Weniger Stress bei gleicher Produktivität
Vier-Tage-Arbeitswoche - eine gute Idee?
Arbeitszeit reduzieren: ein Erfolgsmodell für alle?
Fünf Tage, jeweils acht Stunden - das ist die Standard-Arbeitswoche in Deutschland. Kommen Freizeit, Familie und Freunde da auf ihre Kosten? Finnlands neue junge Ministerpräsidentin ist da skeptisch - und deshalb offen für eine Vier-Tage-Woche. Und auch in anderen Ländern setzen Unternehmen bereits auf verkürzte Arbeitszeiten, auch hierzulande. Wir erklären, wie Mitarbeiter und Unternehmen davon profitieren könnten.
Vier-Tage-Woche auch in Deutschland erfolgreich
Gleit- und Teilzeit, Homeoffice, Sabbatical – immer mehr Unternehmen lösen sich von starren Arbeitszeitmodellen und setzen stattdessen auf Flexibilität. In Japan hat Microsoft mit dem Experiment einer Vier-Tage-Woche gezeigt, dass die klassische Arbeitswoche mit fünf Tagen und 40 Stunden nicht das Maß aller Dinge sein muss. Die Fondsgesellschaft „Perpetual Guardian“ aus Auckland in Neuseeland hat bereits 2018 einen Arbeitstag "eingespart". Und auch in Deutschland gibt es immer mehr Unternehmen, die ihren Mitarbeitern flexible Zeitmodelle anbieten. Das Startup Tandemploy in Berlin hat die Arbeitszeit schon seit Langem reduziert - Geschäftsführerin Anna Kaiser ist von dem Erfolgsmodell überzeugt. Und auch die Designagentur 'IXDS' testet bereits seit 2016 das verkürzte Arbeitszeitmodell.
Konkrete Erkenntnisse darüber, wie erfolgreich die unterschiedlichen Modelle sind, gibt es bislang zwar noch nicht, doch fest steht: Viele Arbeitnehmer wären offen dafür. Laut der Studie "Arbeitsmotivation 2019", die das Marktforschungsinstitut Toluna durchgeführt hat, würden 55 Prozent der Deutschen sogar finanzielle Einbußen hinnehmen, wenn sie nur vier Tage pro Woche arbeiten müssten.
Kürzere Arbeitszeiten bedeuten nicht weniger Produktivität
Viele Firmen fürchten jedoch, dass sie mit den verkürzten Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter ihre Ziele nicht erreichen. Doch Anwesenheit bedeutet nicht automatisch Produktivität - im Gegenteil. Viele Unternehmen mit verkürzten Arbeitszeiten bemerken, dass ihre Mitarbeiter an vier Wochentagen viel effizienter arbeiten als an fünf. „Das liegt meiner Meinung nach daran, dass man an den Arbeitstagen produktiver und konzentrierter ist und alles durchzieht.“, so Anna Kaiser, Geschäftsführerin von Tandemploy.
Die Ergebnisse verschiedener Studien bestätigen Anna Kaisers Aussagen. Demnach sind Büromitarbeiter während acht Stunden Arbeitszeit vielleicht körperlich anwesend, wirklich konzentriert arbeiten sie aber nur einen Bruchteil dieser Zeit. Der Rest geht für Unterbrechungen, E-Mails, Kaffeepausen und in die Länge gezogene Meetings drauf.
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Forscher sicher: Wer an starren Arbeitszeitmodellen festhält, bekommt Schwierigkeiten
Aber sollte das Modell jetzt flächendeckend ein Vorbild sein? Experten sehen das kritisch. Denn das Vier-Tage-Prinzip eignet sich nicht für jedes Unternehmen. „Das muss in die betrieblichen Belange hineinpassen und der Ablauf muss gewährleistet sein“, so Christoph Schröder vom Institut der deutschen Wirtschaft. Besonders gut funktioniere die Vier-Tage-Woche bei relativ kleinen Unternehmen.
Aber auch wenn die Vier Tage-Woche nicht für alle Betriebe geeignet ist - dass alle Unternehmen über die Umsetzung flexibler Arbeitszeitmodelle nachdenken müssen, sehen Forscher als unumgängliche Aufgabe für die Zukunft: „All jene, die sich damit schwer tun, werden über kurz über lang auf dem leergefegten Arbeitsmarkt Schwierigkeiten bekommen, entsprechendes Personal zu gewinnen“, so Arbeitsmarktforscher Prof. Werner Eichhorst.
Denn die Lebensmodelle in unserer Gesellschaft haben sich grundlegend verändert: viele Frauen sind erwerbstätig, Männer bleiben häufiger für Kinderbetreuungszeiten zu Hause, die Erwerbsphasen sind deutlich länger geworden und auch die Anforderungen ändern sich ständig, besonders in Zeiten der ständig zunehmenden Digitalisierung. Sie machen es nötig, Arbeitszeiten flexibler anzupassen und die Arbeit anders zu strukturieren. Eine Vier-Tage-Woche ist da nur eine Möglichkeit von vielen.