Tödlicher Hirntumor

Sie träumten von Haus und Kindern - jetzt kämpft Patrick (32) gegen die Zeit

Patrick und Anita hatten keine extravaganten Träume - sie wünschten sich ein ruhiges Leben im Eigenheim mit gemeinsamen Kindern. Doch ihre Zukunft wurde ihnen vom tückischen Krebs genommen.
Patrick und Anita hatten keine extravaganten Träume - sie wünschten sich ein ruhiges Leben im Eigenheim mit gemeinsamen Kindern. Doch ihre Zukunft wurde ihnen vom tückischen Krebs genommen.
privat
von Larissa Königs

Sie wollten ihr Leben teilen – nun bleiben ihnen nur noch wenige Monate.
Anita und Patrick Herzog sind Anfang 20, als sie sich kennen und lieben lernen. Sie heiraten, kaufen ein Haus, planen Kinder. Doch dann wird bei Patrick ein extrem gefährlicher Krebs diagnostiziert. Und neben der Angst um sein Leben steht nun alles auf dem Spiel – denn die Rechnungen lassen sich kaum noch bezahlen.

„Wir wollten ein ganz einfaches Leben führen“

Patrick und Anita lernen sich Ende 2016 kennen. Sie führen schnell tiefgründige Gespräche, verlieben sich. Patrick wird Anitas erster fester Freund. An seinem Geburtstag 2020 macht er ihr einen Antrag, ein Jahr später heiraten beide.

Noch vor der Hochzeit erfüllen sich beide ihren größten Traum: ein eigenes Haus, das sie selbst kernsanieren wollen. „Wir wollten das Haus bis Ende 2023 fertig kernsaniert haben. Dann wäre die Kinderplanung als nächster Schritt dazu gekommen. Wir haben uns immer ausgemalt, dass wir zwei Kinder bekommen. Wir wollten ein ganz einfaches Leben führen“, erzählt Anita RTL.

Doch 2022 kommt alles anders.

Schock-Diagnose bei Patrick: bösartiger Gehirntumor

Dieses Foto, aufgenommen an Patricks Geburtstagsfeier, war einer der letzten sorglosen Momente, den die beiden miteinander erlebten.
Dieses Foto, aufgenommen an Patricks Geburtstagsfeier, war einer der letzten sorglosen Momente, den die beiden miteinander erlebten.
privat

Patrick wird zunehmend motivationsloser und müder, kann sich kaum noch aufraffen zu arbeiten, schläft viel. Zudem klagt er unter starken Kopfschmerzen. „Er nahm irgendwann fast jeden Tag Ibuprofen zu sich, um annähernd schmerzfrei durch den Tag zu kommen“, erinnert sich seine Ehefrau.

Im November 2022 eskalieren diese ins Unermessliche. „Sein Hausarzt meinte, er hätte sich eine Nasennebenhöhlenentzündung eingefangen, da alles verschleimt war. Doch das Antibiotikum schlug einfach nicht an.“ Beide fahren ins Krankenhaus. Dort wird etwas in Patricks Gehirn entdeckt; ob großer Abszess oder Tumor, ist zunächst unklar.

„Ich glaube wirklich, dass man diese großen Ängste nur wirklich erfassen kann, wenn man das schon mal erlebt hat. Ich wusste vorher nicht, dass man sich überhaupt so miserabel fühlen konnte, wie ich es in dem Moment tat“, sagt Anita.

Es folgt eine erste Gehirn-Op, bei der auch eine Biopsie gemacht wird. Im Januar 2023 steht dann fest: Patrick hat einen Hirntumor, ein Glioblastom. Es ist bösartig und schnell wachsend. Die Ärzte erklären dem jungen Ehepaar, dass Patienten nach der Diagnose noch etwa sechs Monate leben.

Anita: „Das riss uns komplett den Boden unter den Füßen weg. Bis zur Biopsie hofften wir so stark auf einen einfachen Abszess. Und plötzlich hieß es, dass sein Leben in sechs Monaten zu Ende sein könnte.

Strahlen- und Chemotherapie helfen nur kurz

Während Patrick nichts weiter über den Tumor und die verbundenen Prognosen erfahren möchte, informiert sich Anita immer weiter: „Ich habe mich über alles belesen und mich nachts in den Schlaf geweint.“ Sie erfährt, dass die maximal Lebenserwartung bei Patienten mit Glioblastom bei etwa fünf Jahren liegt. In der Regel entstehen selbst nach erfolgreicher Entfernung des ersten Tumors noch weitere.

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Doch die Hoffnung aufgeben? Kommt nicht infrage. Direkt nach der Diagnose bekommt Patrick Strahlen- und Chemotherapie. Jeden Tag unterzieht er sich der Behandlung. Im August 2023 dann ein erster Erfolg: Zum ersten Mal seit der Diagnose ist kein Tumor mehr zu sehen.

Im Dezember folgt jedoch das böse Erwachen. Ein neuer Tumor wird entdeckt, im Januar dieses Jahres folgt eine weitere Operation – die schwerwiegende Folgen mit sich bringt.

Patrick geht es immer schlechter, die Ärzte haben keine Hoffnung mehr auf Heilung

Patrick muss mehrere Hirn-OPs überstehen, Chemo- und Strahlentherapie, nimmt derzeit ein Medikament, das sich noch im Versuchsstadium befindet. Doch Aufgeben ist keine Option.
Patrick muss mehrere Hirn-OPs überstehen, Chemo- und Strahlentherapie, nimmt derzeit ein Medikament, das sich noch im Versuchsstadium befindet. Doch Aufgeben ist keine Option.
privat

Direkt nach der zweiten OP, als Patrick von der Intensivstation auf die normale Neurochirurgische Station verlegt wird, fällt ihm auf, dass er auf beiden Augen das komplette rechte Sichtfeld verloren hat. Er hat zudem starke Gleichgewichtsprobleme.

Auch Schreiben und Lesen fiel ihm sehr schwer. Einmal will er aufschreiben, welche Medikamente er wann bekommt. „Er fragte eine Schwester und versuchte, sich das auf einem Zettel zu notieren. Als ich nur verschmierte Linien sah, die kreuz und quer gingen, fing ich an zu weinen“, erinnert sich Anita.

Zwar kann er mittlerweile besser schreiben und gehen – doch der Sehverlust ist geblieben. Er kann zudem keine längeren Texte mehr schreiben, bekommt schnell starke Kopfschmerzen. Zudem plagen ihn Wortfindungsstörungen seit der zweiten Operation.

„War der Tag anstrengend für ihn, ist es sehr extrem. Da hat er alle zwei bis drei Sätze einen Hänger und findet das Wort nicht und auch keine Umschreibung. Wenn man auf verschiedene Gegenstände zeigt, wie beispielsweise einen Kugelschreiber, kann er ihn nicht benennen.“

Patrick geht es zeitweise sehr schlecht, im März muss er vom Rettungsdienst abgeholt und ins Krankenhaus gebracht werden. Auf dem CT zeigt sich, dass sein Gehirn plötzlich stark geschwollen ist. Kurz darauf die nächste Hiobsbotschaft: Es hat sich neues Tumorgewebe gebildet. Die Ärzte machen dem Ehepaar keine Hoffnungen mehr.

„Wir müssen uns auf das Ableben von Patrick vorbereiten und sollen die Zeit nutzen, um alles zu tun, was Patrick noch machen möchte.“ Die Prognose: maximal sechs Monate.

„Ich wusste nicht mehr, wie ich die offenen Rechnungen begleichen soll"

Derzeit nimmt Patrick ein Medikament, das sich noch in der Studienphase befindet. Wie oft er es noch bekommen wird? Unklar. Denn das Medikament ist kaum zu bekommen, „wir mussten erst einmal eine Apotheke finden, die das überhaupt aus dem Ausland bestellen kann.“ Auch steht nicht fest, ob die Krankenkasse das Medikament über die ersten zwölf Wochen hinaus bewilligt.

Zusätzlich quälen Anita Zukunftsängste, da sie nun nicht nur der emotionale Anker für ihren Mann ist, sondern auch die finanzielle Belastung alleine trägt. Denn seit Patricks Erkrankung bekommt er keinen Cent mehr. Der Grund: Er war in keinem Angestelltenverhältnis zum Zeitpunkt der Diagnose und bekommt deshalb nicht mal Krankengeld.

„Wir waren plötzlich ausschließlich auf mein Gehalt angewiesen. Irgendwann wusste ich nicht mehr, wie ich die ganzen offenen Rechnungen begleichen soll. Wir standen finanziell richtig am Abgrund“, erzählt sie.

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Schließlich startet sie auf der Plattform Gofundme einen Spendenaufruf. „Das war eine riesige Überwindung für mich, und noch eine viel größere Überwindung von Patrick.“ Doch die Unterstützung, die ihr entgegenkommt, macht auch Mut. Nicht nur spenden viele Leute Geld, sondern bieten auch kostenlose Hilfe beim Haus an. Auch deshalb ist der Einzug in das Haus nun zum Greifen nahe.

Das ist für Anita ein großes Anliegen. „Auch für Patrick. Dass er den Rest seines Lebens – egal wie lange das auch dauert – in seinen eigenen vier Wänden leben kann.

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Gemeinsam stark gegen alle Widrigkeiten

Das macht Anita und Patrick als Paar aus – sie haben sich schon immer umeinander gekümmert. In guten wie in schweren Zeiten.

Patrick sagt: „Seit der Diagnose ist es einfach umso wichtiger, die Zeit zu genießen, die wir zusammen haben. Jeden Tag als Geschenk zu sehen und nie den Mut zu verlieren. Durch Anita schaffe ich es überhaupt, die Kraft zu mobilisieren und die Hoffnung nicht zu verlieren.“

Gemeinsam genießen sie aktuell die kleinen Momente, die alltäglichen Dinge. Kochen, Spaziergänge, Kuscheln mit den Hunden. „Am Ende stehen wir voreinander und weinen, sind gerührt und halten uns ganz fest, weil wir den jeweils Anderen als stärkste Person der Welt betrachten.“

Wer Anita und Patrick unterstützen möchte, kann hier spenden oder Hilfe anbieten.