Wildkräuter, sie wachsen wann und wo sie wollen. Auch gerne im heimischen Garten. Als Unkraut beschimpft, sehen Gartenfreunde in Ihnen meist nur eines: Arbeit. Doch Amelle Siegmann bekommt bei dem Anblick eher Appetit:
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O-Ton: Amelle Siegmann, Kräuterpädagogin
„Gärtner, die über Unkraut schimpfen, haben einfach noch nicht die Vorzüge erkannt. Da fangen wir schon mit dem Gänseblümchen an, dass kennt sicherlich jeder. Ein ganz tolles Salatkraut. Ich kann aber auch den Löwenzahn verwenden. Ich kann die Knoblauchsrauke verwenden. Ich kann die Brennnessel verwenden. All das, was im Garten so verwildert. Und dann hab ich fast den halben Garten, den ich da aufessen kann. “
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Quasi ein kostenloses Superfood. Denn die wild wachsenden Kräuter sind nicht nur für Schnecken lecker und gesund. In den kleinen Pflanzen stecken unzählige wertvolle Nährstoffe. Total unterschätzt zum Beispiel: die Brennnessel:
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O-Ton: Amelle Siegmann, Kräuterpädagogin
„Sie hat mehr Vitamin C als Zitronen. Das darf man gar nicht unterschätzen. Unfassbar viele Mineralien mit dabei. Und auch bioverfügbares Eisen. Das heißt der Körper kann das Eisen, das in der Pflanze ist, nutzen und sofort rausziehen.“
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Heute sammelt Amelle im Wald die Zutaten für einen Salat und einen Smoothie. Um sich bei der Ernte nicht an den Brennnessel zu verletzen, packt sie mit etwas Druck zu. Die feinen Brennhaare brechen ab und werden unwirksam. Auch super gesund sind die Samen der Brennnessel.
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O-Ton: Amelle Siegmann, Kräuterpädagogin
„Die sind extrem Mineralienhaltig, Das heißt, ich kann sie gut trocknen und für den Winter einlagern und entweder Microseeds draus machen oder noch besser in der Pfanne anrösten, dann schmecken sie wie so feine Nüsschen.“
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Amelle Siegmann bietet auch Kurse rund um das Thema Wildkräuter an. Auf Spaziergängen gibt sie Auskunft, welche Pflanzen in der freien Natur alles geerntet werden können. Wie zum Beispiel den verhassten Giersch. Doch ganz ohne Vorkenntnisse sollten wilde Gewächse nicht einfach verzehrt werden.
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O-Ton: Amelle Siegmann, Wildkräuterexpertin
„Das ist so ein bisschen wie Vokabeln lernen. Das heißt, man muss hingehen und gucken, was ich wirklich auf Nummer sicher bestimmen kann. Beim Giersch ist wirklich das ganz klare Erkennungsmerkmal dieser dreieckige Stengel. Und die drei geteilten Blätter. Und es ist heute ein ganz tolles Salatkraut und als Spinat zu verwenden. Für Quiches, für alle möglichen Sachen. “
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In Plastikbeuteln verpackt, bleiben die Blätter länger frisch und knackig. Auch die Blüten des Gierschs sind essbar. Amelle nutzt sie gerne als dekorative Beilage für Salate oder Käseplatten.
Früher waren Wildpflanzen eine DER Hauptnahrungsquellen der Menschen. Im Laufe der Jahre verloren sie an Bedeutung. Der Wunsch nach nachhaltigem und natürlichem Essen lässt das Interesse an den gesunden Kräutern jedoch wieder steigen. Direkt an einer Hundegassi-Route würde Amelle das Grünzeug aber nicht pflücken.
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O-Ton: Amelle Siegmann, Kräuterpädagogin
“Ich gucke, finde ich irgendwo einen Hundehaufen und ernte selbstverständlich nicht direkt daneben. Genauso ist es bei dem Kot vom Fuchs, der auch möglichst umgangen werden soll. Urin und sonstige Hinterlassenschaften von Tieren sind eigentlich unproblematisch. Da kann ich gut ernten.“
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Die Wildkräuter vor dem Verarbeiten einfach gut abwaschen. Das gilt auch für den Gärtnerfeind, Gundermann.
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O-Ton: Amelle Siegmann, Kräuterpädagogin
„Gerade diese jungen Blätter bieten ein sehr interessantes Gewürz sowohl in Süßspeisen als auch im herzhaften Bereich. Aber meistens wuchert der halt den ganzen Boden voll, wo er nur kann und verärgert den Gärtner ganz gerne. Ich denke immer: am Besten aufessen dann in dem Fall.“
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Aufessen kann man auch den Löwenzahn.
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O-Ton: Amelle Siegmann, Kräuterpädagogin
„Den Löwenzahn isst man hauptsächlich roh. Durch die Bitterstoffe hat man nochmal eine schöne Noten, die man in den Salat mit einarbeiten kann.“
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Wurzel, Stengel, Blüte, alles kann gegessen werden.
Neben Kräuter-Spaziergängen bietet Amelle auch Kochkurse an. Dort zeigt sie Rezepte, in denen das Geerntete verarbeitet wird. Kräuter aus dem Supermarkt werden meist bewusst gezüchtet. Wildkräuter dagegen wachsen von allein. Ganz unbehandelt und meist viel geschmacksintensiver.
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O-Ton: Amelle Siegmann, gibt Kochkurse zu Wildkräutern
„Wenn wir die Wildkräuter gesammelt haben ist mir wichtig, dass wir die noch einmal gut Durchwaschen. Zum Einen kann ich den Sand und den Dreck entfernen, der vielleicht noch irgendwo dran ist von Regenspritzern und ich kann auch nochmal überprüfen, ob ich die richtigen Kräuter erwischt habe.“
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Von den Brennnesseln löst Amelle die Samen ab und brät sie an. Als Topping für den Salat. Die Blätter kommen in den Mixer und werden zusammen mit Mango, einem Schuss Mohnöl, Ingwer und Orangensaft zu einem Smoothie gemixt.
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O-Ton: Amelle Siegmann, Kräuterpädagogin
„Alternativ könnte man jetzt auch hier den Giersch verwenden, den wir gerade gepflückt haben. Oder ein bisschen Zitronenmelisse könnten da mit rein.“
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Eine wahre Vitaminbombe. Für den Salat schneidet Amelle Giersch und Löwenzahn in mundgerechte Stücke und setzt mit dem Gundermann noch einen geschmacklichen Akzent.
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O-Ton: Amelle Siegmann, Kräuterpädagogin
„Hier nimmt man jetzt auch sehr wenig von. Gundermann hat sehr viele Ätherische Öle und ist sehr intensiv.“
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Die Basis ist ein herkömmlicher Salat, mit Tomaten und Mozzarella. Den peppt Amelle mit den Wildkräutern auf. Garniert wird abschließend noch mit ein paar essbaren Blüten und den angebratenen Brennnesselsamen.
Wer hätte gedacht, was aus Unkraut werden kann.
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O-Ton: Amelle Siegmann, isst täglich Wildkräuter
„Ich würde sagen, probiert es doch einfach mal aus und laßt euch überraschen über die Geschmäcker die da warten.“
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Und so wird aus einem vermeintlichen Haufen Unkraut, die Zutaten für eine gesunde und kostengünstige Ernährung.
Länge: 05:37