Prozess gegen Hamburger Flughafen-Geiselnehmer

Aus Angst vor ihrem Ex sagt Mutter nur via Video aus

05.06.2024, Hamburg: Im Prozess gegen den Hamburger Flughafen-Geiselnehmer sitzt der  Angeklagte im Landgericht im Sitzungssaal. Der Mann hatte im November vergangenen Jahres seine damals vierjährige Tochter mit Gewalt aus der Wohnung seiner Ex-Frau im niedersächsischen Stade geholt und war mit dem Kind in einem Mietauto auf das Flughafengelände gefahren, indem er drei Schranken durchbrach. (zu dpa ·Prozess gegen Flughafen-Geiselnehmer: Mutter des Kindes soll aussagen·) Foto: Daniel Bockwoldt/dpa - ACHTUNG: Angeklagter wurde aus rechtlichen Gründen gepixelt +++ dpa-Bildfunk +++
Aus Angst vor ihrem Ex-Mann sagt die Mutter des Kindes nur per Video vor Gericht aus.
dbo sab, dpa, Daniel Bockwoldt
von Johanna Kroke, Nicole Ide und Annika Redmer

Immer wieder hindern sie die Tränen am Sprechen!
Im November entführt Salman E. seine eigene Tochter und droht, sich mit ihr auf dem Hamburger Flughafen in die Luft zu sprengen. Im Prozess gegen den 35-Jährigen spricht die Mutter des Kindes am Mittwoch vor Gericht – und sie packt über die gewaltvolle Ehe des Paares aus.

Ex-Frau sagt vor Gericht aus

Filiz Sen vertritt die Ex-Frau des Angeklagten als Anwältin.
Filiz Sen vertritt die Ex-Frau des Angeklagten als Anwältin.
RTL

„Er drehte immer wieder mal durch“, sagt die Ex-Frau des Angeklagten am Mittwoch vor Gericht. Sie beschreibt Salman E. als sehr eifersüchtig. Er soll ihr sogar heimlich eine Spionage-App auf ihr Handy geladen haben. Selbst unbedeutende Begegnungen mit Männern hätten ihn sehr wütend gemacht.

Aus Zeugenschutzgründen ist sie heute nicht persönlich im Verhandlungssaal, sondern per Video zugeschaltet. „Im letzten Termin war der Angeklagte teilweise sehr aufbrausend, hat mehrfach auf den Tisch geschlagen, hat den Richter angeschrien und das war schon eine sehr bedrohliche Situation für alle“, sagt Filiz Sen, Nebenklageanwältin, im Gespräch mit RTL.

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Beziehung ist von Gewalt geprägt

Für die Mutter ist der Prozess sehr emotional. Sie weint viel, kann deswegen kaum sprechen – immer wieder muss unterbrochen werden. 2017 lernt die Frau Salman E. übers Internet kennen, der zu dem Zeitpunkt in der Türkei lebt. Sie selbst ist Deutsch-Türkin und fliegt eines Tages nach Istanbul, wo sie sich treffen. Dann geht alles ganz schnell: Sie heiraten, die Frau wird schwanger. Ihre Familien hätten sich jedoch nie kennengelernt, wie sie am Mittwoch vor Gericht erzählt.

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Die Ehe mit Salman E. sei von Gewalt geprägt gewesen, fährt die Mutter fort. In der Schwangerschaft habe sie sogar Angst gehabt, das Kind durch seine Wut zu verlieren. Salman E. habe sie geschlagen und er habe ihr ständig gedroht, das Kind wegzunehmen. So soll der Angeklagte zu ihr gesagt haben: „Ich habe dir das Kind gegeben, ich kann es dir auch wieder wegnehmen.“

Salman E. entführt die gemeinsame Tochter

Am 4. November 2023 soll es Salman E. nach einem langen Sorgerechtsstreit mit einem Trick geschafft haben, an seine Tochter heranzukommen und in die Wohnung der Mutter einzudringen. Er ist bewaffnet, fährt mit der damals 4-Jährigen zum Hamburger Airport. Hier durchbricht er eine Sicherheitsschranke und fährt aufs Vorfeld. Er schießt in die Luft, wirft Brandsätze und droht mit einer angeblichen Bombe in seinem Fahrzeug.

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Polizei und SEK rücken aus mehreren Bundesländern mit einem Großaufgebot an, versuchen, mit dem Mann zu verhandeln. Seine Forderung: mit seiner Tochter in die Türkei zu fliegen. Tausende Passagiere sind betroffen. Erst nach 18 Stunden gibt Salman E. auf. Der Sprengstoff entpuppt sich als Attrappe.

Salman E. droht eine Freiheitsstrafe zwischen fünf und 15 Jahren

Der Angeklagte muss sich vor der Großen Strafkammer am Landgericht Hamburg verantworten.
Der Angeklagte muss sich vor der Großen Strafkammer am Landgericht Hamburg verantworten.
RTL

Zum Auftakt des Prozesses gesteht der Angeklagte die Taten weitestgehend. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Geiselnahme, die Entziehung Minderjähriger, vorsätzliche Körperverletzung und verschiedene Waffendelikte vor. Es sind noch weitere Prozesstage angesetzt. Im Falle einer Verurteilung droht Salman E. eine Freiheitsstrafe zwischen fünf und 15 Jahren. (mit dpa)

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