Das hier sind Sarah und Andreas Noll aus der Nähe von Kiel. Die beiden haben für uns einen Testeinkauf gemacht. Auf ihrer Einkaufsliste stehen fünf beliebte Markenprodukte und fünf Eigenmarken-Artikel. Während Andreas die Produkte im Supermarkt besorgt, schaut Sarah bei den Discountern. Erst zu Hause bekommen sie den Kassenzettel ausgehändigt. Und?
„Aldi 24,6 Euro“
„Rewe auch 24,6 Euro“
„Echt jetzt?“
„Ja.“
Identische Einkäufe bei vier Händlern, die nicht nur Konkurrenten sind, sondern von denen zwei als Discounter als verlässlich billig und zwei Supermärkte als eher teuer gelten. Was heißt das denn bitte jetzt für uns alle?
„Das heißt einfach in der Konsequenz, dass wir als Konsumenten zu viel gezahlt haben, weil Wettbewerb sorgt dafür, dass eben einer irgendwie einen Preis unterbietet. Und das wurde nicht getan. Und deshalb gehe ich davon aus, dass wir locker 10 Prozent zu viel gezahlt haben. Im deutschen Lebensmitteleinzelhandel gibt es keinen Preiswettbewerb. Das ist ein Fakt“, sagt Sven Reuter, Preis-Analyst und CEO des Preisvergleich-Portals Smhaggle.
Was ist da los hinter den Kulissen? Wie und warum kommt es massenhaft zu identischen Preisen? Eine Insiderin meldet sich bei uns, hat in verantwortlichen Positionen weit über zehn Jahre für zwei deutsche Lebensmittelhändler gearbeitet.
„Und dann ist es so, dass in der Regel den Preis einer der Marktführer macht im Lebensmittelbereich. Und das sind halt die beiden ganz großen Player Aldi und Lidl und alle anderen ziehen nach und ziehen in der Regel so schnell nach, dass eine Überwachung der Preise vor Ort in einer Filiale zum Beispiel überhaupt nicht zeitlich möglich wäre“, sagt sie.
Ihr Job war unter anderem, bei Preissenkungen der Konkurrenz sofort zu reagieren, um keine Kunden zu verlieren. Dafür habe sie private Kontakte und ihr privates Handy genutzt und sich die Preise schicken lassen. Das ist eindeutig verboten, denn so sind zwar einige Artikel tatsächlich radikal billig überall zu haben, aber es zerstört den Wettbewerb. Und dann wird die Insiderin noch deutlicher.
„Glauben Sie, dass Preise schon abgesprochen werden, bevor sie überhaupt am Regal erscheinen? Sprich gibt es so eine Art Ansage? Gibt es eine Einigung? Gibt es eine Absprache?“, fragt unser Reporter. Ihre Antwort: „Bin ich mir ganz sicher, dass es die gibt, zwischen den Handelsunternehmen“
Wir zeigen unsere Recherche dem Bundeskartellamt. Der Ernst der Situation sei der Behörde völlig bewusst.
„Was hier natürlich stattfindet, ist gegenseitiges Abgucken, Nachmachen, Preise Angleichen“, sagt Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts.
Das müsste das Bundeskartellamt gerichtsfest nachweisen. Dann könnte es Bußgelder verhängen, sogar in Millionenhöhe. Und was sagen die vier größten Lebensmittelhändler in Deutschland zu den Vorwürfen? Edeka schreibt uns: „Preisabsprachen finden nicht statt.“ Lidl möchte sich auf unsere Nachfrage zur Preisgestaltung nicht äußern. Aldi wolle Einkaufs und Verkaufspreise sowie Maßnahmen des Wettbewerbs nicht kommentieren. Und Rewe schreibt uns: „Die Verbraucher profitieren von intensivem Wettbewerb der großen Lebensmittelhändler und marktwirtschaftlicher Preisbildung.“ Wer also wirklich bei seinem Einkauf sparen will, muss entweder in den Prospekten oder per Apps vergleichen.
„Wenn man zweimal die Woche einkaufen geht, dann schaue ich eben am Anfang der Woche, weil ich weiß, was ich da bekomme. Und im Schnitt ist es eben leicht möglich, 2.000 Euro im Jahr zu sparen, wenn ich so vorgehe“, sagt Reuter.
Wer dann noch mit super Sonderangeboten von lange haltbaren Produkten regelmäßig die Vorratskammer füllt, der hat am Ende des Monats richtig gespart.