Beide kehrten nicht von Radtouren heim
Sport-Kommentator trauert um Vater und Bruder

Immer wieder spielte der Radsport Schicksal im Leben von Sven Montgomery (48).
Ihm verdankt der ehemalige Profi vom Team Gerolsteiner seinen Aufstieg zum Sportstar – und seine heutige Arbeit als Kommentator beim Schweizer Rundfunk SRF. Aber der Radsport stürzte den Schweizer auch in die Depression und nahm ihm zwei Familienmitglieder: Sein Bruder und sein Vater kehrten nach Radtouren nie mehr nach Hause zurück.
Vater wird erst am nächsten Tag gefunden
Sein Vater, der gebürtige US-Amerikaner Charles Jerrod Montgomery (†79), starb vor einem Jahr, nur wenige Tage vor dem Start der Tour de Suisse. Sein Lieblingsrennen sollte Sven Montgomery wieder als SRF-Experte begleiten.
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Am 3. Juni stieg Charles Jerrod, in der Familie liebevoll Jerry genannt, auf sein E-Bike. „Jerry wollte ein Velotürchen nach Gsteig machen. Ganz in der Nähe also. Aber dort kam er nie an“, erzählte Sven Montgomery dem Schweizer Blick. Am nächsten Tag wurde Jerry Montgomery gefunden: im Fluss Saane, ganz in der Nähe des eigenen Hauses.
„Als ich von seinem Tod erfuhr, war dies ein Schock“
Um seinen Bruder trauert Sven Montgomery schon seit mehr als 20 Jahren: Clint Montgomery starb mit nur 25 Jahren. „Es passierte 2003. Clint war mit dem Velo unterwegs. Ein Autofahrer wollte einen Lastwagen überholen. Dabei übersah er meinen Bruder“, erzählt von dem tragischen Unfall.
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Die Brüder hatten ein gutes Verhältnis zueinander, wohnten zusammen in einer WG: „Als ich von seinem Tod erfuhr, war dies ein Schock“, erzählt Sven Montgomery. „Trotzdem habe ich weiter funktioniert. Nach seiner Beerdigung fuhr ich am selben Nachmittag noch ein Rennen. Für Clint. Das war wohl meine Art, mich von ihm zu verabschieden.“
Statt Durchbruch Absturz in die Depression
Sven Montgomery war damals 27 Jahre und stand am Scheideweg seiner Karriere: Beim Giro d’Italia im Jahr 2004 wollte er mit Team Gerolsteiner endlich den Durchbruch als Klassementfahrer schaffen. Doch nach mehreren Stürzen und schließlich einem Schlüsselbeinbruch musste er aufgeben.
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„Das gab mir den Rest. Ich bin in eine heftige Depression gerutscht“, verriet er. Er suchte vergeblich Hilfe bei Psychiatern, Osteopathen und Kinesiologen; sogar bei einem Geistheiler. Nichts half: „Letztlich schluckte ich Antidepressiva. Es war das Einzige, das funktioniert hat.“ 2006 beendete er seine Karriere – mit nur 30 Jahren. Montgomery: „Ich war nicht mehr der gleiche Rennfahrer.“
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Nach dem Tod des Vaters: Rennen analysiert, als sei nichts gewesen
Über verschiedene Jobs kämpfe er sich ins Leben zurück – unter anderem als Leiter des Polizei-Inspektorats der Schweizer Gemeinde Köniz. 2011 kehrte er in den Radsport zurück: Als Kommentator beim SRF. In dieser Funktion wird er auch in diesem Jahr wieder bei der Tour de Suisse dabei sein - so wie im vergangenen Jahr kurz nach dem Tod seines Vaters.
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Trotz großer Trauer funktionierte Montgomery auch da wieder genauso wie nach dem Tod seines Bruders. Er informierte nur den SRF, machte ansonsten nichts öffentlich: „Ich habe die Rennen analysiert, als wäre nichts gewesen.“
Über den Radsport mit Vater und Bruder verbunden
So will er es jetzt wieder machen – auch wenn ihm die Tragödie um seine Familie um den Todestag seines Vaters wieder besonders bewusst wird. „Ich vergesse nicht, was war“, sagt Sven Montgomery. „Aber ich habe es geschafft, diese Kapitel zu verarbeiten. Ich lebe im Hier und Jetzt und ich bin überzeugt, dass sich Clint und Jerry dies genauso gewünscht hätten.“
Und so bleibt Sven Montgomery bis heute über den Radsport mit Vater und Bruder verbunden. (wwi)
Hier findet ihr Hilfe in schwierigen Situationen
Solltet ihr selbst von Suizidgedanken betroffen sein, sucht euch bitte umgehend Hilfe. Versucht, mit anderen Menschen darüber zu sprechen! Das können Freunde oder Verwandte sein. Es gibt aber auch die Möglichkeit, anonym mit anderen Menschen über eure Gedanken zu sprechen. Das geht telefonisch, im Chat, per Mail oder persönlich.
Wenn ihr schnell Hilfe braucht, dann findet ihr unter der kostenlosen Telefon-Hotline 0800-1110111 oder 0800-1110222 Menschen, die euch Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen können.