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Die Zukunft der Modebranche: Interview mit Rene Hackel von Jeans-Meile

Die Pandemie trifft einige Branchen besonders. Die Modebranche gehört zu diesen, denn zusätzlich den geschlossenen Geschäften kommt die bereits angeschaffte Ware, die nun keine Abnehmer findet. Gerade in der Modebranche ist die Halbwertszeit eines Produktes sehr kurz. Längst kam es zu Insolvenzen und Experten befürchten, dass diese im nächsten Jahr deutlich zunehmen. Aber was bedeutet die Krise für den Modehandel genau und wie gehen Geschäfte mit ihr um? Wir haben mit Rene Hackel von der Jeans-Meile gesprochen.

Die Zukunft der Modebranche Interview mit Rene Hackel von Jeans-Meile
Abbildung 1: Jeans-Meile.de hält sich bereits seit vielen Jahren in einer sehr wettbewerbsintensiven Branche. Bildquelle: Jeans-Meile.de

Herr Hackel, vielen Dank, dass Sie hier sind. Die Pandemie betrifft uns und die Modewelt bereits seit einem Jahr. Welche Auswirkungen sind für Sie besonders spürbar? Mussten Sie mit einem starken Einbruch kämpfen oder zog Ihr Onlinegeschäft gar in den vergangenen Monaten an?

Glücklicherweise zeigte sich, dass unsere Multichannel-Strategie »Stores in Verbindung mit Onlineshops« auch in der Pandemie hervorragend funktioniert. Diese Strategie leben wir seit beinahe zehn Jahren, doch jetzt zeigt sich, wie gewinnbringend sie tatsächlich ist. Statt mit einem Minus durch die Pandemie konnten wir unser Gesamtergebnis während der Pandemie mit einem kräftigen Umsatzplus steigern. Es lohnt sich also, ein Geschäft direkt auf verschiedene Standbeine zu stellen, denn ist der Onlinehandel ohnehin groß angelegt und bekannt, so fallen Geschäftsschließungen kaum oder weniger aus dem Rahmen.

Haben Sie Strategien entwickelt, um die Krise möglichst gut zu überstehen? Als Jeans-Fachgeschäft haben Sie womöglich einen Vorteil, den andere Händler nicht haben: Jeans kommen nicht aus der Mode. Ist das für Sie nun der große Pluspunkt?

Das stimmt zu einem gewissen Teil. Auch die Jeansmode unterläuft natürlich Veränderungen und das teilweise sehr deutlich. Man braucht nur an Schlaghosenjeans oder Karottenjeans zu denken. Was einst in mehrfacher Ausführung in jedem Kleiderschrank hing, war kurz darauf ein untragbares Kleidungsstück.

Unser Prinzip ist daher, unsere Marken-Jeansausweis in der Breite und in der Tiefe beständig zu erweitern. Erst in der letzten Saison haben wir drei neue Jeanslabel mit in unser ständiges Sortiment aufgenommen.

Grundsätzlich ist es aber so, dass der Jeansstoff kaum aus der Mode kommt. Schnitte, Farben, Modestile verändern sich, nicht aber der Stoff. Das ist mit unser Pluspunkt und unser Erfolgsrezept: Wir brauchen keine ganzen Lagerbestände zu entsorgen, weil eine neue Saison anbricht. Mit der Ausnahme weniger Kleidungsstücke lassen sich Jeans immer wieder neu erfinden und kombinieren. Die Nachfrage bleibt somit erhalten.

Wenn Sie eine Mutmaßung anstellen dürften: Wie entwickelt sich die allgemeine Modebranche und das innerstädtische Einkaufsleben durch die Pandemie. Glauben Sie noch an Innenstadtgeschäfte oder denken Sie, dass sich der Großteil des Einkaufens auf Zentren und das Internet aufteilt?

Fakt ist: Es brechen schwierige Zeiten an. Gute Konzepte werden sich weiterhin durchsetzen, doch sind alle Seiten gefragt. Einzelhändler und Stadtverwaltungen müssen gemeinsam kooperieren und an einem Strang ziehen, damit wirkungsvolle Konzepte entstehen können und erhalten bleiben. Einige Testöffnungen während der Pandemie haben es gezeigt: Eine Innenstadt lebt nicht allein von Einzelhändlern, es ist das Gesamtkonzept, welches Menschen anzieht. Zu diesem Ergebnis kamen beispielsweise die Einzelhändler in Rostock, die öffnen durften, während die Gastronomie geschlossen blieb.

In Waren (Müritz) unterhalten wir einen Store in der Innenstadt. Hier können wir zufrieden sein, denn die Stadtverwaltung legt auf ein einzigartiges Einkaufserlebnis wert. Die Vielfalt an kleineren, einzigartigen Stores ist in Müritz wichtig, es gibt nur wenige Monolabel-Stores. Fachmärkte mit einer Verkaufsfläche von über 300 Quadratmetern werden im Innenstadtbereich nicht erlaubt.

Auf diese Weise gewinnt der Kunde, wenn er in die Stadt geht. In Waren (Müritz) erlebt er eine einzigartige Zusammenstellung der Geschäfte, sodass sich der Anreiz des Stadtbummels erhöht. Würde er, wie in etlichen Städten, eher die großen Ketten und Shops vorfinden, käme der Einkaufsbummel einem Abziehbild gleich: Warum soll ein Kunde nach Waren fahren, wenn er dasselbe Angebot in Neubrandenburg, Greifswald, Rostock, auf Rügen oder in Berlin findet?

Die Modebranche ist extrem schnelllebig. Viele Stücke sind nur für kurze Zeit modern und gelten wenig später als quasi unverkäuflich. Für viele Händler war dies in der Krise ein weiteres Problem, da die Waren bereits eingekauft wurden, doch nie in den regulären Verkauf gehen konnten. Ihr Metier sind Jeansmoden – ist das Ihr großer Vorteil, da Jeans nie aus der Mode kommen?

Wir schauen uns selbst bereits bei der Einkaufs- und Sortimentspolitik auf die Finger. Grundsätzlich achten wir auf einen langlebigen Produktlebezyklus, der sich über mehrere Saisons hinweg erstreckt. Natürlich sind die knappen Jeansshorts im Winter eher weniger gefragt, doch da wir auf Modelle achten, die auch in den kommenden Jahren funktionieren können, fällt ein jahreszeitlicher Einbruch wenig auf. Zumal Jeans wiederum im Winter mit anderen Kleidungsstücken kombinierbar sind und Shorts oder Röcke durchaus mit dickeren Strumpfhosen getragen werden. Ein gutes Produkt ist für uns ein Stück, welches sich heute, morgen, aber auch in einem Jahr noch verkauft.

Nach dieser Maßgabe arbeiten wir jedoch nicht allein im Bereich der Jeansmode. Auch unsere Herren- und Damenoberbekleidung setzt auf eine nachhaltige Sortimentspolitik, die die Zukunft übersteht.

Kurzum: Wir kaufen keine Stücke ein, die soeben erst über die Laufstege getragen wurden, sondern prüfen, welches Kleidungsstück auch künftig von Kunden aller Altersklassen oder Herkunftsschichten in der Zukunft gerne getragen werden könnten.

Halten Sie es für einen Fehler, dass viele Händler, nicht allein aus der Modebranche, bislang beinahe völlig auf einen eigenen Onlineshop verzichten oder das Onlinegeschäft allgemein scheuen? Sich nun noch auf dem Markt zu positionieren dürfte deutlich schwerer sein.

Generell denke ich, dass es vielen Händlern an den nötigen Ressourcen fehlt, um in der Krise aus dem Nichts einen Onlineshop aufzubauen. Sicherlich ist ein Onlineshop an sich schnell erstellt, doch bis er erfolgreich ist und eine Wirkung zeigt, ist viel Know-how, Durchhaltevermögen und auch Geld gefragt. Bis wir auf dem heutigen Stand waren, dauerte es mehrere Jahre.

Trotz allem ist es nie zu spät, um mit dem Onlineshop zu beginnen. Einzig der direkte Erfolg ist unwahrscheinlich, denn es bedarf kontinuierlicher Arbeit, um am Ende zum Erfolg zu kommen.

Welche Rückschlüsse ziehen Sie für sich persönlich und Ihr Geschäft aus der Krise? Gibt es Bereiche, die Sie anpacken wollen? Ein Stichpunkt wären hier Nachhaltigkeit und ressourcenschonende Versandwege.

Aktuell arbeiten wir an der Umsetzung ressourcenschonender Versandwege. Als wachsender Jeansfashion-Brand ›Jeans-Meile‹ ist uns unsere Verantwortung für unser Handeln und den Planeten bewusst und wir wollen uns dieser Herausforderung stellen und Verantwortung übernehmen. Mittelfristig werden wir ausschließlich ECO-friendly Modelle bei uns anbieten und natürlich den Versand ebenfalls ECO-friendly gestalten.

Herr Hackel, eine letzte Frage: Wo sehen Sie sich und die Jeans-Meile in fünf Jahren? Welchen Plan möchten Sie zuerst umsetzen?

Unser Anliegen ist, das Erlebnis für unsere Kunden beständig zu verbessern und ihnen DAS Einkaufserlebnis zu garantieren. Deshalb erweitern wir unser Sortiment beständig, nehmen Anregungen von Kunden entgegen und setzen diese, soweit möglich, um. Allgemein sehen wir der Zukunft sehr gelassen entgegen, denn wir glauben daran, dass wir auf dem besten Weg in goldene Zeiten sind und dank unserer bisherigen Erfahrung die Kundenzufriedenheit, das Sortiment und natürlich unseren Gewinn kräftig steigern können.

Vielen Dank für Ihre Zeit.

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