wann die Probleme beseitigt sind, sodass wieder ein nahezu reibungsloser Austausch von Waren möglich ist?

André Wreth: Tatsächlich beobachten wir seit einiger Zeit, dass sich die Engpässe und Unterbrechungen bei den Lieferketten auflösen – zwar sehr, sehr langsam, aber immerhin. Die Marktspezialisten von Solvium gehen aber davon aus, dass wir die frühere Normalität noch längst nicht im laufenden Kalenderjahr erreichen werden. Wahrscheinlicher ist mit einer Normalisierung erst in 2024 zu rechnen. Kommt es zu neuen Lockdowns oder Lockdown-ähnlichen Maßnahmen, könnte die ganze Sache wieder eskalieren.

Wir erinnern uns noch gut daran, dass in der Volksrepublik China vor nicht allzu langer Zeit ganze Städte wegen vergleichsweise weniger akuter Corona-Fälle dicht gemacht wurden. Unter sozialen und medizinischen Gesichtspunkten mag die Non-Covid-Strategie der Chinesen sinnvoll und angemessen sein. Den Welthandel aber beeinträchtigt sie erheblich, wie wir erfahren mussten.

Zu wenige Container verschärfen Lieferkettenprobleme

An Container, in denen man nicht-verderbliche Ware und Produkte auch länger „zwischenlagern“ kann, dürfte es doch nicht mangeln. Es wäre dann eben nur eine Frage der Zeit, wann sich die Staus auflösen…

André Wreth: Das Gegenteil ist der Fall. Denn nach unseren Erkenntnissen fehlen derzeit – eben wegen Corona – weltweit zwischen 1,5 und 2 Millionen Container. Dies ist eine komplette durchschnittliche Jahresproduktion. Viele Containerfabriken standen über Monate still oder arbeiteten nur im Ein-Schicht-Betrieb. Unterstellt, wir hätten ab sofort keine Lockdowns mehr – was niemand weiß – wird dieser Rückstand frühestens in zwei Jahren aufgeholt sein. Dann dürfte der Welthandel wieder ähnlich effizient funktionieren wie vor Corona.

Nicht gerade unwichtig für Ihre mehr als 10.000 Investoren ist die Frage, wie sich für gebrauchte und auch neue Container künftig die Mietraten entwickeln werden. Davon hängt ja maßgeblich ab, dass Sie Ihren finanziellen Verpflichtungen gegenüber ihren Investoren nachkommen können.

André Wreth: Wir glauben nicht, dass die Mietraten für gebrauchte und neue Container künftig auf das – im Vergleich zu heute – deutlich niedrigere Vor-Corona-Niveau zurückfallen werden. Dennoch kalkulieren wir bei Solvium sehr vorsichtig mit dem Rückgang der Mietpreise auf die in etwa früheren Werte. Auch so können wir sicherstellen, dass wir unseren finanziellen Verpflichtungen den Anlegern gegenüber ohne Abstriche nachkommen werden.


Zum Unternehmen:


SOLVIUM CAPITAL VERTRIEBS GMBH
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Website: https://www.solvium-capital.de


Container gibt es seit 1956

Ein Amerikaner namens Malcolm McLean hat im Jahr 1956 eine Metallbox erfunden, die wir heute „Container“ nennen. Seitdem hat sich all das, was wir heutzutage als „Logistik“ bezeichnen, grundlegend geändert…

André Wreth: Das stimmt. Bei den Containerarten selbst hat es immer mit dem dynamischen Fortschreiten der Globalisierung einige Verschiebungen gegeben. Vor zehn Jahren noch entfiel der größte Anteil des weltweiten Containerbestandes auf 20-Fuß-Standardcontainer. Mittlerweile sind die weltweit dominierenden Container die 40-Fuß-High-Cube-Standardcontainer. Sie können gemessen an der Grundfläche zwar weniger Gewicht transportieren, jedoch deutlich mehr – und so hat sich die Nachfrage entwickelt – größere Waren und mehr Volumen transportieren. Der Anteil dieser Boxen am Container-Portfolio von Solvium ist nachfragebedingt entsprechend groß.

Wechselkoffer für die Land-Logistik

Mit dem boomenden Online-Business, zumal in Pandemiezeiten, hat der Container noch einmal an Bedeutung gewonnen…

André Wreth: Ja, aber nicht nur die Seetransporte haben sich verändert, sondern auch die Transporte in der europäischen Kurier- und Paketdienstbranche. Dort sind besonders die Wechselkoffer, containerähnliche und auf Europalettenmaße ausgerichtete Transportbehältnisse mit vier ausklappbaren Stützbeinen, beliebt. Wechselkoffer werden ausschließlich beim Landtransport (Straße und Schiene) durch Logistikunternehmen wie DHL, UPS, DPD und andere eingesetzt. Die klappbaren Stützbeine an den Ecken der Wechselkoffer erleichtern deren Zwischenlagerung und den effizienten sowie zeitsparenden Transport von Waren durch Lkw, weil für das Abstellen und Aufnehmen dieser Boxen kein Kran benötigt wird.

Eine zunehmende Bedeutung in unseren Logistik-Portfolios haben überdies Güterwaggons. Der Transport per Bahn und nicht über die Straße dürfte auf Dauer einen erkennbaren Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit und Umweltschutz leisten. Schließlich beträgt der CO2-Ausstoß auf der Schiene nur etwa 17 % – Tendenz fallend – im Vergleich zum Straßentransport.

Wegen Corona wird immer öfter von einer De-Globalisierung gesprochen. Wird Logistik als Triebfeder des Welthandels an Bedeutung verlieren? Und ist dadurch Ihr Geschäftsmodell gefährdet?

André Wreth: Das Gegenteil dürfte der Fall sein. Auch bei einer De-Globalisierung im ganz großen Stil, woran wohl niemand glaubt, wird es Warenströme geben, müssen Produkte aller Art von A nach B und von B nach C transportiert werden. Das Geschäftsmodell von Solvium beruht auf der möglichst hochpreisigen Vermietung von Logistik-Equipment wie Containern, Wechselkoffern und Güterwaggons. Unsere Logistik-Kunden sichern sich durch langfristige Mietverträge von teils zehn Jahren und mehr ausreichend Transportkapazitäten – unabhängig vom Einsatzort und der Einsatzdauer. Tendenzen in Richtung De-Globalisierung sind deshalb für unser Geschäftsmodell aktuell nicht relevant.

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