Kanzler muss sich bei der Sommerpressekonferenz den Fragen stellenGelächter, Versprecher und ein peinliches Handyklingeln: So verabschiedet sich der Kanzler in den Urlaub

Es war der letzte große Termin für Kanzler Scholz vor der Sommerpause: Die Sommer-Pressekonferenz! Dabei hat Scholz versucht, die Erfolge seiner Regierung nach vorne zu stellen. Und er hat sich durch nichts aus der Ruhe bringen lassen – wirklich durch nichts!

"Also, ich bleib auch noch acht Stunden"

Fast 90 Minuten seiner Sommerpressekonferenz sind vorbei, als Olaf Scholz Gelächter erntet. "Ich stehe am Anfang meiner Tätigkeit als Bundeskanzler", sagt er schelmisch auf die Frage einer Journalistin, wie seine Amtszeit später einmal in Erinnerung bleiben soll. Alle Anwesenden wissen, dass es derzeit überhaupt nicht nach einer zweiten Amtszeit aussieht: Die Umfragen stehen gerade nicht gut für die SPD und die Ampel.

Aber Scholz will sich zur Halbzeit der Legislaturperiode davon sichtlich nicht beeindrucken lassen. Immer wieder preist er die Erfolge - allerdings verknüpft mit der Erwartung, dass die Zusammenarbeit zwischen den Ampel-Parteien fortan "weniger laut" und effektiver verlaufen solle. Für die Bilanz nimmt sich der Kanzler 100 Minuten Zeit, um möglichst viele Fragen zu beantworten. "Also, ich bleib auch noch acht Stunden", scherzt er, als die Frageliste geschlossen wird. Scholz weiß genau, dass er den Dauervorwurf an ihn als Kanzler entkräften muss, dass er zu wenig erkläre. Also bleibt der 65-Jährige betont ruhig, verzichtet diesmal auf Belehrungen von Journalisten, fügt nur an der einen oder anderen Stelle ein, dass er Urteile in einigen Fragen nicht teile - und wird wie immer leiser, wenn er redet.

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Anspannung bei Scholz ist groß - es gibt Versprecher

Aber dass die Anspannung auch bei Scholz groß ist, merkt man an Versprechern. Als ein schwedischer Journalist ihn duzt und nach der Nato-Mitgliedschaft seines Landes fragt, rutscht Scholz ein "Ich unterstütze den Nato-Beitritt der Ukraine" heraus. Auch hier gibt es Gelächter und vereinzeltes Klatschen, bevor sich der Kanzler korrigiert und betont, dass er natürlich für den schwedischen Beitritt sei.

Ansonsten gibt es inhaltlich wenig Überraschendes. Scholz versucht, seine Philosophie zu erklären - und die Erfolge herauszustellen. Denn wochenlang hatte das koalitionsinterne Gezerre über das umstrittene Heizungsgesetz auch aus Sicht des Kanzlers den Blick auf die Erfolge der Ampel-Koalition verdeckt. Erst am Mittwoch hatte er SPD, Grünen und FDP im Koalitionsausschuss ins Gewissen geredet und ihnen einen Vortrag über das Wesen des Kompromisses gehalten.

Aber einige neue Punkte setzt er schon:

Gefragt nach der China-Strategie betont er, dass die Wirtschaft doch schon im Einklang mit dem gewünschten Risikoabbau agiere - und wählt einen deutlich anderen Ton als etwa die Grünen-Außenministerin Annalena Baerbock, bei der auch am Donnerstag tiefes Misstrauen gegenüber Firmen und deren China-Geschäft mitschwang. Vor allem präsentiert sich Scholz erneut als bodenständiger Politiker - wie schon am Vorabend in Füssen bei einem seiner Bürgerdialoge. Als er dort von einer aufgeregten Bürgerin auf Ideen aus dem grün-geführten Landwirtschaftsministerium angesprochen wurde, den Fleischkonsum zu senken, gibt er als Kanzler die Garantie: "Sie können morgens zum Frühstück so viel Wurst essen, wie Sie wollen."

Scholz im Freibad? 40 Jahre her!

In der Sommerpressekonferenz gibt es zwar andere Fragen, von der China- über die Ukraine- bis zur Industriepolitik und zur AfD. Aber als Scholz gefragt wird, was er zu den gewalttätigen Zwischenfällen in Schwimmbädern sage, wird nicht nur klar, dass er selbst seit mehr als 40 Jahren nicht mehr in einem Bad schwimmen war. Dann wird der Kanzler ernst und betont, dass der Staat Gewaltexzesse in Bädern auf keinen Fall dulden dürfe. "Dann muss man auch handeln, zum Beispiel mit der Polizei."

Am Ende lockt ihn keine Frage wirklich aus der emotionalen Reserve, er bleibt ruhig. Als er zu einem Wutanfall gegen lautstarke Kritiker seiner Ukraine-Politik auf einer Veranstaltung gefragt wird, welcher denn nun der echte Scholz sei - der emotionale oder der kontrolliert-kühle, grinst er nur. "Alle Varianten, in denen ich Ihnen begegne, sind echt", sagt er. "Ist halt variantenreich." (reuters/eku)

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