Jedes Mal aufs Neue müssen Vater Stephan Hensel und Mutter Christina Block durchs Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit. Doch ihren Kindern könnte der Gang vorbei an den Reportern, Kameras und Mikrofonen, nun doch erspart bleiben. Denn vor allem für den 11-jährigen Jungen wäre ein Auftritt vor Gericht verheerend. So die Befürchtung des Vaters.
"Theo kann nicht mehr. Nach all den Terminen und vor allen Dingen, nach der gewaltsamen, brutalen Entführung und all den Erlebnissen, die er auch schon vorher hatte, kann er einfach nicht mehr. Und wenn man jetzt bedenkt, wie groß die Medienpräsenz ja auch im Prozess ist, das würde ihn unheimlich stark retraumatisieren. Er ist ja eh sehr stark traumatisiert und das könnte er nicht. Das wird ihn unheimlich zurückwerfen", so Vater Stephan Hensel.
Eigentlich hat er das Gericht für diese Woche beide Kinder, also Theo und Klara, als Zeugen geladen. Kinderpsychologen wie Sabine Ahrens-Eipper sehen in einer Aussage vor Gericht jedoch erhebliche Risiken. Nicht nur wegen der vielen Journalisten: "Besonders belastend ist für die Kinder natürlich, wenn sie sehr detailreich zu belastenden oder traumatischen Ereignissen befragt werden, weil die Gerichtsverhandlung dient ja der Wahrheitsfindung, und das bedeutet, dass man noch mal sehr, sehr detailliert aussagen muss. An alles, was man sich erinnert, was man gesehen, gehört, gefühlt hat, so dass man die belastende Situation wieder erlebt in gewisser Art und Weise."
Eigentlich war die inzwischen 15 Jahre alte Klara fest entschlossen, vor Gericht zu erscheinen. Sie wollte gerade auch vor der Mutter ihre Sicht der Dinge schildern. So sagt es der Vater. Doch sie befürchte nun, dass ihre Wahrnehmung massiv angezweifelt werden könnte.
"Also das ist für Zeugen bei Gericht oft schwer zu verstehen. Wenn anwaltlich ihre Glaubhaftigkeit infrage gestellt wird, weil sie wissen ja, was sie erlebt haben, und sie erwarten eigentlich, dass ihnen geglaubt wird. Und dieses Anzweifeln ihrer Aussage kann verstörend sein für Kinder und Jugendliche", so Sabine Ahrens-Eipper.
Vor allem scheinen die Kinder fast zwei Jahre nach der Entführung erschöpft. Nachdem sie wieder und wieder erzählen mussten, was genau vorgefallen ist.
"Die Kinder sind ja seit Ende 2021 bis heute mehr als 132 Mal insgesamt gehört worden oder hatten an Terminen teilgenommen mit Sachverständigen und Psychologen. Und das ist natürlich für die Kinder sehr belastend, weil jedes Gespräch ist auch wieder retraumatisierend. Das heißt, den normalen Alltag haben die Kinder so nicht, oder es ist schwer, auch wieder in einen normalen Alltag zurückzukehren", so Stephan Hensel.
Noch ist Tochter Clara für Dezember als Zeugin vorgesehen. Doch ob es dabei bleibt, scheint fraglich. Eines ist jedoch sicher: Bis sie wieder einen normalen Alltag haben, wird es noch lange dauern.