Blick hinter die Vorurteile: Reportage: Wie tickt die Generation Z wirklich?
Die jungen Leute von heute wollen kaum noch hart arbeiten und haben dabei völlig überzogene Gehalts-Vorstellungen. Das ist eines der gängigen Vorurteile über die sogenannte GEN Z, also diejenigen die zwischen 1997 und 2012 geboren und heute unter 27 sind. Ist das wirklich so? Im Zuge unserer "Woche der Vielfalt", die RTL unter dem Motto: "Generationen verbinden" auch mit Vox, n-tv und dem Stern veranstalten, hat sich unsere Reporterin Verena Jendges mal die Generation Z angeschaut. Was stimmt? Und wie groß ist das Problem wirklich?
Wer ist die Generation Z, über die so viel diskutiert wird? Wie tickt sie wirklich? Wer zwischen 1996 und 2010 geboren ist, zählt dazu. Also auch schon haarscharf mein fast 14-jähriger Sohn. Meine Tochter - 11 Jahre - noch nicht. Trotzdem mache ich mir bei Beiden schon Gedanken, welche Erwartungen und Motivation sie später im Job haben werden und welche Rolle unsere Erziehung dabei spielt.
„Als Mutter hinterfrage ich mich schon häufiger, ob ich meinen Kindern zu viel biete, was für sie dann selbstverständlich ist und sie so möglicherweise gar nicht lernen, sich Dinge zu erkämpfen oder zu erarbeiten.“
Bisher sind meine Kinder in der Schule fleißig und haben Hobbys, für die sie üben müssen. Trotzdem habe ich das Gefühl, sie haben schon jetzt eine sehr hohe Erwartungshaltung - gefördert auch durch soziale Medien. Ich will jetzt wissen, was junge Erwachsene denken – und konfrontiere sie mit Aussagen, die für die Generation Z typisch sein sollen.
1. Ich möchte nicht mehr als 35 Stunden (oder 4 Tage) pro Woche arbeiten.
2. Eine gute Work-Life-Balance ist mir extrem wichtig.
3. Ich möchte viel im Homeoffice arbeiten.
4. Mir sind flexible Arbeitszeiten sehr wichtig.
„welche Anforderungen würden Sie denn später an Ihren Arbeitgeber stellen?“
„…gute Balance zwischen Arbeit und Freizeit sehr wichtig…Zum einen ist Kommunikation sehr wichtig…Bezahlung, Möglichkeit von zu Hause zu arbeiten.“
Bei meiner Stichprobe ist das Bild eher gemischt – aber es wird deutlich: Bei der Jobwahl spielen für viele Flexibilität und genug Freizeit eine große Rolle. Jetzt möchte ich wissen, welche Erfahrungen Arbeitgeber mit Bewerbern und Mitarbeitern dieser Generation gemacht haben und treffe mich mit meinem Friseur.
„…nicht mehr so die Lust drauf.“
Er habe zwar auch andere Erfahrungen gemacht – doch die meisten von Franks Mitarbeitern gehören nicht mehr zur GenerationZ und arbeiten seit vielen Jahren für den 52-jährigen, nach dem Motto Geben und Nehmen.
Ich will wissen, wie es in anderen Branchen aussieht - zum Beispiel in der Gastronomie. Hier arbeiten viele junge Leute - und klar, meist auf Basis eines Minijobs. Ich spreche spontan mit der Inhaberin eines Cafes.
„Meine Erfahrungen sind eigentlich durchweg positiv. …gar nicht an einer Generation festmachen…wir sind noch mit dem Kopf unterm Arm zur Arbeit…aber das ist eher Personen abhängig.“
„Haben Sie denn das Gefühl, die jungen Leute sind noch so belastbar wie Ihre Generation zum Beispiel?“
„Das glaube ich in der Tat nicht ganz so.“
Ihr Eindruck: Gastronomie ist für viele junge Menschen eher ein Nebenjob, den man flexibel ausüben will. Eine Ausbildung wollen aber immer weniger. Jule ist 18 Jahre alt, arbeitet hier seit fast einem Jahr und hat schon vorher kleine Jobs gehabt. Ab Sommer will sie studieren.
„Du gehörst ja auch der Generation Z an. Dann heißt es ja schnell: die sind unmotiviert, nicht so belastbar, sehr sprunghaft oder stellen hohe Forderungen. Wie siehst du das?“
„Ich würde sagen, zu Teilen stimmt das, zu Teilen nicht. Das generell auf eine ganze Generation zu übertragen, ist ein Vorurteil…ich kann verstehen, dass der ein oder andere sagt, dass da die Belastbarkeit nicht mehr so hoch ist.“
„Was glaubst du, welche Rolle spielen auch die sozialen Medien?“
„Durch soziale Medien, Influencer, TikTok…viele falsche Eindrücke bekommen…kann man ja auch leichter haben…leichtere Wege gibt, sozusagen.“
Dadurch werde das Bild von der echten Arbeitswelt teilweise verfälscht, meint Jule.
Ich arbeite extrem viel, sehe mich aber trotzdem als typische Vertreterin der Generation Z – das sagt mir die 24-jährige Xenia Dahmen. Sie ist selbstständige Social Media Managerin.
„Welche Erwartungen hast du denn an einen Job und Arbeitgeber?“
„Freude, Spaß und Freiheit.“
„Aber trotzdem bist du bereit, viel zu arbeiten?“
„Ja! …über dem Durchschnitt hinaus, das würde ich schon so standhaft hier vertreten.“
Mit Freiheit im Job meint Xenia: Flexibilität und dabei das zu tun, was ihr Spaß macht. Heute will sie ihren ersten Podcast aufnehmen. Das Thema: Generation Z. Ihre Gäste: neben ihrer Freundin Nina auch der Betriebsratsvorsitzende des Unternehmens Rheinmetall.
„Ich glaube, dass der Unterschied zwischen den Generationen immer schon dagewesene ist und…GenZ, das ist ja das Schlimmste…die wollen gar nichts mehr machen…“
„In unserem Unternehmen arbeiten wirklich 4 Generationen…das Miteinander macht’s.“
Konflikte zwischen Jung und Alt gebe es natürlich trotzdem immer wieder mal, erzählt mir der Betriebsratsvorsitzende nach dem Podcast.
„Wie funktioniert das, damit die verschiedenen Generationen gut miteinander arbeiten können?“
„…wenn ich jedem ggü erstmal offen auftrete…welche Bedürfnisse…dann habe ich die Möglichkeit, das zu verstehen…schönes und homogenes Miteinander.“
Klingt gut – und damit wir Älteren Vorstellungen der Generation Z begreifen, sollten wir uns klarmachen: In den letzten Jahren hat sich einfach enorm viel verändert, was die jungen Leute massiv beeinflusst. Corona und der Lockdown. Die digitale Welt. Seit Jahren spielt sich vieles nur online ab - oft rund um die Uhr. Dazu Krieg, Inflation, auch mangelnder Wohnraum - Stress und Druck von außen nehmen zu. All das macht vielen jungen Menschen Angst vor der Zukunft, verändert sie.
„Unsere Studie hat leider ein nicht so rosiges Bild gezeichnet… düster…so pessimistisch wie jetzt, waren junge Menschen noch nie. Die Work-Life-Balance früher war: Ich arbeite hart und hab dann vielleicht einen entspannten Ruhestand.…heute…meine Work-Life-Balance brauche ich im Hier und Jetzt, weil ich vertraue nicht in diese Zukunft. Das was aber schön ist…bereit, Verantwortung zu übernehmen, sie sind bereit Arbeit zu leisten - wenn auch unter anderen Voraussetzungen.“
Der Jugendforscher sagt mir: Generation Z und Arbeitgeber reden oft schlicht aneinander vorbei. Um das Verständnis füreinander zu verbessern, führt er Workshops durch - auch für uns jetzt. Nesrin und Evelina habe ich heute erst kennengelernt. Sie wollen spontan mitmachen.
„Wie schaffen wir es, dass wir Arbeitgeber und junge Menschen zusammenbringen…zukunftsorientiert weiterentwickeln zu können?“
Eine der Aufgaben: Die jungen Frauen sollen aufschreiben, was sie an jüngeren, aber auch älteren Menschen gut finden. Nach einigem Nachdenken stehen dort Begriffe wie Erfahrung und Verantwortung.
„Daran denkt man gar nicht im Alltag, was man so richtig schätzt. Deswegen ist das schon ganz gut, dass wir das hier so machen.“
Denn genau darauf kommt es an - aus Arbeitnehmer und aus Arbeitgebersicht: Sich bewusst zu machen, welche Vorteile jede Generation mit sich bringt. Erst dann funktioniert ein gutes Miteinander. Und darauf kommt es doch an.
„Ich glaube für mich ist es wirklich sehr wichtig, dass diese gute Arbeitsatmosphäre geschaffen wird….sehr viel Zeit.“
„Junge Menschen erwarten, mit gestalten zu dürfen und ein guter Arbeitgeber sagt nicht, nein, das dürft ihr nicht, sondern schafft einen Raum, in dem diese Mitgestaltung möglich ist, um auch zu sehen, was aus diesen Ideen rauszuholen ist…Update braucht.“
Nesrin und Evelina versichern mir, dass sie nach den Übungen jetzt mehr wertschätzen, was jede Generation mit sich bringt. Ich selbst habe gelernt, dass die Generation Z zu schnell pauschal abgestempelt wird. Und: Als Mutter sehe ich die digitale Welt vielleicht oft zu negativ. Sie kann unsere Kinder auch fit machen für ganz neue Berufsmöglichkeiten.