Verwirrung bei TikTok-Usern
Sind Sonnencremes gefährlich und lösen Hautkrebs aus? – Hautärztin klärt auf!

Sind Sonnencremes ungesund?
Auf der Social-Media-Plattform TikTok kursieren derzeit mehrere Videos darüber, dass Sonnencremes gesundheitsschädlich wären. Einige Creator behaupten sogar, sie würden das Hautkrebsrisiko steigern. Aber stimmt das auch? Wir haben bei der Hautärztin Dr. Yael Adler nachgefragt.
RTL.de: Gibt es Inhaltsstoffe in Sonnencremes, die gefährlich sind? Wenn ja, welche?
Dr. Yael Adler: Die in der EU-zugelassenen Inhaltsstoffe in Sonnencremes sind nicht gefährlich. Allerdings stehen einige in der Kritik, zum Beispiel das Octocrylen. Wenn das in einer Flasche Sonnencreme vergammelt zum Benzophenon. Dieser Filter ist schädlich und kann Allergien auslösen und hormonaktive Wirkungen im Körper entfalten. Er steht auch im Verdacht, Leberkrebs oder Lymphdrüsenkrebs auszulösen. Benzophenon ist allerdings seit wenigen Monaten verboten in der EU. Octocrylen gilt aber in der frischen Form nicht als gefährlich. Außerdem gibt es das Titandioxid. Das ist ein mineralischer Filter. Wenn der in Nanoform benutzt (also mit Nanopartikeln) und dann eingeatmet wird, dann könnte er in den Körper gelangen und dort ebenfalls krebserregend sein oder in der Darmflora Schäden auslösen. Auf der Haut aufgetragen gilt er eigentlich als sicher – auch in der Nanopartikelform. Und dann gibt es noch Filter, die nur in begrenzter Konzentration genutzt werden dürfen. Es gibt aber schlimmere Schadeinwirkungen und Toxine für den Körper, angefangen von Weichmachern über Schwermetalle, Pestizide, Mikroplastik.
Können Sonnencremes das Hautkrebsrisiko sogar erhöhen?
Ob Sonnencremes das Hautkrebsrisiko erhöhen, ist bisher nicht bekannt. Hier ist eindeutig eine Risikonutzenabwägung zugunsten der Sonnencreme zu treffen. Und wer halt ängstlich ist, nimmt einen mineralischen und nicht den chemischen Sonnenschutz. Dabei handelt es sich aber dann in der Regel um eine klebrig-pastöse Sonnencreme. Diese kann die Haut schwitzen lassen und das Risiko für eine Kosmetikakne steigt. Also es gibt überall Vor- und Nachteile.
Was passiert, wenn man sich dafür entscheidet, gar keine Sonnencreme mehr zu benutzen?
Der Nichtgebrauch einer Sonnencreme führt oft zu einem Sonnenbrand oder auch zu einer starken Bräunung. Wenn man keine Sonnencreme nutzt, dann hat man ein erhöhtes Risiko für Hautschäden. Die UV-Einstrahlung unterdrückt die körpereigene Tumorabwehr und die Hautreparatur. Das sieht man bei allen Sonnenterrassen - also auf der Glatze, an den Ohren, auf dem Gesicht, am Dekolleté und auf dem Handrücken. Dabei handelt es sich um braune Flecken, erweiterte Äderchen, Knitterfältchen, Rauigkeiten, die nicht mehr abheilen. Zudem ist auch das Hautkrebsrisiko erhöht in diesen Regionen.
Sonnencreme ist also doch wichtig.
Nach Auffassung von Dermatologen sollte keiner auf Sonnencreme verzichten. Es gibt für jede Hautproblematik und für jeden Hauttyp passende Produkte. Auch für die Menschen, die Sorge vor chemischen Filtern oder auch kleine Kinder haben, werden fündig. Bei letzteren ist natürlich auch die pralle Sonne nicht erwünscht, denn die Kinder haben noch einen schlechten Eigenschutz. Man kann dort aber natürlich mit mineralischem Sonnenschutz, wie Zinkoxid und Titandioxid arbeiten. Das muss auch nicht in Nanopartikelgröße sein. Dann sieht man zwar aus, wie ein Gespenst, also ein bisschen weiß aber dass ist den Kindern egal. Diese Sonnencremes sind aber oft sehr pastös, schwitzig und klebrig während die chemischen Filter in leichte Cremes, Gels und Fluids eingearbeitet sind und man die - je nach Hersteller - aber teilweise gar nicht mehr auf der Haut spürt.
Können Nahrungsergänzungsmittel, wie Astaxanthin, ebenfalls Sonnenbrand verhindern und die Hautalterung verlangsamen?
Diverse Pflanzenfarbstoffe lagern sich in der Haut ab und helfen, Schlangenschäden zu reparieren und auch vor zuviel Sonneneinstrahlung zu schützen. Astaxanthin ist einer davon, der flamingo- und lachsfarben färbt. Das gibt es ja als Nahrungsergänzungsmittel aus Algen zubereitet. Und auch Beta Carotin aus dem Möhrensaft beispielsweise gibt es auch natürlich als Kapsel für die Leute, die eine Möhrenallergie haben. Raucher sollten Beta Carotin übrigens nicht einnehmen, weil es das Lungenkrebsrisiko erhöhen könnte. Raucher dürfen Möhrensaft trinken, jeden Tag ein Glas mit einem Tröpfchen Öl und dadurch färbt sich die Haut leicht orange. Das verlängert den Eigenschutz um das Zwei- bis Dreifache. Es ersetzt eine Sonnencreme aber nicht! Wie relevant dieser Schutz ist, kann ich an einem Beispiel aus meiner Praxis erzählen. Ich hatte eine Patientin mit schwerer Sonnenunverträglichkeit. Im Rahmen von Neurodermitis gibt ja Neurodermitis-Patienten, bei denen die Hautprobleme in der Sonne besser werden. Sie klagte aber immer über Brennen und Schmerzen, wenn sie in der Sonne war. Seit sie Möhrensaft trinkt, sind diese Schmerzen komplett verschwunden und sie verträgt die Sonne.
Dann gibt es noch Chlorophyll. Das ist drin im grünen Blattgemüse, in Kräutern und auch im Matcha-Pulver-Tee. Auch die Anthocyane aus den blauen Bären lagern sich ab. Ein guter Pflanzenstoff ist auch das Betanin aus der Roten Beete. Die rote Farbe schützt also nicht nur die Pflanze, sondern auch die menschliche Haut. Dadurch hat man weniger Sonnenschäden und kann teilweise eine vorzeitige Hautalterung vermeiden und das Risiko für Hautkrebs reduzieren. Außerdem weiß man, dass Vitamin D, Omega-3-Fettsäuren und auch eine artenreiche Darmflora mit starken, gesundheitsförderlichen Darmbakterien auch das Hautkrebsrisiko mithelfen zu minimieren.
Wer kann und/oder sollte auf Sonnencremes verzichten und wer auf keinen Fall?
Es gibt die Regel: Meiden, Kleiden und Cremen. Auf jeden Fall sollte man die Mittagssonne meiden. Weiterhin ist es gut, Kleidung zu tragen, die dicht gewebt und durchaus locker ist, damit man keinen Hitzestau bekommt. Bei Sonnencremes kann man am besten mit dem UV Standard 801 arbeiten, gerade für Kinder ist das wichtig. Wenn man ins Wasser geht, ist UV-Schutz auch wichtig, damit es nicht durchscheinend wird, wenn man im Wasser ist, denn da ist ja auch noch ordentlich Strahlung. Mit einem sogenannten UV-Armband sieht man, wie massiv die UV-Strahlung ist und die prallt direkt auf die Haut. Man sollte die eigene Haut unterstützen, insbesondere dann, wenn man eben länger als der Eigenschutz draußen ist. Bei hellhäutigen Menschen liegt er bei 10 Minuten, bei etwas Dunkelhäutigeren um die 20 Minuten. Das kann auch mal bis zu 30 Minuten gehen. Je dunkler die Haut ist, desto mehr Eigenschutz hat sie. Aber auch dunkelhäutige Menschen nutzen Sonnencreme, wenn sie Anti Aging betreiben und ihr Hautkrebsrisiko minimieren wollen. Denn das Melanin in der Haut ist nur ein Teilschutz. Die Hautverdickung in der Sonne braucht erst einmal drei Wochen, bis sie einen weiteren Schutz darstellen kann. Natürlich gibt es noch genetische Faktoren, die darüber bestimmen, wie sonnenempfindlich jemand ist.
Welche Sonnencremes sind für Menschen mit Hautproblemen, wie Akne oder Rosazea, empfehlenswert?
Für trockene Haut nutzt man eher cremige Grundlagen, für fette Haut eher Fluide oder Gele. Für Leute mit Sonnenallergie gibt es auch fettfreie Zubereitungen, denn die Fette können in der Sonne zersetzt werden. Auf jeden Fall sollte die Sonnencreme immer ohne Duftstoffe auskommen. Es gibt auch Produkte für Rosazea und Akne. Da nimmt man welche, die die Poren nicht verstopfen.
Sollte man lieber zu Apothekenprodukten greifen?
Die Apothekenprodukte sind sehr gut, gerade für Problemhaut, aber man findet auch in der Drogerie und im Supermarkt gute Produkte. Man könnte zum Beispiel fürs Gesicht eine etwas teurere Sonnencreme nehmen und wenn man an anderen Stellen wie Arme, Beine oder Rücken robuster ist, dann eben auch durchaus die günstigeren. Die sind nicht unbedingt schlechter.
Was ist beim Auftragen von Sonnencreme generell zu beachten und welcher LSF sollte mindestens verwendet werden?
Da wir als Hautärzte so viel Hautkrebs sehen und den ganzen Tag damit beschäftigt sind, diese Schäden zu beseitigen, empfehlen wir den maximalen Sonnenschutz von 50+. Das bedeutet, dass der Eigenschutz, den man als Hellhäutiger hat – beispielsweise von zehn Minuten um das 50-fache verlängert wird. Das wären dann 8,3 Stunden. Das zeigt, dass man einfach besser und länger geschützt ist, insbesondere länger als der Eigenschutz.
Aber verhindert das Eincremen mit Sonnencremes dann nicht die Vitamin-D-Bildung, die auch wichtig ist?
Die Vitamin-D-Bildung ist nur bedingt eingeschränkt, wenn man das unbedingt selber machen will, dann halt Bauch oder Po 10 oder 20 Minuten lang in die Sonne halten und danach bedecken. Dann ist der Eigenschutz abgelaufen und man hat sich eine gute Dosis eingefangen. Wer auf Nummer sicher gehen will, nimmt eine standardisierte Dosis Vitamin D als Nahrungsergänzungsmittel ein. Allerdings sollte dann regelmäßig auch der Vitamin-D-Wert mittels Blutabnahme kontrolliert werden.
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