Pilot klärt auf
Mythen im Check! Wie gefährlich sind Flugzeug-Turbulenzen wirklich?

Hilfe, fallen wir gleich vom Himmel?
Mit Turbulenzen im Flugzeug verbinden viele Menschen vor allem eines: Angst! Aber wie gefährlich ist das Geruckel und Gewackel über den Wolken wirklich? Das haben wir uns von einem Piloten und Flugangst-Coach erklären lassen.
Immer wieder Turbulenzen in Urlaubsfliegern: Horror-Nachrichten verängstigen Passagiere
Passagier stirbt in Turbulenzen-Flugzeug, Turbulenzen-Horror! Passagierin bis an die Decke geschleudert, Kind bei Turbulenzen in Ryanair-Flieger schwer verletzt – seit Monaten hört man immer wieder Nachrichten wie diese. Es scheint fast so, als gäbe es heutzutage mehr Turbulenzen als früher. Oder als wären sie zumindest drastischer. In jedem Fall sind Passagiere zunehmend verunsichert.
Zusammen mit Pilot und Flugangst-Coach Suk-Jae Kim haben wir die bekanntesten Mythen rund um Flugzeug-Turbulenzen einmal genauer unter die Lupe genommen.
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1. Das Flugzeug kann durch Turbulenzen und Luftlöcher vom Himmel fallen.
Das ist ganz klar ein Mythos – auch wenn es sich bei sogenannten Luftlöchern manchmal so anfühlt, als würde das Flugzeug in die Tiefe sacken. Dabei ist die Bezeichnung Luftloch an sich schon irreführend. Denn: „Es gibt gar keine Löcher in der Luft“, erklärt Suk-Jae Kim. Auch wenn man es nicht sieht, sei die Luft eine Masse. Innerhalb dieser Masse gehe es zwar mal ruckartig nach oben oder unten, aber herunterfallen könne ein Flugzeug nicht.
2. Auf Langstreckenflügen kommt es seltener zu Turbulenzen als auf Kurzstrecken.
Auch hier handelt es sich um einen Mythos. Vielmehr sei sogar eher das Gegenteil der Fall, erklärt der Pilot. Denn: Auf Langstrecken gebe es aufgrund der längeren Flugzeit ein höheres Risiko, an sogenannten Jetstreams – also Starkwindfeldern – vorbeizukommen. Tendenziell fliege man bei Langstecken zwar höher, Flughöhen hätten aber generell keinen großen Einfluss auf Turbulenzen. Stattdessen komme es auf die Flugstrecke und die dort herrschende Wetterlage an.
3. Nachts gibt es weniger Turbulenzen im Flugzeug als am Tag.
Jein. Generell gilt: Sowohl tagsüber als auch nachts könne es zu Luftverschiebungen kalter und warmer Luft kommen, die Turbulenzen verursachen. Aber: Gerade im Hochsommer trete diese Thermik tagsüber stärker auf. Der Grund: Die heiße Sonne erwärmt die Erdoberfläche, diese erhitzt wiederum die Luft. Warme Luft steigt bekanntlich aufgrund ihrer geringeren Dichte nach oben und lässt die Luft turbulenter werden. Diese Annahme ist also nicht gänzlich falsch, pauschalisieren sollte man sie aber dennoch nicht.
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4. Im Sommer kommt es eher zu Turbulenzen als im Frühling, Herbst oder Winter.
Das lässt sich so nicht pauschal sagen. Zwar könne Hitze im Sommer, wie gerade erklärt, zu turbulenter Luft führen, aber im Frühling, Herbst oder Winter komme es mitunter zu jahreszeitenbedingten Stürmen, die uns ebenfalls turbulente Flüge bescheren.
5. Turbulenzen merkt man im hinteren Teil des Flugzeugs mehr als im vorderen.
Das stimmt! Denn: Je weiter man sich von der Achse wegbewegt, desto instabiler liegt das Flugzeug in der Luft. Bedeutet: Wer sich ganz hinten im Flugzeug befindet, spürt die Turbulenzen deutlich stärker als all jene, die weiter vorne sitzen. Aber warum wackelt es vorne nicht genauso doll wie hinten, immerhin befindet man sich auch hier nicht in der Achse, also an den Tragflächen? Suk-Jae Kim erklärt: „Vorne ist es relativ stabil, weil man durch die Luftmasse durchfliegt und sie trennt. Hinten wackelt es dann ein bisschen mehr.“
Angst vor Turbulenzen? Diese Tipps können helfen
Wer also Turbulenzen fürchtet, der sollte:
… gerade im Sommer eher nachts oder morgens fliegen.
… sich einen Sitzplatz möglichst weit vorne buchen.
Allerdings: Wer hinten sitzt, sitzt prinzipiell sicherer. Die hinteren Reihen in einem Flugzeug gelten nämlich als die sichersten.
Außerdem solltet ihr euch immer bewusst machen, dass Turbulenzen nicht gefährlich sind. Das betont auch Suk-Jae Kim: „Kein Flugzeug ist bislang wegen Turbulenzen vom Himmel gefallen. Turbulenzen sind absolut ungefährlich für das Flugzeug." Wer sich angeschnallt auf seinem Sitzplatz befindet, dem kann selbst bei starkem Gewackel nichts passieren.
Mit diesem Wissen kann der nächste Flug kommen, oder?