Es ist auch wenige Tage nach dem Urteil noch schwer, darüber zu sprechen. Aber die Mutter des Mädchens, das wir Anna nennen, will ihrem Ärger über die Justiz Luft machen. Sie möchte anonym bleiben.
„Für uns ist das ein bisschen wie im falschen Film. Einerseits ist man froh, dass es vorbei ist, das muss ich auch dazu sagen. Aber für mich ist das Ganze wahnsinnig enttäuschend. Uns geht's nicht gut."
Insgesamt zehn Männer zwischen 16 und 21 Jahren müssen sich vor dem Landgericht Wien unter anderem wegen geschlechtlicher Nötigung verantworten.
Hier im Park soll der erste Täter die damals 12-Jährige seinen Freunden vorgestellt haben. Davon geht die Staatsanwaltschaft aus. Mehrere Monate lang sollen bis zu 17 damals selbst teils noch Minderjährige das Mädchen immer wieder zum Sex gezwungen haben! Unter anderem in einem extra dafür gebuchten Hotelzimmer. Was ihre Tochter durchgemacht haben soll, kann Annas Mutter kaum ertragen – wie sie uns schon vergangenes Jahr erzählt.
„Sie dürfte in einer wahnsinnigen Spirale drin gewesen sein. Immer Schritt für Schritt weiter hinein. Und wenn ich weiß, das von mir Videos angefertigt worden sind, kann ich mir gar nicht vorstellen, wie es ihr gegangen sein muss."
Erst Monate später vertraut sich das Mädchen seiner Mutter an. Die beiden gehen zur Polizei und erstatten Anzeige.
„Was wissen Sie darüber, was die Täter mit Ihrer Tochter gemacht haben?"
„Zu viel, definitiv zu viel."
Jetzt … gut zweieinhalb Jahre später – müssen sich insgesamt zehn Angeklagte unter anderem aus Syrien, der Türkei und Bulgarien vor Gericht verantworten. Und dann die Überraschung: SIE ALLE werden freigesprochen. Aus Mangel an Beweisen.
„Das Gericht sagt: Aufgrund von widersprüchlichen Aussagen des Mädchens, Chatverläufe und Aussagen einer Freundin konnten die Handlungen den jungen Männern nicht nachgewiesen werden."
Eine Farce für den Anwalt des Mädchens: „Es steht Aussage gegen Aussage. Es wird dann immer wieder nur argumentiert. Ja, die Aussage des Opfers war widersprüchlich und wird gar nicht darauf eingegangen, wie schwer das ist, für ein Opfer über so ein traumatisches Erlebnis zu reden.
Mutter: „Das ist für mich komplette Täter-Opfer-Umkehr. (...) Ich kenne mein Kind, ich weiß, wie sehr sie darunter leidet. Abgesehen davon sagt einem das der gesunde Menschenverstand, dass ein 12-jähriges Kind sowas nicht freiwillig macht."
Nichtsdestotrotz entscheidet das Gericht im Zweifel für den Angeklagten. Die Staatsanwaltschaft hat noch drei Tage Zeit, Berufung gegen den Freispruch einzulegen.